Kapitel 35 - An der Türschwelle

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Endlich blickte die Sichel der letzten Herbstmondphase hinter den Wolkenfetzen hervor und sehr schnell wurde klar, dass ich mal wieder recht behalten hatte.
Alle sprangen auf und drängten sich um die Tür, die nun von silber-bläulichem Licht erhellt wurde und tatsächlich ihr Schlüsselloch preisgab.
„Der letzte Strahl", murmelte Thorin ungläubig.
Langsam hob er seinen Schlüssel und suchte in den Gesichtern seiner Sippe nach Bestätigung.
Gespannt nickten wir ihm zu und unsere Augen strahlten vor Vorfreude.
Dann schob er den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn einmal und schob mit etwas Kraftaufwand die Tür nach innen auf.
Niemand sagte ein Wort. Alle hatten Gänsehaut und jene, die ihre Jugend noch unter dem Berg verbracht hatten, waren beinah zu Tränen gerührt. Sie waren zuhause. Wir waren zuhause.
„Erebor", hauchte Thorin episch.
Balin konnte es kaum fassen, und in seinen Augenwinkeln bildeten sich tatsächlich Freudentränen. Er und sein König teilten einen brüderlichen Moment der Sentimentalität, ehe sie den Berg endlich betraten.

„Ich kenne diese Mauern. Diese Hallen. Diesen Stein", murmelte Thorin, als er friedvoll über die Wände strich.
Aus Respekt standen wir anderen noch in der Tür und ließen unserem König seine Zeit.
Ich blickte neben mich zu Kíli, der ein Gesicht machte, als wäre er Durin selbst in seinen Träumen begegnet. Liebevoll griff er nach meiner Hand, als bräuchte er die Gewissheit, dass dies kein Traum war.
„Willkommen zuhause", flüsterte ich mit nichts als Liebe in meinen Augen. Das erwiderte er und küsste meine Hand.
„Und auch dein Zuhause ist es jetzt", mischte Fíli sich leise ein.
Freundschaftlich nahm ich auch seine Hand, und gemeinsam schritten wir durch den Türbogen. Vor uns Balin, hinter uns Bilbo und Dwalin und der ganze Rest.

„Willkommen, meine Schwestersöhne", wendete Thorin sich an seine Neffen. „In dem Königreich Erebor. Ihr seid aufgewachsen mit Geschichten unserer Heimat, doch jetzt sind wir wahrlich zuhaus."
Ich ließ die beiden Jungs los, damit sie zu ihrem Onkel nach vorn schreiten konnten, der mir väterlich wie eh und je ein warmes Lächeln schenkte. Auch die Prinzen strichen ungläubig über die Wände und ihr Blick fiel über den Türrahmen, der hinter mir war.
Bilbo stand jetzt neben mir und er war genauso auf die Meißelarbeit über der Tür fixiert.
„Hierin liegt das siebte Königreich, Heimat von Durins Volk. Möge das Herz des Berges alle Zwerge vereinen, um diese Heimat zu verteidigen", las Glóin die Inschrift des Kunstwerkes vor.
Es zeigte den majestätischen Thron, und in ihm war ein Stein eingesetzt, dessen Strahlen bis zum Türrahmen reichten.
„Der Königsthron", erklärte Balin.
„Und was ist das darüber?", fragte Bilbo.
„Der Arkenstein."
„Der Arkenstein... Und was ist das?"
„Das ist der Grund, Meisterdieb, warum du hier bist."

*

Fürs erste hatte Thorin uns alle zurück ins Freie gescheucht, während der Meisterdieb seine Arbeit
vollbringen sollte.
Balin wollte Bilbo noch so weit es ging begleiten, und ich stand bei ihnen im Türrahmen, bevor sie aufbrachen.
„Also dann, viel Glück, Bestie." Ich wuschelte Bilbo kurz durch die Haare. „Ich würde ja mitkommen, aber das würde der Drache sofort riechen."
Und schon machten sie sich auf den Weg.

Bald wurden Ori, Nori und Dori zu unserem provisorischen Lagerplatz zurückgeschickt, um zumindest schonmal unser Proviant heraufzubringen. Es dauerte ein wenig, aber sie kehrten immerhin schneller zurück als Bilbo.
So saßen wir wieder schweigend vor der Türschwelle, angespannt wartend, dass etwas passierte, oder wir Nachricht erhielten.
Beides blieb für einige Zeit erstmal aus.
Zwar blieb der Mond von Wolken unverdeckt, doch spendete die schmale Sichel wenig Licht und ein Feuer konnten wir uns hier nicht leisten.
Plötzlich bebte der Boden, und jene, die bald im Halbschlaf waren, schraken auf.
„War das ein Erdbeben?", drängte Ori besorgt.
„Das, mein Junge, war ein Drache."

Aufgeregt riss Kíli seinen Kopf hoch, der bis vor kurzem auf meiner Schulter gelegen hatte.
Beruhigend griff ich seine Hand und lächelte ihm aufmunternd zu. Mir war ja klar, dass der Drache unser geringstes Problem war. Die Menschen der Seestadt waren es, die ihn fürchten mussten. Wir würden nur diejenigen sein, die ihn auf sie hetzten.
Aber ein wenig Zeit blieb uns noch.
Ich beobachtete die Zwerge um mich herum. Fíli, der nervös auf und ab ging. Balin, der besorgt auf den Horizont blickte. Thorin, der bereits begann, sich zu isolieren.
„Komm her, Fíli", sagte ich halblaut und streckte meine freie Hand zu ihm aus.
Mir war aufgefallen, dass ich in letzter Zeit seinen Bruder sehr in Anspruch genommen hatte, und ich wollte nicht, dass er sich ausgeschlossen fühlte.
So kam er zu uns herüber und setzte sich neben uns, ich nahm freundschaftlich seine Hand.
„Kommt alle her, die etwas Gesellschaft wollen", verkündete ich.
Schnell fanden sich alle um uns ein, setzten sich auf den Boden und hielten sich brüderlich an den Händen. Nur Thorin stand abseits und war tief in Gedanken versunken. Gedanken, in denen eine Krankheit bereits erste Wurzeln schlug, und das machte mich traurig. Wir hatten nicht genug Zeit gehabt. Ich hatte das Gefühl, das würde noch auf meinem Grabstein stehen.

„Wo bleibt Bilbo?", fragte Ori endlich etwas lauter. 
„Wir geben ihm noch Zeit", sagte Thorin trocken.
„Mhm, um getötet zu werden vielleicht", warf ich ein, bevor Balin es sagen konnte.
Langsam drehte der König sich zu mir um.
„Ihr fürchtet euch", erkannte er, als er sah, wie wir alle auf einem Haufen hockten, um uns gegenseitig Mut zu schenken.
„Ach, wie kommst du denn darauf?", begann ich sarkastisch meinen Rant. „Bilbo ist da drin, wortwörtlich in der Höhle eines Drachen. Mein bester Freund, wohlgemerkt. Sorry, Kíli. Und du und ich wissen genau, wie viel er dir bedeutet. Das müssen wir aber nicht vor allen hier diskutieren. Und du..."
Ich fand keine Worte mehr. Da trat Balin mir zur Seite: „Und wir fürchten um dich! Dieser Schatz ist von einer Krankheit befallen. Sie hat deinen Großvater in den Wahnsinn getrieben!"
„Ich bin nicht mein Großvater."
„Du bist nicht du selbst! Der Thorin, den ich kenne, würde nicht zögern, hineinzugehen-"
„Ich riskiere diese Unternehmung nicht für das Leben eines... Diebes."
Beide Hände der Prinzen ließ ich schnell los und sprang auf. Durch diese plötzliche Bewegung gewann ich wieder Thorins Aufmerksamkeit.
„Er hat auch einen Namen! Und ich kann mich gut an eine Zeit erinnern, nur wenige Tage her, da hast du seinen Namen in deinen Träumen gemurmelt. Du bist nicht du selbst, tief in dir weißt du das. Kämpfe! Wenn schon für keinen von uns, dann wenigstens für Bilbo!"
Die anderen Zwerge, die hinter mir noch auf dem Stein saßen, waren ganz still. Sie machten Gesichter, als wären sie unabsichtlich zwischen die Fronten eines Streits zwischen Vater und linksradikaler Tochter geraten. Noch immer wussten sie nicht, wie sie damit umgehen sollten, dass ich Thorin offen meine Meinung sagte und es wagte, ihm zu widersprechen. Auch, wenn sie wussten, dass ich recht hatte. Gut, den Teil über Bilbos Namen im Schlaf murmeln hatten sie natürlich nicht gewusst. Aber es schien, als hätte meine kleine Rede zumindest vorübergehend etwas gebracht; Thorin hob seinen Kopf und seine Augen funkelten mich klar an. Nicht der übliche Todesblick, sondern das kampflustige Funkeln eines ehrwürdigen Zwergenkönigs, der loyal seine Familie verteidigte.


*


nett hier, aber haben sie schon hobbylos auf spotify mit fünf sternen bewertet?

das hab ich literally heute ins klo meiner alten schule geschrieben hehe, stolzester moment meines lebens :D

lobbyhoes supremacy!!

~ 💀👑

(Bearbeitet: 11.03.2023/10.10.2023)

Mittelerde... Ernsthaft?! //Hobbit ff Where stories live. Discover now