Kapitel 1

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Niemals hätte Éomer gedacht, dass es einmal soweit kommen könnte. Doch nunist es geschehen. Er und seine Rohirrim wurden verbannt. Hätte erdoch nur viel früher mit seinem Onkel, dem König gesprochen. Doch weder er noch sein Vetter Théodred hatten die Wandlung des Königsfrühzeitig bemerkt. Zu oft waren sie in der Riddermark unterwegs gewesen um die einfallenden Orks und Uruk-hai zu bekämpfen. Nun war es zu spät. Sein Vetter war tot und er mit seinen Kriegern war verbannt. Sie würden sich Edoras nicht mehr nähern können. Und so ließen sie die Stadt und ihren König hinter sich, um Rohan dennoch weiterhin zu schützen. Doch leider musste er nun auch seine Schwester Éowyn zurücklassen. Éowyn. Er sorgte sich mehr denn je um seine kleine Schwester, wusste er doch, dass Gríma Schlangenzungesie schon lange belauerte, sie begehrte. Nun würde er sie nicht mehr schützen können.

Mit diesen düsteren Gedanken und ernster Mine führte er seine Krieger durch die Lande Rohans.

Langsam, aber stetig brach der Abend an und so beschloss Éomer ein Lageraufzuschlagen. „Holdwine!" rief er einen seiner Krieger zu sich, welcher nur wenige Augenblicke später an seiner rechten Seite war. „Wir schlagen hier unser Lager auf. Sichere mit deinem Bruder die Umgebung." Holdwine neigte nur schnell sein Haupt und rief seinen jüngeren Bruder Háwine zu sich.

Während seine übrigen Rohirrim bereits dabei waren das Lager aufzuschlagen und die Pferde zu versorgen, sah Éomer noch den beiden ungleichen Brüdern hinterher. Trotz der düsteren Zeiten und seinen trüben Gedanken konnte er es nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stahl.

Wenn er es nicht wüssten, würde er niemals vermuten, dass diese beiden wirklich Brüder waren. Holdwine war schon viele Jahre an Éomers Seite und zu seiner rechten Hand geworden, sein bester Freund. Holdwine war, wie die meisten seiner Krieger, groß und breitschultrig. Er hatte mittellanges, blondes Haar, einen struppigenBart und braune Augen. Er wirkte meist ernst, geradezu grimmig. Doch hatte er auch Humor und man sah oft den Schalk in seinen Augen blitzen. Er hatte ihn nie wie den Neffen des Königs behandelt. Ja, Holdwine respektierte ihn, doch behandelte er ihn auch wie einen ganz normalen Krieger. Wie einen Freund.

Háwine dagegen war für einen Krieger recht klein und zierlich. Man würde nie vermuten, dass er wirklich ein Krieger war und wurde somit immer unterschätzt. Doch diesen Fehler konnte kein Feind ein weiteres Mal begehen. Denn was Háwine vielleicht an Kraft fehlte, glich dieser mit einer Schnelligkeit und Präzision aus, die schon fast einem Elben gleich kam. Háwine hatte wie sein Bruder blondes, jedoch längeres Haar und grün-graue Augen. Gerne würde Éomer auch Háwine einen höheren Rang zukommen lassen. Doch Háwine war Stumm. Noch nie hatten er oder einer seiner Krieger ein Wort von ihm vernommen. Háwine war zugegen, als beider Brüder Eltern starben. Laut Holdwine wurde auch sein jüngerer Bruder verwundet, verbarg seither sein Gesicht und hatte kein Wort mehr gesprochen. Seit jener Zeit war Háwine stets an Holdwines Seite und bewies sich schnell als guter Krieger. Er war mutig, selbstlos und einige verdanktem seinem, oftmals waghalsigem, Handeln sein Leben.

Noch immer mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen, machte sich nun auch Éomer daran seinen Schlafplatz herzurichten.

Während die übrigen Krieger also ihr Lager aufschlugen und das Essen vorbereiteten, entfernten sich Holdwine und Háwine von der Gruppe, um die Umgebung zu sichern. Holdwine gab seinem weißen Hengst die Sporen und Háwine folgte auf seiner schwarzen Stute. Sie zogen einen weiten Kreis um das Lager und hielten schließlich auf einem Hügel, um die Landschaft zu betrachten und um eventuelle Feinde auszumachen. „Kannst du etwas sehen Háwine?" wollte der ältere Bruderwissen. Denn Háwine hatte von den beiden die besseren Augen und eine sehr gute Beobachtungsgabe. Nach einigen Momenten schüttelte dieser jedoch nur den Kopf und so ritten sie weiter und kehrten nach einer Weile zum Lager zurück.

„Mein Herr Éomer, wir konnten keinen Feind in der näheren Umgebung ausmachen." berichtete Holdwine, während Háwine sich um die Pferde kümmerte. „Das ist gut. Ich danke dir mein Freund. Ich nehme an, dass Háwine die erste Wache übernehmen wird?" wollte Éomer sogleich wissen. Holdwine lächelte schief und bestätigte dies sogleich. „Natürlich tut er dies. So wie er es immer tut. Ich hole noch etwas zu Essen und werde ihm dann Gesellschaft leisten."Erwiderte Holdwine und wandte sich zum gehen, wurde aber von Éomer zurückgehalten. „Nein, nicht heute Abend. Ich werde deinem Bruder Gesellschaft leisten. Mir geht so viel im Kopf herum, da werde ich so schnell nicht in den Schlaf finden können. Vielleicht vermag dein Bruder meine Gedanken etwas zu ordnen." Mit diesen Worten machte Éomer kehrt um zwei Decken und zwei Schüsseln mit Eintopf zu holen und machte sich dann auf die Suche nach Háwine.

Auch wenn Háwine niemals ein Wort sprach, so schaffte er es dennoch, dass man sich nach einem Gespräch mit ihm besser fühlte. So einige Krieger gingen mit ihren Sorgen zu ihm und es bedurfte nur einige Blicke oder Gesten von Seiten Háwines um eben jene Krieger zutrösten.

Es dauerte eine Weile, bis Éomer den jungen Krieger entdeckte. Er saß, gut getarnt, im hohen Gras und hatte seine Augen wachsam auf die Umgebung gerichtet.

Wortlos setzte Éomer sich neben den jungen Krieger und reichte ihm erst eine der Schüsseln und die zweite Decke. Dankbar nickte Háwine und wärmte seine kalten Hände an der warmen Schüssel. Schließlich wandte er sich etwas von Éomer ab, zog das Tuch, welches er stets über Mund und Nase trug, von seinem Gesicht und begann zu essen.

Wieder einmal fragte sich Éomer was er unter dem Tuch verbarg. Nicht wenige Krieger trugen Narben auf dem Körper oder gar auf dem Gesicht. Doch trugen die Krieger diese mit Stolz. Schließlich zeugten sie von schweren Schlachten oder Gefechten, welche sie überlebten. Es war allen ein Rätsel und der ein oder andere machte sich auch mal darüber lustig. In der Regel war dies zwar nur scherzhaft gemeint und Háwine nahm es keinem übel, doch gab es auch einen, der Háwine nicht wohl gesinnt war.

Dieser war Gamdor. Gamdor war einer der wenigen Rohirrim mit schwarzem Haar und fast ebenso schwarzen Augen. Er war ein guter Krieger, zeigte nie Angst und kämpfte stets an vorderster Front. Er hatte den Respekt seiner Männer, doch war ihm Háwine schon immer ein Dorn im Auge. Doch so oft Gamdor auch versuchte Háwine zu provozieren, blieb dieser stets ruhig und gelassen.

Der junge Krieger neben ihm war bereits mit dem essen fertig, hatte sein Gesicht bedeckt und wandte sich wieder Éomer zu. Dieser war so in seinen Gedanken vertieft, dass er sogar das essen vergessen hatte. Der junge Krieger richtete sich weiter auf, als wolle er auf stehenund zeigte auf die Schale in Éomers Händen. „Nein Danke, es ist noch warm genug." sagte er belustigt und aß weiter. Ja Háwine sprach nicht, doch hieß dies noch lange nicht, dass er nicht kommunizierte.

„Ich mache mir sorgen um meine Schwester." begann Éomer nach einer Weile. „Wer weiß wann oder ob ich sie je wieder sehe. Was, wenn Gríma ihr zu nahe kommt? Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich sie auch noch verliere."

Langsam richtete sich sein Blick auf Háwine, welcher seinen Blick erwiderte. Anders als erwartet sah er in seinem Blick aber keine Sorge. Im Licht des Mondes blitzen seine grün-grauen Augen, welche Éomer oft an einen nebeligen Morgen im Wald erinnerten, eher belustigt auf und er konnte erkennen, dass Háwine grinste. Langsam legte der junge Krieger seine rechte Handauf sein Herz und seine linke auf sein Schwert. Schließlich schüttelte er den Kopf und Éomer konnte erkennen, dass sein Körper bebte, während er stumm lachte. Erst sah er den jungen Krieger verdutzt an um kurz darauf selbst leise zu lachen. „Du hast Recht. Éowyn weiß sich zu verteidigen. Auch ich habe gesehen, dass sie sehr wohl mit dem Schwert umzugehen weiß." Vielleicht sollte sich Éomer tatsächlich weniger Sorgen um seine Schwerster machen. Sie konnte kämpfen. Außerdem hatte Éomer in Edoras noch immer Freunde die stets ein Auge auf seine Schwerster während seiner Abwesenheit haben würden. „Danke." kam es dann von Éomer, der noch immer schmunzelte, während er daran dachte, wie seine Schwester mit einem Schwert hinter Gríma her rannte. Háwine legte seine Hand auf Éomers Schulter und drückte diese kurz, ehe er sich wieder abwandte und weiter die Umgebung im Auge behielt.

Ja es tat tatsächlich gut Zeit mit diesem stummen Krieger zu verbringen.

Wie das Leben so spielt - Herr der Ringe - Éomer ffWhere stories live. Discover now