Chapter 36

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Cait

Die warmen Strahlen der Herbstsonne kitzelten meine Nasenspitze und rissen mich somit sanft aus dem Schlaf. Müde rieb ich mir die Augen und nahm im nächsten Moment einen höllischen Schmerz wahr, dessen Ausgangspunkt meine Schläfen waren, welche ich mir gleich darauf mit zusammen gekniffenden Augen massierte. Woher um alles in der Welt kamen bitteschön diese Kopfschmerzen? Ich versuchte mich langsam aufzusetzen und meine Augen zu öffnen. Ein paar Mal musste ich blinzeln, um mich an das grelle Licht zu gewöhnen. Doch als ich dann meine Umgebung betrachtete und bemerkte, dass ich nicht im Internat war, fuhr ich erschrocken hoch. Wo war ich nur? Aus irgendeinem Grund konnte ich mich nicht daran erinnern, wie ich hierher gekommen war, geschweige denn was letzten Abend alles passiert ist. Wurde ich etwa entführt? Vorsichtig hob ich die Bettdecke, um sicherzugehen, dass ich wohl möglich nicht noch vergewaltigt wurde. Als ich sah, dass ich noch meine eigenen Sachen trug, atmete ich erleichtert auf. Gerade als ich mich aus dem Bett erheben wollte, um meine Umgebung zu erkunden, öffnete sich die Tür und ich bekam auf einmal panische Angst. Wer weiß, wer da durch die Tür kommen würde. Doch die Angst verschwand schnell, stattdessen blieb Verwirrung.

„Guten Morgen“, meinte Calum, welcher ein Tablett mit Frühstück darauf balancierte und sich versuchte ein Lächeln auf zu zwängen. Bei seinem Anblick fühlte es sich direkt wieder so an, als würde mir ein Messer in den Rücken gerammt werden und mein Herz wurde augenblicklich von einem stechenden Schmerz durchzogen. Als ich bemerkte, dass ich ihn immer noch mit offenem Mund anblickte, versuchte ich mich und meine Gefühle wieder etwas zu sortieren. „Du... ich... was machst du hier? Und was mach ich hier?“, fragte ich immer noch verwirrt und setzte mich an die Bettkante, von wo aus ich meine Schuhe erblickte und nach diesen griff. „Kannst du dich denn an gar nichts mehr erinnern?“, fragte er mich schockiert und stellte das Tablett auf dem Bett ab. Es war komisch mit ihm zu reden, nach all dem, was passiert war. „Nein“, antwortete ich knapp. „Du hast mich gestern angerufen, weil du betrunken warst und dann bin ich halt zu dir und habe dich von irgendeiner Party abgeholt. Und weil du den Schlüssel für dein Zimmer nicht dabei hattest, hab ich dich erstmal mit zu mir ins Hotel genommen.“ Nachdem er seine Erklärung beendet hatte, kamen mir sofort einige Bildfetzen vom letzten Abend in den Sinn, die ich allerdings nicht wirklich verbinden konnte. Wenn das alles wirklich stimmen sollte, konnte ich nur hoffen, dass ich nichts peinliches getan oder gesagt hatte. „Ich... ähm... t-tut mir leid, dass du wegen mir so einen Stress hattest. Ich... ich sollte jetzt lieber gehen“, stammelte ich immer noch überrumpelt von meinen Gefühlen und zog mir meine Schuhe an. Dieses Gefühl, was sich in mir breit machte, wenn ich mit ihm redete, konnte ich nicht wirklich beschreiben, aber auf jeden Fall machte sich wieder eine unfassbare Traurigkeit bemerkbar und ich dachte unwillkürlich an die vergangenen Tage. Er hatte mich betrogen und mir somit den Boden unter den Füßen weggerissen. Bei dieser Erkenntnis musste ich schwer schlucken. Ich biss mir auf die Lippen, um die Tränen zu unterdrücken. Ich hatte nicht damit gerechnet ihn so schnell wieder zu sehen und war darauf einfach nicht vorbereitet und schon gar nicht bereit dazu, denn ich war noch lange nicht darüber hinweg.

Schnellen Schrittes ging ich zur Tür und legte meine Hand auf die Türklinge, als ich plötzlich Calums Stimme hinter mir vernahm: „Warte, willst du nicht noch was essen oder können... können wir bitte wenigstens nochmal miteinander reden?“ Ich drehte mich kurz um und blickte ihm in seine verzweifelten Augen. „Ich glaube, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Ich habe dir bei unserem letzten Treffen eh schon alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Und außerdem kann man mit einem Frühstück nicht einfach so alles ungeschehen machen“, meinte ich kalt und trat aus dem Zimmer.

Ich konnte das alles einfach nicht. Wie sollte man denn auch jemandem verzeihen, der einem so etwas angetan hatte? Egal, ob er es getan hatte, weil er mich nicht mehr liebte oder er sich einfach alleine gefühlt hatte, er hatte es getan und konnte es auch nicht mehr ändern. Wer wäre in so einer Situation bitteschön nicht verletzt und irgendwie auch verzweifelt? Ich wurde wie aus dem Nichts wieder damit konfrontiert, dabei wollte ich das Ganze doch einfach nur vergessen. War das denn zu viel verlangt? Ich konnte mich nicht wieder auf Calum einlassen und war einfach nur überfordert. Wieso musste er mir das Leben denn auch so schwer machen? Gestern hatte ich noch alles vergessen können und am nächsten Morgen erwachte ich mit einem riesigen Schock und wurde direkt wieder in ein tiefes Loch gerissen. Heute war definitiv nicht mein Glückstag. Die Kombination aus den Nachwirkungen des Alkohols und dem Wiedersehen mit Calum war einfach mal wieder zu viel für mich. Ich war eigentlich fest davon überzeugt, dass ich ihn nie wiedertreffen würde und jetzt das. Allein unsere kurze Konversation brachte mich schon wieder total aus dem Konzept.

Erschöpft ließ ich mich auf der Hoteltreppe nieder und bettete meinen Kopf in meine Hände. Eine Träne lief meine Wange hinunter und auf einmal fühlte sich der Schmerz wieder so real an.

*

„Willst du nicht doch etwas essen?“, fragte mich Sophia, als wir in der Mensa beim Mittagessen saßen. „Ich hab keinen Hunger, okay?“, sagte ich gereizt, wobei ich eigentlich wusste, dass sie rein gar nichts dafür konnte. „Tut mir leid“, meinte sie, hob abwehrend die Hände und wandte sich dann wieder ihrem Essen zu. Meine schlechte Laune schob ich einfach auf die Kopfschmerzen, die seit ich Calum heute Morgen wieder gesehen hatte, noch unerträglicher geworden waren. Ich hoffte inständig, dass dieser Tag schnell vorüber gehen würde, denn meine Gedanken schweiften immer wieder zu ihm ab. Aber wieso verschwendete ich meine Zeit überhaupt damit über ihn nachzudenken? Konnte man einen Menschen nach all diesen Taten überhaupt noch lieben? Ich war mir nicht sicher. Mir wurde einzig und allein in diesem Moment klar, dass ich nochmal mit ihm reden musste, um mit der ganzen Sache ein für alle Male abschließen zu können, denn wenn ich das nicht tat, würde ich nie von ihm loskommen und ihn auch niemals vergessen können. Ich hatte nämlich keine Lust mehr die ganze Zeit an ihn denken und mir somit wieder den Kopf zerbrechen zu müssen, denn das würde mich auf Dauer kaputt machen.

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Hey! :)
Hier kommt endlich das Kapitel, obwohl ich damit immer noch nicht zufrieden bin, aber wenn die Story beendet ist, werde ich eh nochmal jedes einzelne Kapitel überarbeiten.
Leider muss ich euch jetzt mitteilen, dass dies das vorletzte Kapitel war. Jetzt kommt nur noch der Epilog und dann ist alles schon wieder vorbei. :( Oh man, ich darf darüber am besten gar nicht nachdenken! :/
Also reden wir doch lieber mal über etwas anderes: Was habt ihr so in den Osterferien vor? :) Hinterlasst doch einfach ein Kommentar, denn darüber freue ich mich immer mega! :D
Lg. Janina♥

~Long Way Home~©Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt