Chapter 35

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Calum

Mitten in der Nacht fing plötzlich mein Handy an zu klingeln. Ich wäre am liebsten gar nicht erst rangegangen, konnte jedoch den Gedanken, dass irgendetwas Schlimmes passiert sein könnte, nicht verdrängen. Murrend griff ich nach meinem Handy, welches auf dem kleinen Nachttisch lag und blickte auf das Display. Zuerst konnte ich nichts erkennen, da ich von dem grellen Licht geblendet wurde und ich somit meine Augen zusammenkniff, doch nach einigen Sekunden erkannte ich dann schließlich den Namen: 'Cait'. Sofort saß ich kerzengerade im Bett und sah irritiert auf das Smartphone in meiner Hand. Rief sie mich gerade wirklich an oder war das ein Scherz? Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, ansonsten würde sie wohl möglich noch auflegen, weshalb ich den Anruf zögerlich entgegennahm. Ich hatte verdammt Angst vor dem, was als nächstes passieren würde. Die ganzen letzten zwei Wochen hatte ich an nichts anderes als an sie gedacht. Ich war froh, dass sie anrief, das stand außer Frage, aber wieso sollte sie das tun?

„Hallo?“, fragte ich in den Hörer. „Hallöchen“, antwortete sie kichernd. „Ähm... Cait?“, hakte ich verwirrt nach, da ich mir nicht sicher war, ob diese Stimme wirklich zu ihr gehörte. „Nein, hier spricht Obama“, lachte sie weiter. Im Hintergrund war laute Musik und einige andere Stimmen, die ich allerdings keinem zuordnen konnte, zu hören. „Na klar bin ich es du Dummerchen“, fuhr sie lallend fort. „Cait, hast du getrunken?“, fragte ich besorgt, da sie so etwas niemals im nüchternen Zustand gesagt hätte. „Neeeeeiiiiiin, ich habe dich einfach nur so waaaahhhnsinnig vermisst mein Schnuggi.“ Okay, jetzt hatte ich keinen Zweifel mehr: Sie war eindeutig betrunken. „Cait, wo bist du?“ Ich musste sie da unbedingt rausholen, bevor sie noch irgendetwas Unüberlegtes tat, was sie später bereuen würde. Sie nannte mir nach einer kurzen Diskussion die Adresse und fügte dann ein „Aber pssshhht, erzähl das niemandem“ hinzu.

*

So schnell es ging hatte ich mich angezogen und auf den Weg zu der genannten Adresse gemacht. Schon von Weitem konnte ich die laute Musik hören und augenblicklich machte ich mir nur noch mehr Sorgen. Hoffentlich war ihr in der Zeit nichts zugestoßen. Wenn irgendjemand ihren Zustand ausgenutzt und sich an ihr vergangen haben sollte, konnte ich wirklich für nichts mehr garantieren. Ich war zwar nervös, schließlich sahen wir uns jetzt das erste Mal seit den ganzen vergangenen Ereignissen wieder, aber die Sorge um sie war jetzt einfach größer.

Als ich schließlich vor dem Haus stand, kamen mir schon sturzbetrunkene Teenager entgegen und überall waren irgendwelche Pärchen, die mit einander rummachten. Die Tür stand bereits offen, weshalb ich schnurstracks in das Gebäude ging. Der Boden war von Müll übersät und es waren wirklich viele Leute anwesend, deshalb konnte ich Cait nicht gleich ausfindig machen. Ich blickte mich ein paar Minuten lang um, um mir einen Überblick zu verschaffen, ehe ich sie in der Menge plötzlich erblickte. Sie befand sich auf der Tanzfläche, war ziemlich am schwanken und sah total fertig aus. Schnellen Schrittes ging ich auf sie zu und packte sie sanft am Oberarm, um sie zu stützen. „Cait, da bist du ja. Geht es dir gut?“ Ich war mehr als erleichtert sie endlich gefunden zu haben. Sie war zwar sichtlich betrunken, jedoch immer noch wunderschön. Sie war immer wunderschön. „Uhh isch kenn disch zwar nisch, aber jetzt wo ich in so einer hüüüübschen Gesellschaft bin, geht' s mir mehr als gut“, lallte sie und tippte mit ihrem Zeigefinger auf meinem Oberkörper herum. War das gerade ihr Ernst? Erkannte sie mich wirklich nicht? „Wir sollten jetzt gehen“, meinte ich und wollte sie gerade aus dem Haus begleiten, als sie plötzlich zusammenklappte. „Cait, alles in Ordnung?“, fragte ich sie alarmiert und kniete mich neben sie auf dem Boden. „Isch will schlafen“, lallte sie wieder. „Aber doch nicht hier“, sagte ich und fühlte mich dabei wie ihr Kindergärtner. Da sie unfähig war zu laufen, legte ich meine Arme behutsam unter ihren zierlichen Körper und hob sie dann hoch, woraufhin sie sich sofort an meine Brust kuschelte. Wäre sie nicht betrunken und eigentlich sauer auf mich, würden sich unglaubliche Glückshormone in meinem Körper breit machen. Da ich aber wusste, dass sie immer noch unheimlich verletzt war, breitete sich nur wieder ein schlechtes Gewissen in mir aus.

~Long Way Home~©Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon