Kapitel 5.8 - Kapt. J. Hook

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Ruhig schenkte James sich etwas von dem dunkelroten Wein in seinen Kelch und stellte die Karaffe anschließend wieder zurück. Er nahm sich eine Scheibe Brot und etwas von dem geschmorten Gemüse. Das Meiste stammte aus der Seestadt, wo immerhin ein paar Bauern den Hafen mit Lebensmitteln versorgten. Allerdings gab es nicht viel von den selteneren Dingen, die man in Neverland kaum auftreiben konnte. Gemüse gab es nur im Sommer und Herbst, zur Erntezeit und ansonsten musste alles eingelegt werden. Mehl für das frische Brot, der würzige, farblich beeindruckend perfekte Wein, selbst das Wildfleisch waren nicht in rauen Mengen zu bekommen. Für Rotwild mussten sich die Piraten oder Bewohner der Seestadt entweder ins Stammesgebiet der Ureinwohner wagen – und von dort kehrte meistens kein ungeladener Gast wieder zurück – oder sie drangen in den restlichen, grünen Urwald der Insel vor. 


Die Territorien von gefräßigen Ungeheuern, die ihre Beute mit Krallen und Zähnen verteidigten oder einen Jäger als willkommene, halbe Portion verspeisten. Selbst in den sichereren Waldstücken musste man vorsichtig sein, denn die Verlorenen durchstreiften häufig ihre Grenzgebiete auf der Suche nach Abenteuern und vor einzelnen Wilderern machten sie keinen Halt. Oh ja, man mochte die Bande wilder Jungen vielleicht als Kinder bezeichnen, doch das waren sie lange nicht mehr. Auch Pans Jungen wurden älter, hatten mehr Kraft als sie alle wahrhaben wollten und ein gut platzierter Schlag mit dem Säbel oder glücklich geflogene Pfeile beendeten ein Menschenleben sehr schnell. Doch es geschah sehr selten, dass Piraten versuchten das indianische Gebiet vollständig zu durchqueren um bis zu den Brutplätzen der todbringenden Neverbirds vorzudringen. Dort mochte es zwar vollere Jagdgründe geben, da die Vögel sich nicht von Wild ernährten und kaum Jäger bis hierher vordrangen – doch kein Ureinwohner der noch bei Verstand war hätte zugelassen das ihre heiligen Gründe entweiht wurden. 


James verzog ein wenig säuerlich das Gesicht. Genau genommen war den Rothäuten ohnehin alles heilig, man brauchte nur einen falschen Schritt zu machen und hatte schon den geheiligten Brombeerstrauch von weiß Gott wem zertreten. Nun, trotzdem wagten sich genügend Jäger ab und an dorthin vor und fielen auch in die Gebiete der Bestien ein. Hunger konnte Menschen die größte Gefahr vergessen lassen um ihre Mägen zu füllen. So schaffte es Smee doch immer wieder mit den Burschen vom Markt das begehrte Wildfleisch zu ergattern. Eigentlich war es verschwendet an einen Verlorenen, doch James legte Wert auf einen stilvollen Umgang mit Gästen. Außerdem ließen sich so besser Gespräche führen.


Butterweich zerging ihm der Braten auf der Zunge, ergänzt durch das halbgare Gemüse und die würzige Soße. Einen Augenblick genoss James tatsächlich nur, schmeckte der frischen Nuance von Preiselbeeren hinterher. Als er schließlich wieder zu Luke schaute, mit einem leichten Funken Zufriedenheit registrierte, dass der Junge endlich begonnen hatte zu essen, fiel ihm das neugierige Glänzen der blauen Augen auf. Oh ja... sein Angebot kitzelte an den Prinzipien der Verlorenen. Peter hätte es sicher nicht gerne gesehen, wenn Luke sich ein paar Dinge vom finstersten aller Piraten erzählen ließ – und vielleicht darüber nachdachte ob sie stimmten? Denn das sollte schließlich keiner von ihnen. Weiterdenken. Nein, Pan war der Held in allen Geschichten – und was Hook erzählte, konnte nur Seemannsgarn sein. Und Trotzdem arbeitete es hinter der glatten Stirn, die sich nachdenklich in Falten zog unter der Last der Gedanken. Die Versuchung war da, unverkennbar der Wunsch die Finger nach dem auszustrecken was Hook ihm entgegenhielt. Dazu kam noch die Tatsache, dass ein Ablehnen seines Angebots sicher andere Konsequenzen hatte als den Zweifel.

Na komm schon...


»Gut. Abgemacht. Aber das gilt auch für Euren Teil der Abmachung. Wenn ich Euch antworte, erwarte ich auch von Euch Antworten auf meine Fragen.« (...) »Ehrliche Antworten.« (Luke)

A Neverland Tale - HOOKED (de)Where stories live. Discover now