Kapitel 10

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Éowynhatte Recht behalten. Nach dem Bad ging es Háwena tatsächlichbesser. Trotzdem hatte es sie sehr angestrengt und sobald Éowyn ihreWunden versorgt hatte, war die Schildmaid auch schon wiedereingeschlafen.

Da siebis zum späten Nachmittag geschlafen hatte, hatte sie auch nichtmitbekommen, wie Alred kurz nach dem Mittag leise das Gemach betratum Éowyn mitzuteilen, dass ein Bote eingetroffen sei.


KönigThéoden hatte einen Reiter vorausgeschickt, welcher ihn für dennächsten Tag ankündigte. Somit gab die Nichte des Königs einigeAnweisungen, damit alles bereit war, wenn der König in Edoraseintraf. Sie selbst hatte nicht viel zu tun, weswegen sie wieder beiHáwena war, bevor diese wieder erwachte.

Zuihrem Leidwesen musste sie feststellen, dass sich wieder vermehrtKrieger in dem Flur zu ihrem Gemach aufhielten. Auch in der Halleselbst waren viele Krieger anwesend.

DenKorb, den sie erneut mit Lebensmitteln gefüllte hatte, stellte siezunächst auf den kleinen Tisch, neben ihrer Seite des Bettes und lasin einem Buch, während sie darauf wartete, dass Háwena wiedererwachte.


AlsHáwena die Augen aufschlug fühlte sie sich viel besser, als vor demBad. Éowyn hatte Recht behalten und Háwena nahm sich vor derenUrteil mehr Vertrauen zu Schenken.

Éowyndagegen bemerkte mit Freude, dass ihre neue Freundin, denn als soeine sah sie Háwena mittlerweile an, mit mehr Appetit aß. Doch sahsie noch immer blass und kränklich aus, was nicht verwunderlich war.

DieSchildmaid hatte sich gerade mit einem leisen Stöhnen zurück in dieKissen gelehnt, als Éowyn erneut das Wort ergriff.

„HeuteMittag, als ihr geschlafen habt, ist ein Bote eingetroffen. Erberichtete, dass König Théoden und alle die mit ihm nach Isengardritten im laufe des morgigen Tages in Edoras eintreffen werden.

Erschrockensah Háwena zu ihrer Herrin. In ihren Augen war Unsicherheit undAngst zu erkennen. „Fürchtet Euch nicht Háwena. Denn Ihr habtnichts zu befürchten."

Háwenawollte Éowyn so sehr glauben. Doch überwog die Angst in ihremInneren. Sie wusste, dass es irgendwann soweit war. Wusste, dass siesich dem stellen müsste. Doch nun, wo es schon bald soweit war, warsie voller Angst und Furcht.

Gedankenverlorensah sie auf ihre Hände, welche sie unruhig knetete.


Denganzen restlichen Tag war Háwena sehr schweigsam und redete nur dasnötigste. Auch zum essen konnte man sie nicht bewegen. Éowyn sorgtesich sehr um ihre Freundin. Sie hatte Sorge, dass sich ihr Zustandwieder verschlechtern könnte. Doch wusste sie auch, dass sie jetztnichts tun konnte, als für die junge Frau da zu sein.

Wenigstenskonnte sie die Schildmaid noch dazu bringen einen Becher von demKräutersud zu sich zu nehmen, worauf sie nach kurzer Zeit in einenunruhigen Schlaf fiel. Nur dem Kräutersud war es zu verdanken, dasssie die ganze Nacht über schlief.


Es warbereits spät am Vormittag, als Háwena von Éowyn geweckt wurde.Verschlafen und etwas verwirrt sah sie ihrer Herrin ins fröhlichdreinblickende Gesicht, sie strahlte regelrecht.

„Háwena,wacht auf. Sie sind da. Sie sind gerade angekommen." freute sichÉowyn und wirkte jünger, als sie eigentlich war. Zaghaft erwiderteHáwena das lächeln, auch wenn ihr ganz und gar nicht wohl bei derNachricht war. „Ich werde sogleich hinaus gehen, um die Männer zubegrüßen. Keine Sorge, ich bleibe nicht allzu lange fort."lächelte Éowyn noch immer und drückte der jungen Frau noch einmalkurz die Hand.

Miteinem leisen stöhnen setzte sich die verletzte Frau auf. Teils vorAufregung, teils vor Angst begann sie leicht zu zittern. Würde jetztgleich über sie geurteilt werden? Würden sie hier her kommen oderwürden sie sie holen lassen? Doch gleich wofür sie sich entscheidenwürden, Háwena würde dem ganzen mit Stolz und Aufrecht entgegentreten.

NeuenMut fassend, setzte sie sich noch etwas weiter auf und zog vorSchmerz zischend die Luft ein. Doch würde sie jetzt nicht aufgeben.Nein, sie würden sie nicht aus dem Krankenlager zerren. Erneutstöhnend und mit zusammengebissenen Zähnen drehte sie ihren Körper,sodass ihre Füße nun den Boden berührten. Das Ganze hatte sieschon jetzt so viel Kraft gekostet, dass sie einige Minutendurchatmen musste, um sich zu sammeln.

Aufder Suche nach einer Stütze sah sie ihr Schwert, welches in seinerScheide an der Wand neben dem Bett lehnte. Entschlossen griff Háwenadanach und fühlte sich sogleich etwas besser. Das Schwert gab ihrKraft und Sicherheit.

Keuchend,sich auf ihr Schwert stützend, richtete sich die Schildmaid mühsamauf und schaffte es tatsächlich aufzustehen.

Vorihren Augen tanzten schwarze Punkte und sie schwankte bedrohlich.Doch sie riss sich zusammen und wollte gerade den ersten Schrittgehen, als sich plötzlich die Tür öffnete.

Dortstand er auf einmal vor ihr. Éomer. Dritter Marschall der Riddermarkund ihr Heerführer.

DaHáwena spürte, wie ihre Kräfte sie langsam verließen, ließ sichsich langsam auf ein Knie sinken und senkte ihren Kopf.

„MeinHerr Éomer." Begann sie leise zu sprechen. Als sie fortfuhr hobsie langsam ihren Kopf und sah ihm direkt in die Augen. „Fürwahr,meine Taten und mein Verhalten sind nicht zu entschuldigen.Widerrechtlich habe ich in Eurem Heer gedient, außerdem Euch und alljene die Euch dienen belogen. Daher ist mir jede Strafe recht. Ob esnun die Verbannung, Peitschenhiebe oder gar der Tod ist. Ich werdemeiner Strafe mit hoch erhobenem Haupt entgegentreten." Nunrichtete sie ihren Blick wieder zu Boden. Ihre Kraft waraufgebraucht.


Éomerwar sichtlich überrascht von ihrem Verhalten und für einen Momentsprachlos. Er sah ihr an, dass sie die gesprochenen Worte nicht nurso daher gesagt, sondern ehrlich gemeint hatte. Doch würde sie keineStrafe erwarten.

„ErhebtEuch, Háwena. Schildmaid Rohans." sprach er ruhig, ohne den Blickvon ihr zu nehmen. Er sah, wie sie die Zähne zusammen biss und sichabmühte wieder auf die Beine zu kommen. Leiht schwankend stütztesie sich auf ihr Schwert. Wartete auf sein Urteil.

„Ichhabt stets gekämpft. Nicht nur für jene die ihr liebtet, sondernfür das Volke Rohans. Ihr habt in in vielen Schlachten gekämpft undmanches Leben eurer Kameraden gerettet, sowie auch das Meine. SorgtEuch nicht weiter, Ihr habt keine Strafe zu erwarten."

Nunrichtete sich ihr Blick erneut auf ihn. Die Verwirrung stand ihrregelrecht ins Gesicht geschrieben, so hatte sie doch fest mit einerStrafe gerechnet. Schließlich antwortete sie stotternd: „I-ichd-danke Euch, m-mein Herr." Dann wich das letzte bisschen Farbe aufihrem Gesicht und ihre Beine gaben unter ihr nach. Mit einem Satz warÉomer auch schon bei ihr und schaffte es gerade noch die Schildmaidaufzufangen. Behutsam hob er sie auf seine Arme, legte sie in dasgroße Bett und deckte sie zu. Als er sich umwandte erblickte er alserstes Alred und schickte diesen los, um einen Heiler zu holen. Erhoffte, dass sie sich jetzt nicht überanstrengt hatte. So wusste erdoch von seiner Schwester, dass sie bisher noch nicht aufgestandenwar.

Trotzder Schmerzen und der Angst, die sie hatte, war sie ihmentgegengetreten. Er konnte nicht anders, als sie für ihren Mut undihren starken Willen zu bewundern. Es gab so einige Männer, die sichan ihr ein Beispiel nehmen sollten.

Vorsichtigstrich er ihr eine verirrte Strähne blonden Haares aus dem Gesichtund wandte sich dann zum gehen.

Wie das Leben so spielt - Herr der Ringe - Éomer ffWhere stories live. Discover now