Kapitel 36~

498 7 5
                                    

Liams Wecker klingelte recht früh und seufzend stand er auf. „Es wird ein langer Tag werden. Essen wird dir hochgebracht und sonst wirst du dich eben beschäftigen müssen“, erklärte er und zog sich ein Hemd und eine schwarze Hose an. „Was soll ich denn den ganzen Tag über machen? Du hast hier nichts.“ „Ich bring dir ein paar Bücher vorbei, dann kannst du lesen.“ „Danke.“ Liam fuhr mir über den Kopf und verließ das Zimmer. Seufzend setzte ich mich hin und zog die Knie an den Körper. Das würde ein sehr spannender Tag heute werden. Mit einem Stapel Bücher kam Liam wieder und stellte ihn neben mir ab. „Nummer eins wird dir gleich etwas zu essen bringen.“ Ich nickte nur und Liam seufzte. „Mir gefällt das auch nicht, Runa, ich würde auch lieber den ganzen Tag mit dir verbringen, aber es geht nun einmal nicht anders.“ Er küsste mich und verließ dann das Zimmer. Kurz darauf kam ein Mädchen mit einem Tablett und stellte es mir wortlos hin, bevor sie wieder ging.

Augenverdrehend nahm ich das Tablett auf meinen Schoß und belegte mir ein Brötchen, bevor ich es aß. Während dem Essen schaute ich mir die Bücher an und las die Klappentexte. Mich sprachen die Bücher wirklich an, aber ich war nicht motiviert dazu, zu lesen, weil ich nicht wusste, ob ich es durchbekommen würde, aber eigentlich hatte ich keine andere Wahl. Liam wollte nicht, dass ich das Zimmer verließ, also würde ich es auch nicht tun. Wenn die Männer wirklich so gefährlich waren, wollte ich nur sehr ungern, auf sie treffen, darum gehorchte ich Liam. Das Schmerzmittel von gestern wirkte noch immer, wofür ich dankbar war, denn den Tag auch noch mit Schmerzen durchmachen zu müssen, wäre wirklich scheiße.

Seufzend griff ich nach dem Buch, was ich am meisten ansprach und schlug es auf. Entgegen meiner Erwartung versank ich richtig in das Buch und bekam kaum etwas mit. So bemerkte ich auch nicht, dass sich jemand in das Zimmer schlich. Erst als mich jemand brutal in die Matratze drückte und mir dabei das Buch aus der Hand fiel, bemerkte ich es. Ein Fremder Mann kniete über mir und sah mich gierig an. Ich wusste sofort, dass er nicht hier sein sollte, das würde Liam nie erlauben. „LIAM!“, schrie ich laut und bekam dafür sofort eine Ohrfeige. „Sei still du dumme Schlampe!“, fuhr er mich an und zerrte meine Hose nach unten. Verzweifelt wehrte ich mich gegen ihn und stieß mit der Hand gegen das Tablett. Darauf lag noch das Buttermesser und ich griff danach. Mit aller Kraft stieß ich es in sein Auge. Schreiend fiel er nach hinten und ich krabbelte vom Bett. Mein T-Shirt war teilweise zerrissen und meine Hose hatte ich eben auch verloren. Da ich nicht riskieren wollte, dass er mir wehtat, weil ich ihn verletzt hatte, ignorierte ich die Hose und floh aus dem Zimmer.

Hastig stolperte ich die Treppe herunter und lief dabei gegen Liam. Schluchzend sah ich ihn an. „Runa, was ist passiert?“, fragte er mich und drückte mich an sich. „Da…da…ein Mann…Messer…ich…“, stammelte ich zusammenhangslos und Liam runzelte die Stirn. „Komm sofort zurück du scheiß Schlampe!“, schrie der Mann und ängstlich drückte ich mich an Liam. Angepisst sah Liam den Mann an und fuhr mir beruhigend über den Rücken. „Hatte ich nicht verboten, dass jemand ins obere Stockwerk geht?“, fragte er gefährlich ruhig. „Sie hat doch darum gebettelt“, entgegnete der Fremde. „Erstens, ich kenne Runa, sie lässt sich schon von mir nicht gerne anfassen, da wird sie dich ganz bestimmt nicht anbetteln. Zweitens, wie sollte sie dich anbetteln, wenn du gar nicht oben sein dürftest. Und drittens, wieso sollte sie dir ein Buttermesser ins Auge rammen, wenn sie sich freiwillig von dir anfassen lassen wollte?“ „Woher soll ich wissen, was in dem Kopf dieser Schlampe vor sich geht?“ Genervt zog Liam seine Waffe aus dem Hosenbund und zielte auf den Mann. Mich zwang er dazu, meinen Kopf an seine Brust zu lehnen und schoss dann. Ich schrie auf und fühlte mich vor wenige Tage zurückgesetzt, da hatte Liam mich auch so gehalten und geschossen.

„Shh, Runa. Atme ruhig und sieh mich an“, sagte Liam ruhig und ich gehorchte ihm. „Shh, er tut dir nichts mehr.“ Schluchzend hielt ich mich an ihm fest und wagte es nicht, mich umzudrehen. „Mr. Black, was soll den dieser Aufruhr?“, fragte noch ein Unbekannter Mann. „Ian hat sich nicht an meine Anordnung gehalten und musste nun mit seinem Leben bezahlen. Ich bin sehr empfindlich, wenn es um meine Verlobte geht“, erwiderte Liam. „Natürlich, das verstehen wir.“ Liam nickte und sah mich dann wieder an. „Magst du wieder hochgehen?“, fragte er mich sanft und zögerlich nickte ich. „Dann geh, nochmal wird dir niemand zu nahe kommen, ich denke ich habe deutlich genug gemacht, was passiert, wenn es doch jemand wagen sollte“, meinte er und ich lächelte. Ich ging wieder hoch und versuchte die Leiche des Mannes nicht anzusehen, was ganz gut funktionierte. Im Zimmer angekommen zog ich erst mal die zerrissenen Sachen aus und dann frische Sachen. Das blutige Bettzeug zog ich vom Bett und kauerte mich dann auf das Bett. Lesen konnte ich jetzt auch nicht mehr, ich hatte zu große Angst, das nochmal jemand reinkommen würde. Bei jedem noch so kleinsten Geräusch zuckte ich zusammen und war schon bald ein nervöses Wrack.

Als Liam nach einer gefühlten Ewigkeit ins Zimmer kam sprang ich vom Bett und kuschelte mich an ihn. „Hey, ganz ruhig Runa. Ist ja gut, keiner tut dir was“, murmelte er und hielt mich fest. Fluchend hob er mich hoch und setzte sich mit mir auf das Bett. „Ich hätte das Treffen woanders planen sollen“, murmelte er und ich sah ihn unsicher an. „Es ist nicht deine Schuld…“ Liam seufzte nur und ich kuschelte mich wieder an ihn. „Komm, du musst noch was essen und in der Zeit wird Nummer fünf das Zimmer wieder herrichten“, meinte er und hob mich hoch. Wir aßen unten zusammen zu Abend und als wir wieder hochgingen war das Zimmer aufgeräumt. Ich wusste nicht, wieso ich mich plötzlich von Liam angezogen fühlte, aber ich genoss es, denn ich hatte noch nie so gefühlt, mochte das Gefühl aber. Wir legten uns zusammen hin und schliefen auch recht schnell ein.

Eine Woche später
Liam und ich hatten uns angenähert. Er hatte mir nicht nochmal wehgetan, sondern kümmerte sich sehr rührend um mich. Der Wunde an meiner Schulter ging es schon besser, aber es musste immer noch etwas darüber sein, damit es geschützt war. Gerade wurde ich von Liams Sklavinnen, ich hasste diese Bezeichnung immer noch, hergerichtet für die Hochzeit. In den Schuhen konnte ich so halbwegs laufen, aber es war nicht gerade angenehm. Seufzend betrachtete ich mich im Spiegel. Ich wurde dezent geschminkt, meine Haare wurden ein wenig nach hinten gebunden und ein Schleier wurde mir in die Haare gesteckt. Das war nicht ich. Ich sah nie so aus. Es war viel zu auffällig. Lia und ihre Mutter brachten mich zu dem Wagen, der uns in die Kirche brachte. „Du siehst wunderschön aus, Runa“, meinte Lia und ich lächelte sie an, auch wenn mir nicht danach zumute war. Ich wollte mich am liebsten irgendwo verstecken und nicht mehr hervorkommen, aber ich wusste auch, dass Liam das nicht zulassen würde. Er hatte mir versprochen, dass es mir bei ihm gut gehen würde, aber ich musste mit ihm reden, wenn es mir schlecht ging oder mich etwas belastete. Wir hatten gestern lange miteinander geredet und er hatte verstanden, dass es sehr schnell für mich ging, aber er meinte auch, dass ich so sicherer wäre, weil sich niemand trauen würde, mir etwas anzutun, wenn ich seinen Namen trug.

Der Wagen hielt vor der Kirche und wir stiegen aus. Tatsächlich hatte ich gar nicht gemerkt, das wir überhaupt losgefahren waren. Ich war einfach viel zu abwesend, denn ein wenig ängstigte mich der Gedanke, dass ich gleich heiraten würde, schon. „Hey, Runa, du bist auf einmal so blass geworden. Was ist denn los?“, fragte Lia mich besorgt. „Bin nur nervös…“, antwortete ich und sie lächelte. „Das musst du nicht. Mein Bruder liebt dich und wird auf dich achtgeben.“ Dankbar lächelte ich sie an. Sie und ihre Mutter gingen nach drinnen, während ihr Vater herauskam, er würde mich nach drinnen und somit zu Liam bringen. Gestern Abend hatte ich alle nochmal genauer kennengelernt, aber sein Vater machte mir ein wenig Angst, deshalb zögerte ich, als er mich nach drinnen führte. Die Musik setzte ein, sobald wir die Kirche betraten und mein Blick fiel sofort auf Liam. Als er mich sah blitzte etwas in seinen Augen auf und ich biss mir unsicher auf die Lippe. Liams Vater reichte mich an Liam, der sich zu mir runterbeugte. Sein Atem strich über mein Ohr und eine Gänsehaut überkam mich. „Du siehst wunderschön aus, Runa.“

~~~~
Hey, hiermit startet die Lesenacht zum Finale von You are Mine, little Bird. Jede halbe Stunde kommt ein neues Kapitel und ich hoffe dass es euch gefällt ;) Viel Spaß beim lesen ^^

You are Mine, little BirdWhere stories live. Discover now