Kapitel 9

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Háwenahatte den restlichen Tag und die ganze Nacht geschlafen, ohne einmalzu erwachen. Erst am Vormittag des nächsten Tages öffnete sielangsam ihre Augen. Vorsichtig bewegte sie sich, doch noch immerhatte sie zu große Schmerzen um sich ohne Hilfe aufrichten zukönnen. Noch immer fühlte sie sich schwach.

Esdauerte nicht lange, da betrat Éowyn den Raum.

„GutenMorgen. Wie geht es Euch heute? Ich habe Frühstück mitgebracht."

Wie amvorherigen Tag stellte sie den Korb, in welchem sich Früchte, Brot,Käse und sogar Wein befanden, zwischen ihnen auf dem Bett ab.

„Ihrwerdet jetzt erst einmal essen und dann sehen wir mal, ob ihr nichtvielleicht ein Bad nehmen wollt, ehe ich Eure Wunden versorge. Ihrwerdet sehen, ein schönes heißes Bad kann manchmal wundervollbringen."

Damitreichte ihr Éowyn zunächst etwas Brot, welches Háwena langsam aß.Nach nur wenigen bissen war diese zwar schon satt, doch nötigteÉowyn sie dazu auch noch etwas Käse und auch einige Früchte zuessen. Erst als sie auch einen Becher des Weines geleert hatte, warÉowyn zufrieden. Schnell packte sie den Rest wieder ein undverschwand mit den Worten: „Ich bin gleich wieder da.", dasZimmer.

KurzeZeit später betrat sie in der Begleitung von Alred, welcher siefreundlich begrüßte, den Raum.

„Alredwar so freundlich uns seine Hilfe anzubieten, die Ihr unmöglichausschlagen könnt. Lasst es einfach geschehen. Ihr werdet sehen,nach dem Bad werdet ihr Euch besser fühlen."

Háwenasah ein, dass es zwecklos war ihrer Herrin zu widersprechen. Daherseufze sie nur leise und gab mit einem Kopfnicken zu verstehen, dasssie sich fügen würde.

Sotrat Alred langsam an das große Bett, nachdem Éowyn die Deckenzurückgeschlagen hatte, und hob die Schildmaid so vorsichtig wie esihm möglich war, auf seine Arme.

Trotzaller Vorsicht, schossen der Schildmaid Schmerzen durch den ganzenKörper, doch versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen. Dochkonnte sie nicht verhindern, dass ihr Körper leicht zu zitternbegann. Ohne die vielen Decken und Felle, unter denen sie eben nochgelegen hatte, war ihr nun schnell kalt geworden. Somit lehnte siesich noch etwas dichter an Alred, der nun ihre einzige Wärmequellewar.

„KeineSorge, gleich wird Euch wieder warm werden." sprach der Krieger mitrauer Stimme, welcher ihre Reaktion gleich richtig gedeutet hatte.

Sogleichsetzte Éowyn sich in Bewegung und Alred folgte ihr.

AmEnde des Flures öffnete Éowyn eine Tür und betrat einen kleinenRaum, in welchem sich ein großer Badezuber befand, welcher zudampfen schien. In dem Raum befanden sich auch einige Regale, indenen sich Tücher, Seifen und Öle befanden.

Einangenehmer Duft hatte sich in dem Raum ausgebreitet. Ohne zu zögerntrat Alred an den Badezuber und legte Háwena, welche noch immer ineinem leichten weißen Gewand gekleidet war, hinein.

DasWasser war zwar nicht heiß, sondern angenehm warm, doch brannte esin ihren Wunden, weswegen Háwena leise keuchte. Nur langsam ebbteder leichte Schmerz wieder ab.

„Ruftnach mir, wenn Ihr mich braucht. Ich werde vor der Tür warten."verabschiedete sich Alred und war verschwunden, ehe eine von ihnennoch etwas sagen konnte.

„Lasstmich Euch helfen Euch zu entkleiden." sprach Éowyn auch schon kurzdarauf und trat an den Badezuber. Es war Háwena sehr unangenehm,doch wusste sie auch, dass sie sogar dafür noch zu schwach war.Alleine der Weg in das Bad war für sie ermüdend, obwohl siegetragen wurde. So ließ sie es geschehen, dass Éowyn ihr das dünneGewand über den Kopf zog. Unter Schmerzen zog sie die Knie an undversteckte ihre Blöße mit den Armen. Háwena wusste, dass auch dieHeiler in Helms Klamm sie entblößt hatten. Doch war es hier undjetzt im wachen Zustand doch etwas anderes. Sofort färbten sich ihreWangen rot, vor Scham.

Éowyn,die dies natürlich bemerkte, lächelte sie verstehend an. „Ihrbraucht Euch wirklich nicht zu schämen. Wir sind hier unter uns undAlred wird verhindern, dass uns jemand stört. Wenn es Euch damitbesser geht, kann ich auch mit Euch gemeinsam baden."

Daraufverfärbten sich Háwenas Wangen noch etwas mehr. Sie wusste, dassihr Verhalten kindisch war. Schließlich waren die Frauen unter sich.Auch wusste sie, dass es nicht unüblich war, dass Frauen gemeinsamein Bad nahmen. Doch Háwena war so etwas einfach nicht gewohnt,hatte sie doch jahrelang unter Männern gelebt.

„Dasist nicht nötig Herrin. Bitte verzeiht mir mein Verhalten. Doch binich so etwas einfach nicht gewohnt." sprach die Schildmaid leiseund senkte beschämend ihren Blick nach unten. Sie konnte nichtverstehen, warum die Herrin sich so um sie kümmerte und abmühte.Ebenso hätte sie eine Dienerin beauftragen können.

Éowyntrat an eines der Regale und nahm sich ein Fläschchen mit einem Ölund trat dann zu Háwena an den Badezuber. Sie verteilte etwas vondem Öl auf ihre Handflächen und begann dann damit HáwenasSchultern, Arme und Rücken zu massieren. Waren ihr die Berührungenerst etwas Unangenehm, so entspannte sie sich mit der Zeit doch immermehr, bis sie es schließlich genoss. Leise seufzend schloss dieSchildmaid die Augen und wäre beinahe eingeschlafen, hätte Éowynsie nicht in diesem Moment angesprochen. „Mögt Ihr mir erzählenwie es ist? Also, wie es ist nur unter Männern zu leben und mitihnen in die Schlacht zu ziehen?"

Verwundertüber diese Frage, zögerte Háwena einen Moment und überlegte, wassie erzählen sollte. Doch schließlich begann sie doch zu sprechen.

Sieerzählte ihr, wie sie nach dem Tod ihrer Eltern alleine war undihren Bruder bat bei ihm zu bleiben. Es hatte etwas gedauert, bisdieser zugestimmt hatte und so hatte Háwena ihm unter dem NamenHáwine zunächst als Knappe gedient, bis sie sich schließlich imKampf bewährt hatte und selbst zum Krieger wurde. Háwena erzähltevon den langen, anstrengenden ritten durch die Riddermark. Von denkalten, manchmal sehr kurzen Nächten und von den Schlachten die siegeschlagen hatte. Lachend erzählte sie Éowyn auch von dem Spott deranderen Männer, die sich doch des öfteren über ihre mangelndeGröße und über ihre zierliche Gestalt lustig machten. Beide Frauenwunderte es, dass sie nicht eher dahinter gekommen waren, dass derjunge Krieger Háwine in Wahrheit die junge Frau Háwena war.

„Esist ein hartes Leben." sprach die Schildmaid schließlich. „Dochist es auch ein gutes Leben und ich habe nicht einen Moment bereutdiesen Weg eingeschlagen zu haben." endete sie schließlich ihreErzählungen.

Éowynbeneidete die junge Frau vor sich. Hat sie doch das Leben lebenkönnen, welches sie sich schon immer erträumt hatte. Auch wenn esnur für eine Weile war.

NachdemÉowyn auch noch die Haare ihres Schützlings gewaschen hatte, nahmsie eines der Tücher und wickelte Háwena, die noch immer im Zubersaß, darin ein und rief schließlich nach Alred.

Dieserbetrat beinahe schüchtern das Zimmer, wollte er doch nichts sehen,was nicht für seine Augen bestimmt war. Er wirkte beinaheerleichtert, als er sah, dass Háwena in ein Tuch gewickelt in demZuber saß.

Vorsichtigfasste er sie unter den Armen, hob sie so aus dem Zuber und stelltesie auf die Füße, damit Éowyn das nun nasse Tuch gegen eintrockenes tauschen konnte.

Diesekonnte sich ein schmunzeln nicht verkneifen, als sie sah, dass Alredangestrengt an die Decke blickte.

AlsHáwena dann in ein trockenes Tuch gewickelt war, hob Alred sieerneut auf seine starken Arme und trug sie zurück in das Gemachseiner Herrin.

Wie das Leben so spielt - Herr der Ringe - Éomer ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt