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Zum Abschluss des Jahres ein letztes Kapitel für 2021 ... Einen guten Rutsch an alle!
-V

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Fallons P.o.V.

Ich war plötzlich ganz aufgeregt, als ich vor der Eingangstür der DeLaurants stand. Ohne wirkliche Erklärung hatte ich ein ganz mieses Gefühl im Magen, das ich einfach nicht abstellen konnte. Ich war mir eigentlich hundert Prozent sicher, dass zwischen Cayden und mir alles gut war, aber meine innere Stimme und die Gabe über alles tausendmal nachzudenken sagte mir etwas anderes. Und das ließ mich nervös werden.
Neben mir richtete Onkel Jack sein graues Jaquet und rollte die Augen, nachdem mein Vater ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte. Vermutlich einer seiner strengen Bitten, sich zu benehmen, die ich nur zu oft gesagt bekommen hatte.
Mein Onkel warf mir einen aufmunternden Blick zu, den ich mit einem schwachen Lächeln kommentierte, dann traten wir ins Anwesen. Es war genau derselbe langweilige Mist, wie gefühlt jede Woche. Ein trostloses und monotones Trauerspiel, das einzig und allein stattfand, um seine Kontakte zu erweitern und das ein oder andere illegale Geschäft in die Wege zu leiten.
Als ich Gregor DeLaurant in seinem Anzug sah, verging mir sofort die Lust am plaudern.
"Wie wäre es, wenn wir uns an die Bar begeben?", flüsterte ich meinem Onkel zu, der mir eine belustigte Grimasse zu warf. Der bissige Blick von meinem Vater ließ meine Idee allerdings schnell zum platzen bringen.
Ich setzte mein steifes Lächeln auf und ließ mich von Mr und Mrs DeLaurant begrüßen. Ich spürte deutlich das grüne Augenpaar von unserem Gastgeber auf mir, doch ich hielt mich mit meinen Kommentaren zurück. Stattdessen hielt ich lieber Ausschau nach einem anderen Familienmitglied, das mir im Gegensatz zu seiner restlichen Familie ein ernst gemeintes Lächeln schenken konnte. Meine Augen blieben an einem jungen Mann stehen, dessen Charm ich vermutlich noch aus hundert Meter Entfernung erkennen konnte. Cayden lehnte an einem der Tische und unterhielt sich lachend mit einem Paar, das vermutlich in demselben Alter war wie er. Auch wenn ich nur Bruchteile von seiner Stimme hörte, konnte ich fühlen, wie mein Körper sich entspannte.
Er hob den Kopf, dabei streiften seine Augen für einige Sekunden die Meinen. Alleine das reichte aus, um mein Herz schneller schlagen und meine Bedenken fallen zu lassen. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie Cayden mir bei unserer gemeinsamen Nacht ähnliche Blicke zu warf, die mein Körper zum explodieren brachte.
"Fallon?" Jemand tippte mich an meiner rechten Schulter an, sodass die Momente an die Vergangenheit langsam verblassten.
"Hm?"
Mein Vater warf mir einen fragenden Blick zu, denn ich jedoch sofort abblockte.
"Fallon", murmelte Gregor DeLaurant neben mir, was mich zusammenzucken ließ. Ich war so abgelenkt von Cayden, dass ich meine Umgebung vollkommen vergessen hatte. Überrascht sah ich ihn an und merkte dabei, dass wir plötzlich nur noch zu zweit waren, was mir Angst machte. Ich wusste nicht, was es war, dass Gregor DeLaurant so furchteinflösend machte, doch es wäre einfach nur dumm, ihn zu unterschätzen.
"Darf ich Ihnen einen Drink ausgeben?" Es klang eher nach einem Befehl als einer Frage, dem ich mich beugen musste.
Er platzierte seine rechte Hand an meinem unteren Rücken und gab mir damit einen kleinen Schubs in Richtung Bar. Sofort schalteten sich alle Sinne ein, denn Gregor war niemand, den man unüberlegt an sich heranlassen wollte.
An der Theke hob er zwei Finger und machte damit kenntlich, dass der Barkeeper ihm seine georderten Getränke schnellstmöglich servieren sollte. Dann wandte er sich wieder zu mir. Seine Augen wanderten meinen ganzen Körper einmal hoch und wieder runter. Es schien fast so, als würde er mich neu einschätzen wollen, was mir mehr als unangenehm war, doch ich blieb seinem Blick stand.
Nachdem wir die Gläser aus Kristall, gefüllt mit irgendeinem hochprozentigen Drink, bekamen, wurden wir alleine gelassen. In meinem Magen setzte wieder dieses dumpfe Gefühl ein.
Hilfesuchend sah ich mich nach Personen um, die mich retten konnten, allerdings erkannte ich nur meinen Dad auf die schnelle, der so vertieft in sein Gespräch war, dass er meine Blicke gar nicht wahrnahm.
Ich wandte mich wieder Mr DeLaurant zu. "Was verdammt wollen Sie von mir?", entgegnete ich bedrohlich und hielt ihm fest im Blick.
Seine Lippen ziehrte ein leichtes Lächeln, das ihm die Härte aus den Gesichtszügen nahm. Er schwenkte den Inhalt seines Glases und nahm einen kurzen Schluck.
"Wissen Sie, was ich an Ihnen bewundere, Fallon?", fragte er ohne auf meine Frage einzugehen.
Ich presste die Lippen zusammen. Das war wohl eine Pfannfrage.
"Ihren Stolz und ihr Selbstbewusstsein."
Obwohl es Komplimente waren, hörte es sich aus seinem Mund an, wie Vorwürfe. Als ich daraufhin nichts erwiderte, fuhr er fort.
"Noch so jung, gerade einmal achtzehn Jahre, und bereits ausgeprägte Führungsqualitäten."
Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte, aber mir gefiel nicht, wie er so positiv über mich sprach. Wenn eine Person etwas gegen mich hatte, dann mit Sicherheit Gregor DeLaurant.
"Ihre Selbstachtung macht sie neugierig und das ist auch gut so - bis zu einem gewissen Maß", fügte er hinzu und fixierte meinen Blick mit seinen Augen. "Ich habe Ihnen schonmal gesagt, dass Sie sich aus Angelegenheiten raushalten sollen, die Sie nichts angehen." Leicht runzelte ich die Stirn. Wusste er etwa darüber Bescheid, dass Cayden und ich in sein Zimmer eingebrochen waren und die Dateien auf der Karte kopiert haben? Doch wenn er Angst hatte, dann nur deshalb, weil wir etwas gegen ihn hatten.
"Ich habe Ihnen auch gesagt, dass Sie sich von meiner Familie fernhalten sollen."
Plötzlich pochte mein Herz gegen mein Brust, was mich nervös werden ließ. Meine Augen wanderten wie von selbst zu Harvey, der sich mit irgendwelchen Geschäftsmännern unterhielt. Vielleicht um seine eigenen Kontakte weiter auszubauen. Doch das, war mir gerade egal. Es war nicht geplant, dass Harvey Wind von Cayden und mir bekommen würde, aber so war es nunmal. Ich hatte gegen ihn jedoch ebenfalls ein Druckmittel, von dem ich dachte, dass es ihm wert genug sei, es nicht verlieren zu wollen. Doch ich kannte Harvey zu wenig, um ihm einschätzen zu können. Vielleicht hasste er mich einfach so sehr, dass er mich lieber aus dem Weg schaffen wollte, als sein Geschäft zu retten. Vielleicht hatte er auch seine Klappe gehalten, dafür hatte Lexi etwas gesagt, weil sie mich eben doch erkannt hatte. Meine Augen wanderten weiter zu dem blonden Mädchen, das mit einer älteren Dame plauderte. Ja, vielleicht wollte sie mir damit eins reinwürgen, weil sie eifersüchtig war.
"Und Sie wissen sicherlich, was ich Ihnen darüber erzählt hatte, falls Sie sich nicht an die Regeln halten, oder?"
Sein Blick wurde streng und die Stimme nahm eine bedrohliche Tonlage an.Ich blinzelte ein paar mal, denn mein Verstand brauchte einige Momente, um zu begreifen, dass er mir wieder drohnte.
"Für Ihre Familie könnte es deshalb ganz schnell unschön werden", fügte er hinzu und verlieh seinen Worten nochmals Ausdruck.
Ich traute mich kaum zu atmen. Gregor DeLaurant hatte nun mal die Zügel in der Hand, ob es mir gefiel oder nicht. Ich sollte mich daher mehr oder minder an seine Anweisungen halten, doch ich konnte nicht kampflos dabei zu sehen, wie er mich zu kontrollieren schien.
"Wenn Sie mir drohen wollen, schön. Doch wenn Sie meiner Familie auch nur ein Haar krümmen, werde ich höchst persönlich dafür sorgen, dass ihre Familie genauso leiden wird", zischte ich scharf.
Entgegen meiner Erwartungen fühlte er sich kein bisschen eingeschüchtert, ganz im Gegenteil, auf seinem Gesicht bildete sich ein spöttisches Lächeln. Er wusste, dass ich es mit ihm nicht hätte aufnehmen können, aber es reichte mir, dass ich ihm zumindest genauso drohen konnte.
Ich drehte mich wortlos auf meinen Absätzen um und lief einfach gerade aus, damit ich schnellstmöglich von ihm wegkommen würde. Ich nahm mir einige Augenblicke Zeit, um tief durchatmen zu können, dabei sah ich mich nach meiner Familie um. Mein Vater stand unverändert mit denselben Geschäftsleuten zusammen wie auch vor einigen Minuten, allerdings konnte ich meinen Onkel nicht finden. In meinem Kopf läuteten bereits die Alarmglocken. Wenn Gregor DeLaurant seine Drohungen wirklich so schnell wahr werden lassen konnte, dann hatte ich ihn etwas unterschätzt.
Ich zückte mein Handy und wählte die Nummer meines Onkels. Einige Momente hing ich in der Warteschleife, doch jemand hob ab.
"Onkel Jack, wo bist du?", fragte ich besorgt. Aufeinmal schlug mein Herz viel zu schnell.
"Tut mir leid, Liebes", murmelte er. "Ich bin mit einer Flasche Whisky von der Party abgehauen." Erleichterung strömte durch meine Adern, was mich tief aufatmen ließ.
"Schon in Ordnung", entgegnete ich beruhigt.
"Ist alles gut bei dir?", fragte er mit einem Lächeln in seiner Stimme. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jemand in eine der Gänge flüchtete. Cayden?
"Das werden wir sehen, ich melde mich später", murmelte ich gedankenlos ins Telefon und legte anschließend auf. Cayden und ich hatten heute noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Wir befanden uns auf einer öffentlichen Veranstaltung, deshalb war es nicht ungewöhnlich, dass wir uns aus dem Weg gingen, doch nach unsere Nacht hatte ich angenommen, dass ein kurzes Hallo angebracht wäre. Ich vermisste ihn sehr und wollte deshalb zumindest seine Stimme hören allerdings merkte ich, wie er mich zu ignorieren schien. Etwas stimmte nicht, und das machte mich nervös. Möglich, dass ich mich nur wieder in etwas hineinsteigern würde, aber mein Inneres hatte meistens nicht ohne Grund ein schlechtes Gefühl bei manchen Dingen.
Ich wählte also seine Nummer, doch keiner nahm ab. Typisch. Ich probierte es nochmal, aber auch hier kein Erfolg. Schließlich wartete ich die Mailboxansage ab, bis ich eine Nachricht aufsprechen konnte.
"Cayden, wo bist du?", fing ich an und lief in den Gang hinein, den er vermutlich gerade passiert hatte. "Wir müssen dringend reden, nicht nur über deinen Vater, der heute extrem komische Andeutungen gemacht hatte," ich blieb am Ende stehen und sah zuerst nach rechts, "sondern auch über unsere -"
Als ich mich nach links drehte, stoppte ich abrupt und ließ meine Hand sinken. Mein Kopf konnte nicht begreifen, was ich mir ansehen musste: Cayden, wie er das Mädchen, mit dem er sich am Anfang unterhalten hatte, gegen die Wand drückte und seine Lippen lustvoll auf ihre presste.
Ich merkte, wie mein Herz lautlos in zwei Teile brach und mir einen unbeschreiblichen Schmerz zufügte. Meine Lungen fühlten sich wie Sandpapier an, das bei jedem Atemzug mein Innerstes aufreiben zu schien. Mir raubte jede weiter Sekunde, die verging und ich dabei zusehen musste wie Cayden sich mich irgendeiner anderen zu vergnügen schien, die Luft. Mein Kopf war wie leer gefegt - kein Onkel Jack, nicht mein Vater, nicht einmal Gregor DeLaurant und seine Drohungen schienen jetzt noch relevant. Es ging einzig und alleine um Cayden. Der Mann, dem ich mich geöffnet und hingegeben hatte. Der Mann, zu dem ich mich hingezogen fühlte und eine Bindung aufgebaut hatte. Der Mann, der mich ohne weiteres fallen ließ.
Das Mädchen stöhnte leise unter den leidenschaftlichen Küssen von Cayden auf und neigte den Kopf zur Seite. Als sie die Augen öffnete, erschrak sie und drückte Cayden von sich weg. In ihren Augen sah ich Scham, denn so etwas gehörte sich nicht auf einer öffentlichen Feier - besonders da es so schien, als hätte sie für heute Abend bereits eine Begleitung.
Cayden sah sie überrascht an, dann drehte er seinen Kopf zu mir. Sein Blick trieb mir Tränen in die Augen. Kein Scham, keine Reue, nichts. Es schien so als wäre er nur körperlich anwesend, und das machte die Sache nur noch schlimmer für mich. Ich wusste nicht, ob es der Schock war, der mein verstand lenkte, doch ich hielt mich mit den Tränen zurück.
"Tut mir leid", flüsterte ich zittrig, drehte mich ruckartig um und lief den Gang zurück. Bei der Hälfte blieb ich jedoch stehen und schlug mir die Hand vor den Mund. Ich wollte schreien, aber ich konnte nicht. Es schien so als hätte ich alle Kraft, die in meinem Körper war, mit einem mal verloren. Das dumpfe Gefühl vom Amfang hatte ich also nicht so ohne Grund. Hatte ich mich so sehr getäuscht in Cayden? Hatte Cayden mich die ganze Zeit nur an der Nase herumgeführt und mich ausgenutzt? War ich so blind und naiv zu denken, dass ein Cayden anders war als seine Familie, als der Rest der Welt? Hatte ich mich in etwas hineingestürzt, dass sowieso zum schweitern verurteilt war?
Ich merkte, wie sich Druck in meiner Brust aufstaute. Ich musste hier raus. Ich konnte keine Sekunde länger in demselben Haus sein wie Cayden. Derjenige, der mich zum Narren gehalten hat. Derjenige, der mein Vertrauen schamlos ausgenutzt hat. Derjenige, dem ich völlig egal war. Ich versuchte normal weiter zu atemen, obwohl ich kaum Sauerstoff bekam.
Ich lief ohne ein weiteres Wort aus dem Gang in den großen Saal, der voller Leute war. Die zahlreichen Stimmen drückten auf meinen Ohren. Mir wurde unerträglich heiß. Bevor ich jedoch endlich das Haus verließ, griff ich nach einer der vollen Flaschen aus der Bar, die mit dem Mittel gefüllt waren, meine dröhnenden Gedanken zu ertränken.
Als ich aus der Tür und hinaus ins Freie lief, konnte ich das erste mal richtig atmen. Gierig saugte ich die Luft ein und nahm jeden Atemzug auf. Auf einmal spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust, der unerträglicher wurde. Meine Finger bohrten sich in die Haut meines Dekolltées, genau da, wo mein Herz in tausend gebrochene Teile zurück gelassen wurde. Ich verzog qualvoll das Gesicht und ließ den Kopf hängen. Als mein Verstnd langsam wieder hochfuhr, begriff ich, was ich genau gesehen hatte.
Cayden mit einer anderen Frau.
Cayden, der mich ausgenutzt und betrogen hatte.
Meine Augen wurden glasig, doch ich wollte nicht darüber nachdenken. Ich wollte einfach nur vergessen. Vergessen, dass ich Cayden vertraut hatte, dass ich ihm ohne zu überlegen mein Herz geschenkt hatte, dass er mit mir gespielt hatte und mich für dumm verkauft hatte.
"Dieses Arschloch", hauchte ich krächzend und wischte mir die Tränen von den Wangen. Ich wollte keine Tränen an ihn verschwenden, denn keine Tränen war es wert, ihm nachzuweinen. Stattdessen setzte ich die Flasche an mein Lippen und kippte den Inhalt so lange runter, bis mein Magen rebellierte. Die Flüssigkeit brannte mir fast meinen Rachen weg, doch alles war besser, als an den Schmerz erinnert zu werden, den mir Caden zugefügt hatte. Ich hustete und wischte mir den Mund ab. Einen kurzen Blick nach hinten und dann lief ich los. Ich brauchte so viel Abstand wie möglich von ihm.

Forbidden loveWhere stories live. Discover now