Kapitel 14

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Milo sah mich aus großen Augen ungläubig an.

»Du hast was

»Ihn geküsst«, ich seufzte, nachdem ich ihm schon zum gefühlt hundertsten Mal die Geschehnisse in allen Einzelheiten erzählen musste.

»Und dann hat er was getan?«

»Dann hat er mich geküsst«, beantwortete ich Milos Frage.

»Aber ihr habt...«

»Wir haben uns geküsst«, wiederholte ich genervt. Was war daran so schwer zu verstehen?

»Ja ja, schon klar. Ihr habt euch geküsst und so weiter. Aber dann hat er... Ich meine... Er hat wirklich...«, Milo schien vollkommen bestürzt, sodass er die Worte nicht einmal über die Lippen bekam. Ich wusste genau worauf Milo hinauswollte und errötete unter seinem forschenden Blick.

»Er hat es dir wirklich... besorgt?«, fragte er schließlich

»Milo!«, ich bedachte meinen besten Freund mit einem strengen Blick. Auf gewisse Art und Weise war es mir plötzlich peinlich darüber zu sprechen. Keine Ahnung ob es womöglich der Tatsache zugrunde lag, dass es sich dabei um meinen ersten sexuellen Kontakt handelte oder aber darum, dass Jona mich danach einfach hatte stehen lassen. Doch egal wie ich es auch drehte und wendete, ich fühlte mich schrecklich. Und obwohl ich es auch gewollt hatte, ja, Jona sogar förmlich dazu gedrängt hatte, mit mir auf diese Weise intim zu werden, so fühlte ich mich benutzt und weggeworfen. Als wäre ich nicht gut genug für ihn gewesen. Ein furchtbares Gefühl, um ehrlich zu sein.

Ich war enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass ausgerechnet Jona mich derart behandelte. Jona, der doch all die Zeit über immer für mich da gewesen war. Jona, bei dem es sich nicht nur um den besten Freund meines Bruder handelte, sondern der auch zu einem ganz besonderen Menschen für mich geworden war.
Ein Zuhörer.
Ein Freund.
Ein Bruder.
Und schließlich ein Mann, den ich aus der Ferne zu lieben gelernt hatte.
Aber was hatte ich auch anderes erwartet? Schließlich wusste ich ja, wie Jona im Bezug auf Frauen war. Er war der Inbegriff eines Fuckboys. Ich wusste, dass er keine festen Bindungen einging. Gott, allein schon der Umstand, dass er sich mit keiner Frau öfter als dreimal traf, sagte doch schon alles! Es war zum Verzweifeln. Anzunehmen, dass ein Kuss oder das Austauschen von Intimitäten für ihn von Bedeutung waren, war absolut dämlich. Bei der Schar von Frauen, die bei ihm ein und aus gingen, fiel ich nicht einmal ins Gewicht. Es war nichts Besonderes für ihn gewesen, während es für mich die Welt bedeutet hatte...

Vielleicht war es ja doch etwas Besonderes für ihn, aber nur, weil es sich bei mir um die kleine Schwester seines besten Freundes handelte und er wohl oder übel Gewissensbisse deswegen verspürte - die ich nebenbei angemerkt ebenfalls haben sollte. Schließlich hatte ich Aiden hoch und heilig versprochen, dass zwischen Jona und mir nicht das Geringste lief.

Tja, Fehlanzeige.

Stattdessen hatte ich mich ihm an den Hals geworfen. Hatte mich auf seinen Schoß gesetzt und regelrecht darum gefleht, dass er mich berührte, dass er Dinge mit mir tat, die die reinste Sünde waren. Dinge, für die mein Stolz, mein Ego und vor allem aber mein Herz im Nachhinein bitter bezahlen sollten.

»Oh Milo, was soll ich jetzt nur tun?«, ich schlug die Hände über dem Kopf zusammen und ließ mich zurück auf das Bett in meinem Zimmer fallen, in welches wir uns kurz nach dem Vorfall verzogen hatten.

Ich kam nicht umhin zu bemerken, was ein Durcheinander ich angerichtet hatte. Verdammt, ich hatte Gründe gehabt, Jona meine Gefühle nicht zu gestehen. Gute Gründe. Gründe, die ich im Eifer des Gefechts einfach über Bord geworfen hatte... Zum allerersten Mal verstand ich, worüber man in diesen lächerlichen Liebesromanen und Filmen immer berichtete. Ich verstand um diese eine allesverzehrende Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die über dich hereinbrach wie ein tosender Sturm, um dein Inneres in absolutem Chaos zurückzulassen. Eine Leidenschaft, die dich deiner selbst beraubte und die dich Richtig und Falsch vergessen ließ, die dich alles vergessen ließ und nur noch darauf wartete, Erfüllung zu finden. Und eine Leidenschaft, die dich alles kosten konnte.

Love me tomorrowWhere stories live. Discover now