Kapitel 1.3 - Luke

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Lukes POV


»Das ist ganz einfach!« hörte sie noch Nibs schwingende Stimme in ihren Ohren. Der Verlorene war einer von Peters engsten Vertrauten und in seiner Abwesenheit meistens die Stimme, auf welche die Verlorenen hörten- ihre Sympathie besaß er allerdings eigentlich weniger.
»Die anderen lenken die Piraten ab... und wir beide, wir stehlen Hooks Mantel!« hatte er voller Enthusiasmus gemeint und ihr den Arm freundschaftlich-verschwörerisch um die Schultern gelegt. Als wären sie die dicksten Freunde und er hätte ihr nicht ständig Steine in den Weg geworfen. Vielleicht war es das, was ihr bei seiner wundervollen Idee einen Stein in den Bauch pflanzte, der ihm nicht unbedingt mit blindem Vertrauen entgegen kugeln wollte.
»Peter wird vollkommen begeistert sein, wenn wir ihm den Mantel bringen! Es gibt nichts, dass dem eitlen Stockfisch wichtiger ist! Nun ja, außer er sich selbst!« Gelächter, verschwörerische Blicke und Grölen war die Folge. Es war dieser Moment, wenn man die Erwartungen der anderen auf den Schultern spürte, wie einen Dolch im Rücken.


Alle schienen diesen Überfall entsprechend für besonders bedeutsam zu nehmen. Sie, ihr Bruder - und drei weitere Anwärter, also Neulinge der Verlorenen - sollten sich heute ihren neuen Namen verdienen. Denn jeder der Verlorenen erhielt bei der Aufnahme einen zu ihm passenden Namen: Slightly, Curly, Crow, Hawk, Trinket, Buttons, Frog oder Braid, um nur einige Beispiele zu nennen.
Sich beweisen... aber viel wichtiger: dazugehören. Keim Pip mehr zu sein, dass war sicher Grund genug für die Neuen sich diesem Abenteuer anzuschließen. Der Überfall oder eher, das Ziel dieses Unternehmens, trieb offenkundig alle Jungs zu einem so enormen Enthusiasmus an, dass sie beinahe übersehen hätte können, dass es ihnen dabei zweifellos weit mehr darum ging, den Piraten einen Streich zu spielen, als die Neulinge zu integrieren. Anders als die anderen Burschen, hatte SIE jedoch heute Morgen nicht stolz die Brust gereckt und große Töne verlauten lassen, was sie den Piraten alles abknöpfen und wie viele von jenen sie erschlagen wollte. Es war nicht ihre Art, ein Fell zu verkaufen, ehe man die Beute erlegt hatte.


»Wenn wir den Mantel haben Luke, bist du einer von uns!« hatten Slightly und Crow ihr mit diesem Funkeln in den Augen versprochen.
Und das wollte sie immerhin. Dazugehören. Ein neues Zuhause, fern von den stinkenden, dreckigen Straßen Londons in ihrem tristen Grau und voller glückloser Seelen, die jeden Tag für einen Hungerlohn schufteten. Hier war alles anders. Und so hatte es am Ende nicht mehr gebraucht um sie zu überzeugen, damit sie nun doch den Waffengurt mit dem Säbel um ihre Hüften schnallte- und das, obwohl sie Peter noch ehe sie seine Hand ergriff gesagt hatte, dass sie... nicht vor hatte zu töten. Damals hatte sie dabei noch nicht einmal gewusst, was das bedeutete oder was sie hier erwarten würde. Doch auf den Straßen Londons gab es viele zwielichtige Gestalten mit noch blutigeren Jobs, die immer eine arme Ratte brauchen konnten, um die Drecksarbeit für sie zu erledigen. Luke aber hatte weder vor irgendwelchen reichen Schnöseln in einem Gemenge einen Dolch zwischen die Rippen zu drücken, noch in irgendwelche Läden einzubrechen um den Leuten ihr Tafelsilber zu stehlen.


Auch hier hatte sich ihre Einstellung, selbst nach allem was sie bisher erfahren hatte, jedoch nicht geändert: Sie wollte nicht töten. Nicht einmal Piraten. Dass die Verlorenen Jungs die Piraten öfter 'ärgerten' und ausraubten, schien normal zu sein. Peter bezeichnete es als Spiel zwischen ihm und Hook, dem alten 'Stockfisch'. Die meisten Verlorenen freuten sich immer auf die Überfälle wie... nun, kleine Kinder, die mit Holzschwertern in den Garten stürmten. Nur..., dass es hier keine Holzschwerter und kein Garten voller Fantasie war. Sondern... Eine Prüfung für die Neulinge, ein Spaß, ein Abenteuer...
Der Plan hatte einfach geklungen und ihr Bruder hatte sich stolz wie ein Maultier aufgeplustert, als er das Ablenkungsmanöver auf der Jolly Roger anführen durfte. Viel wurde geredet, noch mehr über den Haufen geworfen. Und schon da hatte dieser Plan ein wenig... instabil gewirkt. Ein wackelndes Konstrukt, dass von starkem Wind schwankte, während sich ihre Stirn in Falten legte und sie sich fragte, ob es wirklich so funktionieren konnte.

A Neverland Tale - HOOKED (de)Where stories live. Discover now