Esdauerte tatsächlich nicht lange, da betrat Éowyn wieder das Gemach.In der einen Hand einen Becher, in der anderen einen Korb. Dochkonnte sie nicht erkennen was sich darin befand.

„Ichhabe uns noch etwas zu Essen mitgebracht. Außerdem wollte ich nocheinmal nach Euren Wunden sehen, bevor ihr wieder einschlaft." Jetzterkannte Háwena, dass ihre Herrin nicht alleine war. Alred betrathinter Éowyn den Raum und schloss die Tür sogleich. Er war, soweitHáwena wusste, auch die letzten Tage stets an ihrer Seite gewesenund hatte Éowyn geholfen, sie zu versorgen.

Siekannte den Krieger gut, hatte sie doch lange Zeit Seite an Seite mitihm gekämpft. Auch er war Éomer treu ergeben und ein guter Kämpfer,der schon viele Schlachten geschlagen hatte. Außerdem war er einguter Freund ihres Bruders gewesen. Trauer erfasste sie, als sie anHoldwine dachte und Tränen stiegen ihr in die Augen. Mit aller Machthielt sie die Tränen zurück.

Erhatte bisher nicht viele Worte an Háwena gerichtet, doch war seinBlick stets freundlich und wohlwollend gewesen.

Vorsichtigergriff er Háwenas Schultern und richtete sie behutsam auf. IhrKörper krampfe sich einen Moment schmerzhaft zusammen und siekeuchte leise auf. Es würde wohl noch lange dauern, ehe sie wiederalleine zurecht kam. Es war ihr sehr unangenehm von anderen Abhängigzu sein.

Zischendsog sie die Luft ein, als Éowyn die Wunden säuberte, doch sagte siekein Wort.

Schnellwaren die Wunden versorgt und auch der neue Verband war schnellangelegt. Alred zog Háwena etwas näher an das Kopfende, währendÉowyn ihr ein paar Kissen hinter den Rücken steckte, damit diesealleine sitzen konnte. Mit wenigen Worten verabschiedete sich Alreddaraufhin und ließ die beiden Frauen alleine.

„DieWunden sehen gut aus. Es hat sich nichts entzündet." sagte Éowynzufrieden und setzte sich neben Háwena ins Bett. Den Korb mit denSpeisen stellte sie ebenfalls auf das Bett. „Nun esst. Ihr müssthungrig sein." fügte sie noch hinzu. Háwena hatte gelernt, dassWiderstand zwecklos war und nahm sich einen Apfel aus dem Korb.Nachdenklich betrachtete sie ihn eine Weile und hing ihren Gedankennach.

„Sagtmir was Euch bedrückt." sprach Éowyn, nachdem diese Háwena eineweile beobachtet hatte. Háwena war sich nicht sicher, ob sie Éowynihre Sorgen anvertrauen sollte, entschied sich dann aber doch dafür.Immerhin war die Nichte des Königs die Einzige, mit der sie sprechenkonnte. Denn einmal mehr wurde Háwena bewusst, dass sie nun alleinewar. Sie hatte niemanden mehr. Wieder stiegen der jungen Frau Tränenin die Augen.

„Ichhabe Angst, Frau Éowyn. Als Frau stand es mir nicht zu mit denMännern zu kämpfen. Und doch half mir mein Bruder eben dies zu tun.Nach dem Tod unserer Eltern wäre ich allein gewesen. Es gab keineanderen Verwandten, bei denen ich hätte bleiben können. Und so gabmein Bruder meinen Bitten nach. Alle Krieger mit denen ich kämpfe,unter denen ich lebte, habe ich belogen. Auch Éomer habe ichbelogen. Alle habe ich verraten. Was wird nun mit mir geschehen? Ichhabe Angst, welche Zukunft mich nun erwartet." sprach sie mitgebrochener Stimme. Ihr wurde erst klar, dass sie weinte, als Éowynsanft die Tränen von ihren Wangen tupfte. Doch brachte dies nichtviel, denn es kamen immer neue nach. Jetzt gab es für Háwena keinhalten mehr. In diesem Moment brach der ganz Schmerz aus ihr heraus.Zuerst der Verlust der Eltern, der kürzliche Verlust ihres großenBruders, der Verlust ihres treuen Pferdes und der körperlicheSchmerz ihrer Verletzungen. Dazu noch die Angst vor einer UngewissenZukunft, die da nun vor ihr lag, war einfach zu viel für dieKriegerin. Die Tränen rannen Sturzbächen gleich aus ihren Augen undihr Körper wurde von leisen Schluchzern geschüttelt. Sofort nahmÉowyn sie, darauf bedacht ihr nicht wehzutun, fest in die Arme.Sanft streichelte sie ihr über den Rücken und flüsterte ihrberuhigende Worte ins Ohr.

Esdauerte lange, ehe Háwena sich beruhigte und schließlich vorErschöpfung in Éowyns Armen einschlief.

Vorsichtigbettete sie die erschöpfte Frau in die weichen Kissen und deckte siezu.

Nocheine Weile beobachtete Éowyn ihren Schützling, welcher blass undhilflos in ihrem großen Bett lag. Doch schließlich, als sie sichsicher war, dass Háwena erst einmal schlafen würde, stand sie aufund verließ ihr Gemach.


AlsÉowyn ihr Gemach verließ wäre sie beinahe in Alred hineingelaufen, welcher mit dem Rücken zur Tür stand. Schnell trat dieserzur Seite, um sie passieren zu lassen. Verwundert ging sie an ihmvorbei, nur um danach noch verwirrter drein zu blicken. Im Flur zuihrem Gemach hatten sich einige Krieger versammelt, die eindurchkommen beinahe Unmöglich machten.

Alssie sich wieder zu Alred sah, sprach dieser mit einem grimmigenschmunzeln: „Die Krieger wollen wissen, wie es um Háwena steht,Herrin. Leider war es mir nicht möglich sie von hier zu vertreiben,weswegen ich mich dazu entschied hier wache zu halten, damit ihrnicht gestört werdet."

Auchwenn Éowyn bisher nicht ein böses Wort gegen Háwena vernommen undsogar die Sorge der Männer erkennen konnte, so wunderte sie diesesVerhalten von den Kriegern doch sehr.

„Ichdanke dir dafür Alred." wandte sie sich mit einem ehrlichenlächeln, an den älteren Krieger. „Würde es dir etwas ausmachenweiterhin über sie zu wachen?" Nun war es Alred, welcher ihr einsanftes lächeln schenkte, ehe er antwortete: „Es wäre mir eineEhre."

Zufriedennickte sie und wandte sich nun an die übrigen Krieger.

„DieSchildmaid Háwena befindet sich auf dem Weg der Besserung. Dafürbenötigt sie aber viel Ruhe und Schlaf. Auch ihr solltet nun ruhen.Sollte sich an ihrem Zustand etwas ändern, so wertet ihr es schonerfahren. Und nun hinfort mit euch, ihr tapferen Krieger Rohans."

Nochkurz zögerten die Krieger, doch dann wandten sich tatsächlich allezum gehen und die Flure waren wieder frei.

Wie das Leben so spielt - Herr der Ringe - Éomer ffWhere stories live. Discover now