Kapitel 24

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Jimins Sicht:

Calendulas. Es gab so viele Blumenarten und er nahm ausgerechnet diese. Ich hatte den schönen Blumenstrauß am gestrigen Abend in eine Vase und schließlich auf den Couchtisch gestellt. Dort, wo ich ihn mir direkt anschauen konnte. Gestern musterte ich ihn so lange, bis ich irgendwann auf der Couch eingeschlafen war. Meine Gedanken kreisten nur noch um Jeongguk, meine Eltern, den Blumen und meinen Geburtstag. Mir bedeuteten diese zwei Blumenarten unfassbar viel und dass ausgerechnet mein merkwürdiger Nachbar genau diese auswählte, ließ ein anderes Licht auf ihn scheinen. Er hätte meinen Eltern auch nur eine Nelke schenken können und ich wäre trotzdem in Tränen ausgebrochen.

Jeongguk hatte sie nicht aus Zufall ausgewählt, sondern wirklich überlegt, welche Blüten zu uns passen. Es schien auch nicht so, als hätte er vorher nachrecherchiert, sonst wüsste er, dass heute mein Geburtstag war und dass meine Eltern mir jedes Jahr einen Blumenstrauß mit Calendulas geschenkt hatten. Ich war sehr glücklich darüber, dass ich dieses Jahr doch noch einen Blumenstrauß in meiner Wohnung haben durfte. Dafür war ich dem Punk wirklich dankbar, aber ich war zu feige, um ihm das zu sagen.

Als wir im Bus saßen und die Frauen völlig auf ihn abgefahren waren, sinkte meine Laune bis zum Erdboden. Er war am Anfang auch noch ziemlich nett zu ihnen, aber nachdem sie mich erwähnt hatten, mutierte er zum absoluten Arschloch. Kein normaler Mann sprach Frauen auf ihr Alter an, der ein friedliches Leben führen wollte, aber der Punk war alles andere als normal. Eigentlich wollte ich mich aus ihrer Diskussion raushalten, jedoch riss mein Geduldsfaden, nachdem sie sagte, dass seine Eltern sich für ihn schämen sollten. Jeongguk wuchs ohne seine Eltern auf und es schmerzte bestimmt sowas von jemanden zu hören. Zwar hatte er die restliche Fahrt über ein breites Lächeln auf dem Gesicht gehabt, aber mir war das lieber als seine traurige Miene.

Seufzend richtete ich mich auf, sodass ich richtig auf der Couch saß, da ich die ganze Zeit über auf dem weichen Stoff gelegen hatte. Mein Blick wanderte zum Boden, wo das Regal immer noch lag. Wenn ich nicht so eklig zum Punk gewesen wäre, würde es jetzt wieder an der Wand hängen. Frustriert verdeckte ich mein Gesicht mit meinen Händen und ließ einen kleinen Schrei raus. Ich fühlte mich furchtbar schlecht, weil ich ständig so gemein zu ihm war. Sollte ich mich bei ihm entschuldigen? Aber wie?

Meine Gedanken wurden von einem Klopfen an meiner Wohnungstür unterbrochen. Wer störte mich bei meiner endlosen Verzweiflung? Ächzend hievte ich mich von der Couch und schleifte mich zur Tür, um sie lustlos zu öffnen. Jeongguk stand mit seinem Werkzeugkasten in der rechten Hand und zwei weißen Holzbrettern auf der linken Schulter vor mir und sah mich entschlossen an. Wow, als hätte ich ih heraufbeschworen.

"Oh, du bist es", stellte ich perplex fest und war mir sicher, dass es nicht mal zehn Uhr morgens war.

"Hallo, lass mich durch", begrüßte er mich knapp und quetschte sich zwischen der Tür und mir durch.

"Okay?", sagte ich verwundert und musste es mir verkneifen zu lächeln.

Ich schloss die Tür hinter mir und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er die Bretter auf seiner Schulter vorsichtig gegen die Couch lehnte. Er hatte heute eine graue Jogginghose und ein schwarzen Kapuzenpullover an. Jeongguk drehte sich in meine Richtung und klatschte motiviert in seine Hände.

"Es ist mir vollkommen egal, was du davon hältst. Aber ich habe dir neue Regale gekauft und werde dir zeigen, worauf du dabei achten musst. Okay? Okay!", sagte er mit einem breiten Grinsen.

"Das ist wirklich nicht nö-...", fing ich an, jedoch unterbrach mich Jeongguk.

"Nein, Nein. Mich stört es, dass das alte Regal in meiner Gegenwart kaputt gegangen ist. Das hat bloß dazu geführt, dass du mich noch mehr auf dem Kicker hattest. Also habe ich heute Morgen beschlossen, dir neue Regale zu kaufen, um alle negative Erinnerungen zu verbannen", erwiderte er und wollte keinen Widerspruch meinerseits hören.

Guardian | JikookWhere stories live. Discover now