Kapitel 12

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Wie erwartet hatte ich innerhalb einer Stunde gewaltig einen im Tee sitzen. Glücklicherweise war Milo an meiner Seite, der mich davon abhielt weitere Dummheiten zu begehen und mein Alkoholkonsum im Zaum hielt. So saß ich nun schon seit einer gefühlten Ewigkeiten neben ihm im Wohnzimmer und beobachtete die Gäste. Amüsiert fieberten sie auf das Ende des Jahres hin. Hier und da standen Grüppchen und unterhielten sich. Andere wiederum spielten am Esstisch Bierpong und weitere schienen einfach nur der Musik zu lauschen, die die Party mit Leben erfüllte. Unglaublich, dass mein Bruder und Jona so viele Leute kannten. Während die beiden wohl jede Menge Freunde und Bekannte besaßen, war der einzige Freund, den ich hatte, derjenige der neben mir saß und sich offenbar genauso unwohl in seiner Haut fühlte wie ich.

Da Milo ein sehr introvertierter Mensch war, mochte er Partys nicht besonders. Allerdings wollten wir Neujahr zusammen feiern, weshalb Milo sich von mir hatte breitschlagen lassen, zu kommen.

»Was hältst du davon, wenn wir einfach nach oben gehen und uns einen Horrorfilm anschauen?«, fragte Milo schließlich.

»Das klingt ganz wundervoll«, pflichtete ich ihm bei und machte bereits Anstalten aufzustehen, als uns jemand zurückhielt.

»Hey, habt ihr Lust mitzuspielen?«

Ich sah auf und blickte direkt in das Gesicht von Valentinas Freundin. Ich glaubte vorhin ihren Namen gehört zu haben. Sie hieß Eva. Eva besaß ebenfalls einen spanischen Akzent, wenngleich ihr Englisch um Welten besser war, als Valentinas, die nun neben ihrer Freundin stand uns mit einem freundlichen Lächeln bedachte. Dann gab sie Eva zu verstehen, dass sie gleich wieder hier wäre und lief in Richtung Küche davon. Grimmig sah ich ihr hinterher.

Verdammt. Diese Frau machte es einem aber auch nicht leicht sie zu hassen. Als wäre es nicht schon genug, dass sie wunderschön war, musste sie auch noch unglaublich nett sein. Welche Beziehung sie wohl zu Jona hatte? Schließlich wusste ich ja, dass Jona eine Frau niemals öfter als dreimal traf. Ob das womöglich schon ihr drittes Treffen war und Jona ihr danach den Laufpass geben würde? Plötzlich begann ich so etwas wie Mitleid mit ihr zu verspüren. Ob sie von dem Schicksal, das sie erwartete, wusste? Die Ärmste...

Mein Blick wanderte wieder zu Eva, um ihr zu antworten. Doch Eva schien ganz offensichtlich nicht mit mir zu sprechen, sondern viel mehr mit Milo. Sie schenkte ihm ein euphorisches Lächeln, während sie ihm einen fragenden Blick zuwarf. Oh ja, ich hatte Milos Wirkung auf Frauen fast vergessen. Sein gutes Aussehen zog das weibliche Geschlecht wie magisch an, wenngleich er dessen Reize nicht viel abgewinnen konnte. Milo schien Evas Flirtversuch ebenfalls nicht zu entgehen. Er errötete leicht.

»Ähm... Welches Spiel?«, stotterte er schließlich.

»Na Never Have I Ever. Das kennt ihr doch sicherlich, oder?«, Eva warf Milo einen aufgeregten Blick zu.

»Ich... Ich kenne dieses Spiel. Aber ich weiß nicht, das ist eigentlich nicht so mein Ding...«, gestand Milo.

»Ach kommt schon, wir sind auf einer Party. Stellt euch nicht so an«, Eva beschloss uns die Entscheidung abzunehmen und machte es sich neben Milo auf dem Sofa bequem. Sie rückte ihm ziemlich dicht auf die Pelle. Milo jedoch schien das gar nicht zu gefallen, denn er rutschte sogleich ein Stückchen weiter in meine Richtung. Obwohl mir Milo ein wenig leid tat, da er sich allem Anschein nach mehr als unwohl fühlte, konnte ich mir ein Lächeln über diese Komik der Situation nicht verkneifen. Dieses Lächeln sollte mir jedoch gleich wieder vergehen. Denn in dieser Sekunde kam Valentina zurück - mit Jona, Aiden und Olivia im Schlepptau.

Heilige Scheiße.

Zudem gesellten sich noch zwei andere Mädchen dazu, die ihrem Auftreten nach zu Urteilen zu Olivias Anhängerschaft gehörten. Allerdings waren es nicht Olivia und ihre Freundinnen, die mir Bauchschmerzen bereiteten. Nein, es war die Tatsache, dass mein Bruder und Jona ebenfalls mitzuspielen schienen. Das kam nicht gerade gelegen, nachdem ich vorhin mit beiden eine kleine Auseinandersetzung gehabt hatte. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, war ich natürlich betrunken. Wenn das nicht perfekte Voraussetzungen für ein Trinkspiel waren...

Love me tomorrowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt