Kapitel 2.8 - Filou

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Die zarte Frau zitterte unter dem Zugriff der Piraten wie Espenlaub, die schlanken Glieder wie die Zweige der Bäume im harschen Herbstwind. Eine Flamme in seinem Innern schlug aus, als einer der Holzscheite in seinem Innern verrutschten, während er das weiche Gesicht genauer betrachtete. Feine Züge hoher Wangenknochen, nichts das scharf-kantig oder geschliffen wirkte, sondern glatt und weich wie der Honig floss. Jung, zweifellos, aber dem unwissenden Alter eines Mädchens bereits entwachsen. Selbst wenn sie noch jung gewesen wäre, hätten diese Hunde ihr wohl wenig Gnade entgegengebracht. Alles an ihr jedoch wirkte... weich.
Noch nicht den Schrecken dieser Welt begegnet, scheinbar lange gut behütet und so voller Furcht und Unschuld.


„Wer weiß... wenn du uns gefällig genug bist, lassen wir dich vielleicht sogar leben." Gurrte einer der Piraten ihr entgegen. Ein dreckiges Lachen rollte in die Umgebung, wurde von den anderen Piraten angeschwemmt die sich dazu grölend in die Seite stießen. Oh, das konnte sich Filou vorstellen. Eine ganz private, Schiffseigene Hure- das würde den Männern gefallen. Und wenn man es ganz genau nahm... tatsächlich könnte es Schlimmeres geben.
Als Teil der Crew wäre sie unter ihnen beschützt, sogar respektiert. Sie würde sicher nicht hungern, sich den Gefahren der Insel aussetzen müssen- und es gab schlimmere Schicksale als frei bei den Piraten. Man würde sie auch nicht wie in der Hafenstadt einfach an jeden dahergelaufenen reichen, wo sich der Dreck aus allen Winkeln der Insel anschwemmte... ihr Kreis wäre übersichtlich.


Aber dafür müsste sie sich in die Crew einbringen... und es war offenkundig, was die Männer erwarteten. Seine dunklen Augen die von hellen Flecken aus Bernstein durchzogen waren, glitten über die Gestalt die ihn an eine Porzellanpuppe erinnerte. Nein, sie würde wohl kaum eine 'Piratenbraut' werden. Aber... für Frauen gab es wenig Perspektive an diesem Ort.
Mit einem dunklen Knurren, das die Männer jedoch nur für kurze Zeit zum Verstummen brachte, griff er unter die zarten Beine der Frau. 


Sie war nicht schwer, geradezu leicht wie eine Feder. Instinktiv atmete er ein... der Geruch von Meer und Salz, aber auch etwas Süßem, das sich darunter verbarg. Die Nuance von Frische, Jugend und Frau. Und etwas Neuem, das ihm kribbelnd in die Lenden stach, auch wenn er dem Drängen das sich wie ein Gift in seine Venen drückte beiseiteschob. Instinktiv spreizte er kurz die Finger in den weichen Kniekehlen, griff dann jedoch nach und kippte seinen Körper leicht nach hinten. So lehnte sie fester, sicherer gegen seinen Oberkörper und es war leichter, das Gleichgewicht zu halten. Der Sand gab kaum einen laut von sich, nicht mehr als ein leises Seufzen, während er den gleichen Weg zurück einschlug, den verblassenden Spuren in den kleinen Dünen des Strandes folgend. Doch seine Neugier brach sich so unaufhaltsam wie die Neverseas immer wieder in seinem Innern, sodass er die ersten Fragen schließlich nicht zurückhalten konnte.

Die Worte klangen trotz der rauen Stimme des Piraten beinahe samtig- Wellen, die über den Sandstrand rollten. Er wusste, was in den Gedanken der anderen vor sich ging. Sie hätten sie einfach in das Dickicht am Waldrand hinter dem Sand gezogen. Ein paar hätten sie festgehalten, während sich ein oder zwei andere an ihr vergnügten... drei gleichzeitig vielleicht, sie waren was Frauen anging nicht zimperlich sie zu teilen. Wenn sie alle einmal an der Reihe gewesen und zufrieden waren, wäre von ihr nicht viel übrig... und einer von ihnen würde ihr vielleicht einfach ein Ende setzen. Oder sie wären besonders grausam, hätten ihr vielleicht einen Schnitt versetzt der blutete und sie dann in die Wellen oder den Wald getrieben.


Das hatte er jedoch nicht vor zuzulassen. Er würde sie auf die Jolly Roger bringen. Und er würde in Ruhe mit dem Kapitän sprechen, was nun zu tun war oder was Hook mit der Frau anzustellen gedachte. Vielleicht würde der Kapitän ihr wirklich Obdach anbieten, wenn sie die Mannschaft bei Laune hielt. Mädchen... nein, Frauen waren wertvoll. Aber sie waren Fluch wie Geschenk. Vielleicht würde er sie auch an Dagger in der Seestadt zu einem stattlichen Preis verkaufen. Filou war als einer der wenigen überhaupt soetwas wie 'befugt' mit Hook eine solche Diskussion zu führen. Die wenigsten auf dem Schiff trauten sich, dem Kapitän Wiedersorte zu geben- und das aus gutem Grund. Filou aber hatte das Gespür das man brauchte um zu wissen, wann der richtige Moment war seine eigene Meinung an den Kapitän heranzutragen- und wann nicht. Falls er es wagte, ihm vor der Mannschaft zu widersprechen (was selten genug vorkam) achtete er genau darauf wie er es formulierte.


Nichtsdestotrotz war der Kapitän zweifellos nicht immer undankbar über weitere Ansichten. Auch wenn man es nicht direkt so wahrnahm, war sein Maat stets ein Vorhang der bereit war, sich zwischen den Kapitän und die Welt zu stellen, sollte es nach seinem Ermessen nötig werden. Jeder brauchte jemanden, dem er vertrauen konnte. Selbst ein James Hook.


Filous Blick richtete sich auf das Meer. Nebel nahmen es ein, eroberten es auf unnatürlich dichte Art und Weise, wie er es seit einiger Zeit nun in der Nacht immer öfter tat. Schon bald würde der ganze Strand in diesem Nebel versinken, in dem man nicht einmal mehr seine Hand sehen konnte. Lange Zeit hatte der wabernde Nebel die Insel umschlossen wie eine schützende Umarmung. Schiffe verirrten sich hierher, aus Träumen oder den Weltmeeren – wer wusste das schon – doch wenn man aus Neverland hinein segelte, fand man sich irgendwann plötzlich herausbrechend aus einer anderen Richtung auf den Neverseas wieder. Es gab kein Entkommen von diesem Ort, sobald Neverland einen als Seins gezeichnet hatte. Bald schon gaben sie es auf in die Nebel zu segeln. Wenn Pan neue Jungen brachte erkannten sie in der Kleidung, dem Gehabe der Jungen, dass die Zeit obgleich nicht hier in der anderen Welt merklich vorangeschritten war... und was sollte sie dorthin zurückziehen? 

Sicher gab es immer mal wieder Matrosen, die sich nach der Freiheit endloser Meere oder den Frauen sehnen mochten.


Doch die meisten hatten ihr Schicksal akzeptiert. Hier konnten sie ewig leben, die begrenzte Freiheit genießen, die Neverland ihnen bot. Hah, welch kurioser Wiederspruch nicht wahr?
Doch die Nebel hatten sich verändert. Als kroch etwas hinein und vergiftete ihn, streckte er seine grauweißen Finger plötzlich weiter und weiter über das Meer. Und schließlich, als die Nächte hereinbrachen, begannen die seltsamen Schemen und Stimmen darin zu erscheinen. Ein Grund, warum die Wenigsten sich bei Nacht noch hinauswagten, wenn es nicht sein musste. Als ob es nicht schon genug Gefahren in der Nacht gäbe!


Denn dann würde der Gesang der Sirenen alle verlocken, die so dumm waren, sich hier herumzutreiben... und wenn man betrunken und töricht genug war zu folgen, lief Man(n) nur wenn man Glück hatte vor den Sirenen vorher in die Mäuler der Krokodile.
Filou reckte ein wenig mehr das Kinn, beobachtete den kriechenden Dunst der sich näherschlich und nickte dann mit einer Geste zu dem Beiboot, dass weit in den Strand gezogen war, damit keine freche Welle oder eine der Seedirnen ihnen die Möglichkeit zur Rückkehr stahlen.
„Los bewegt euch ihr faulen Hunde! Ehe der Nebel zu dicht wird!" blaffte er den anderen entgegen, damit sie ihren Schritt ebenfalls beschleunigten.


„Bones, du hattest doch eben so viel Energie? Schnapp dir Black Jack und lauft vor- lasst das Beiboot zu Wasser und zwar zügig! Oder wir werden alle noch Fischfutter!" befahl er streng. Die beiden Männer maulten, doch dann begannen sie sich tatsächlich im Laufschritt vorwärts zu bewegen. Nun wo ihre Reihen dünner waren, konnte er sich auch der Frau widmen.

"Ich heiße... Fiona... Wie heißt ihr? Und wohin werde ich gebracht? Wo sind wir überhaupt?" (Fiona)

„Du stellst viele Fragen für eine Gefangene." Stellte er beinahe mit Amüsement in der Stimme fest, obwohl der raue Klang nicht daraus wich. Seine Augen huschten jedoch wachsam umher. Langsam legte sich eine gespenstische Stille über den Strand... Und sein Körper spannte mehr. Sie mussten sich eilen.

„Ich bringe dich auf unser Schiff- die Jolly Roger." Antwortete er dennoch nach einigen Sekunden. „Zu unserem Kapitän – Hook. Dem rucklosen Schrecken aller Weltmeere und vor allem der Neverseas." Sein Blick fiel zu der Frau ab. „Du hattest Glück Missy. Du bist nicht gefressen und ertränkt worden... allerdings fürchte ich, dass du unser neues Juwel in der Sammlung unseres Kapitäns sein wirst."

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A Neverland Tale - HOOKED (de)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt