Kapitel 9

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Zehn Minuten später bugsierte Aiden mich zur Haustür. Er war wütend. Sehr wütend. Gewissermaßen konnte ich ihn ja verstehen. Es war Weihnachten und nicht einmal das Fest der Liebe hatte mich davon abhalten können, Ärger zu machen oder zumindest einen vorübergehenden Waffenstillstand mit meiner Mom einzuhalten. Ich war ein furchtbarer Mensch.

Tja und nun erhielt ich meine Strafe in Form eines wahnsinnig gutaussehenden Spaniers mit bernsteinfarbenen Augen und honigblonden Locken, der unmittelbar vor unserem Haus in der Einfahrt, an seinem schwarzen Chevrolet Camaro lehnte. Er verkörperte alles, was ich mir jemals wünschte und wiederum alles, was ich niemals haben würde. Mein Herz machte einen gewaltigen Sprung, nur um im nächsten Moment kläglich in meiner Brust zu sterben - zumindest fühlte es sich so an.

Wie machte Jona das nur? Wie zum Teufel war es möglich, dass er so viel Macht über mich besaß?

Ich nahm einen tiefen Atemzug und ließ mich von Aiden widerwillig die Stufen herunter dirigieren, bis wir schließlich vor Jona zum Stehen kamen.

»Hey Mann, danke, dass du sie mitnimmst«, bedankte Aiden sich und die beiden klopften sich freundschaftlich auf die Schulter.

»Kein Ding, ich wollte ohnehin nicht so lange bleiben«, erwiderte Jona und fuhr sich mit einer Hand durch seine Locken. Diese Geste lenkte mich für einen kurzen Augenblick lang ab.

»Na schön, ich weiß noch nicht, wann ich nach Hause komme, könnte etwas später werden, Mom und Dad wollen noch etwas Geschäftliches mit mir besprechen«, Aiden wandte sich wieder zum Gehen.

»Nadja und Oliver wissen aber schon, dass heute Weihnachten ist?«, fragte Jona amüsiert, woraufhin Aiden sich noch einmal zu ihm umdrehte.

»Als ob deine Eltern anders wären«, konterte Aiden.

»Touché«, Jona verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.

»Also dann, wir sehen uns und pass auf Tony auf, sie ist betrunken«, Aiden warf mir einen letzten vernichtenden Blick über die Schulter zu. Ich erwiderte ihn.

»Klar, ich bring sie sicher nach Hause«, rief Jona ihm hinterher, ehe die Haustür hinter Aiden auch schon wieder ins Schloss fiel.

Nun war ich mit Jona alleine.

Noch immer standen wir vor seinem Auto und schwiegen uns an, bis er schließlich das Gesicht hob und mich ansah.

Mein Herz blieb kurz stehen.

Gott, ich liebte seine Augen, sie waren so wunderschön. Ich hätte mich für eine halbe Ewigkeit in ihnen verlieren können, hätte die goldenen Sprenkel betrachten können, die man nur erkennen konnte, wenn man genau hinsah....

Seit unserem letzten Gespräch an jenem Morgen, als ich Jona mit Valentina erwischt hatte, waren wir uns erfolgreich aus dem Weg gegangen.

Bis jetzt.

»Also dann, fahren wir«, Jona räusperte sich und setzte sich in Bewegung, um mir die Beifahrertür zu öffnen.

Ich brachte ein genuscheltes Dankeschön zustanden und ließ mich sogleich in den gepolsterten Ledersitz zurücksinken. Beinahe die gesamte Fahrt schwiegen wir uns an und es lag eine angespannte Stimmung in der Luft. Irgendetwas hatte sich verändert. Noch nie zuvor war es zwischen Jona und mir auf irgendeine Art und Weise seltsam gewesen. Wir waren immer auf einer Wellenlänge, verstanden uns blendend. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass er mir, als ich noch kleiner war, ein besserer Bruder gewesen war, als Aiden.

Doch jetzt war es anders.

Ahnte er womöglich etwas wegen meiner Gefühle für ihn? Hatte ich mich durch mein zickiges Verhalten verraten? Meine Güte, ich konnte nicht einen einzigen, klaren Gedanken fassen. Jona in diesem Auto so nahe zu sein, brachte mich beinahe um den Verstand. Ich musste sogar an mir halten, nicht alle paar Sekunden zu ihm rüber zu schauen.

Love me tomorrowWhere stories live. Discover now