Kapitel 27

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Jeongguks Sicht:

Mich freute es unfassbar sehr, dass Jimin die Kette mochte. Ich hatte den halben Tag damit verbracht, ein geeignetes Geschenk für ihn zu finden und dass ich als Belohnung noch eine Umarmung von ihm bekam, verbesserte meine Laune erheblich. Nach Pumas Besuch war ich total schlecht gelaunt und wütend. Er ging niemanden nach der Ausbildung auf den Sack. Wirklich niemanden. Aber er tauchte sogar ohne Ankündigung in meiner Wohnung auf und schrie mich an, weil ihm wohl zu langweilig war und es ihm fehlte mich zu schikanieren. Ich hoffte inständig, dass er nicht auf mich wartete, um unsere Diskussion weiterzuführen. Nach diesem stressigen Tag wollte ich nur noch wie ein Stein ins Bett fallen und schlafen, aber Jimin bat mich bei ihm zu bleiben, da seine Freunde und sein Onkel dabei waren zu gehen.

Jimin durfte ihre Geschenke noch nicht öffnen, was ich nicht wirklich verstand. Man wollte doch die Reaktion des Geburtstagskindes sehen oder täuschte ich mich da? Sie verabschiedeten sich alle voneinander und fielen sich gegenseitig in die Arme, während ich im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Flur stand und wie ein Vollidiot winkte. Yoongi zwinkerte mir zu und hob seine beiden Daumen, um mir mitzuteilen, dass ich auf dem richtigen Weg wäre. Ich bezweifelte, dass die gute Stimmung zwischen Jimin und mir lang anhielt. Heute hatte ich bloß ein wenig Glück. Jedenfalls trug der kleine Zwerg die Kette um seinen Hals und lächelte seinen Onkel breit an, bevor er ihn fest in den Arm nahm.

Sollte ich mich geehrt fühlen, dass ich bei ihm bleiben durfte, wenn alle anderen gingen? Er hätte mich auch direkt wegschicken können, jedoch tat er dies nicht. Vielleicht hatte ich Pluspunkte dazu bekommen und wusste es nicht mal. Irgendwie fühlte ich mich nicht gut dabei, seine Freundschaft zu erkaufen. Wenn ich so weiter machte, dann tauchte Puma ein weiteres Mal auf und nahm mir meine Bankkarte ab, weil ich meine ganzen Ersparnisse für ihn ausgab.

Mehrere Minuten später schloss Jimin die Wohnungstür und lehnte sich erschöpft dagegen. Er fuhr sich über das Gesicht, bevor er in meine Richtung kam. Ich presste die Lippen zusammen und drehte mich um, da er wahrscheinlich ins Wohnzimmer gehen wollte. Wir sprachen kein Wort miteinander, aber ich wusste, dass er seine Geschenke gleich öffnete. Darum setzte ich mich auf die Couch und schaute dabei zu, wie er sich an den Esstisch stellte und das erste Geschenk in die Hände nahm. Er schaute lange auf das blaue Geschenkpapier auf dem ganz viele Luftballons gedruckt wurden. Das Geschenk war relativ groß und viereckig. Ich wandte meinen Blick von dem Geschenk ab und runzelte die Stirn, als ich bemerkte, dass er am ganzen Körper zitterte.

"Das ist doch so eine Scheiße", flüsterte er zu sich selbst und legte das Geschenk wieder auf den Tisch.

Er atmete tief ein und aus und blinzelte mehrmals, um seine aufkommenden Tränen in Schach zu halten. Unsicher stand ich auf und lief zu ihm hin. Jimin hob seinen Blick und sah mich mit wässrigen Augen an.

"Weißt du, seitdem meine Eltern verstorben sind, ist nichts mehr so wie es einmal war. Es tut so weh, dass sie nicht bei mir sind. Wir haben jedes Jahr in unserem Haus eine kleine Party mit unseren Verwandten und Freunden gefeiert. Dieses Jahr haben sie mir nur Karten und Geschenke geschickt, weil sie es selbst nicht ertragen, dass meine Eltern fort sind und dass ich nicht mehr der Gleiche bin. Ich fühle mich so beschissen, wenn sie mich besuchen und nicht wissen, wie sie sich gegenüber mir verhalten sollen. Du bist wahrscheinlich der Einzige, der mich normal behandelt, obwohl wir uns ständig anzicken", ließ er seinen Gedanken freien Lauf und lachte zum Ende hin humorlos.

Unbeholfen stand ich vor ihm und konnte nicht einschätzen, ob er nun eine Umarmung oder seine Ruhe brauchte. Vielleicht wollte er einfach mit jemanden darüber reden, weil es jedem seiner Freunde und Bekannten unangenehm war. Wie er gesagt hatte, war ich die einzige Person, die seine Eltern und sein damaliges Ich nicht kannte.

Guardian | JikookWhere stories live. Discover now