(43) Im Auge des Sturms

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Eleonora

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Eleonora

Ich öffnete die Augen.
Ich musste wohl während der Fahrt eingenickt sein.

Die Sonne hatte den Himmel bereits verlassen. Das Gehölz wurde dichter und die Straße enger, irgendwann wandelte sie sich und wurde eher zu einem Fußpfad.
Der steinerne Weg knirschte unter den alten Rädern des Dogdes, doch wir fuhren schlotternd mehrere Minuten lang weiter.

Zu meinem Überraschen hielten wir inmitten eines Haines, fast am Rande unserer Kleinstadt, zwischen Dickicht und Waldwucher. Der hereinbrechende Abend verwandelte sich in eine tiefschwarze Nacht.
Der Turm, dessen Kuppel aus den Baumkronen hervorragte und dessen Umrisse ich gerade noch so erkannte, jagte sich direkt in mein Blickfeld. Er musste mindestens 40 Meter hoch sein und war trotz der Dunkelheit einfach nicht zu übersehen. Ich bestaunte den Giganten mitten im Wald.

»Der alte Wasserturm,« unterbrach Aiden meine Gedanken und die Reifen unter uns
kamen schließlich zum Stehen, »ich war schon Ewigkeiten nicht mehr hier.«

Bewundernd schaute er nun auch aus der Scheibe des Wagens. Nach kurzem Innehalten stieg er jedoch aus, lief um den Dodge herum und öffnete mir die Tür.

Meine Dr. Martens berührten den Waldboden. Das weiche, hohe Gras gab unter meinem Gewicht nach und ein später Frühlingsluftzug erfasste mich. Augenblicklich fröstelte es mich und sofort zog ich den Mantel enger.
Unmittelbar danach spürte ich eine Hand auf meinem Rücken. Mehrmals musste ich gegen die schwere Finsternis anblinzeln, bis ich Aiden's Konturen erkannte. Direkt vor mir hatte er Platz gefunden. Die Hand, welche eben noch auf meinem Rücken lag, ergriff nun meine. Es ließ mein Herz schneller schlagen.

»Komm mit. Hier müssen wir lang,« die Dunkelheit verwandelte seine Stimme in eine angenehme Raue.

Wir traten voran, Aiden ging mir voraus. Um uns herum schwang ein Zirpen von Grillen und aus irgendeiner Richtung vernahm ich das friedvolle Heulen eines Kauzes.
Ein stilles Wäldchen bei Nacht.

Moment. War es überhaupt schon "Nacht"?

Etwas angespannt spazierte ich weiterhin hinter Aiden her, während er seinen Fokus auf den Turm richtete.

»Früher einmal diente der Turm zur Speicherung von Trinkwasser oder Brauchwasser. Es gab eine Zeit da hat er Greenville und einen großen Umkreis der Umgebung mit Wasser versorgt. Doch jetzt... steht er still und ist schon seit Ewigkeiten nicht mehr in Betrieb.«

Ich nickte ihm durch die Dunkelheit zu, doch noch immer verstand ich nicht was wir hier suchten. Aber ich stellte keine weiteren Fragen.

Meine Augen gewöhnten sich immer mehr an die Düsternis. Eindringlich ließ ich meinen Blick durch die späte Stunde schweifen, während wir weiterhin wie Nachtschwärmer durch sie hindurchwanderten.
Mehrere Baumriesen umwucherten den vor mir liegenden Titan aus Beton, welche ihn mit einer noch größeren Vielzahl von Zweigen und Geäst vergebens versuchten zu verstecken. Ein Mond war am Himmel aufgetaucht, dessen Licht nur schwach durch das Laub der Baumkronen sickerte. Das Geäst machte jedoch die Chance auf einen kompletten Anblick des Nachthimmels und dem Leuchten der Sterne unmöglich.

Beautiful NightmaresWhere stories live. Discover now