(45) Öl ins Feuer

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Mit aufgeregten Fingern entschied ich mich für ein kältetaugliches Pullover Kleid und eine schwarze Leggins. Hektik.

Stopp. Immer mit der Ruhe, Nora,
kaum gedacht, klopfte mein Herz wie verrückt.

Insgeheim lag da eine gewisse Vorfreude in der Luft. Das verbotene Gefühl mit Aiden irgendwo allein zu sein. Ich konnte es nicht abschütteln.
Es reizte mich.

Nein. Tut es nicht, log mein Kopf.

Aiden. Gestern war er mir sehr nahe gekommen.

Die Erinnerung an letzte Nacht machte mich plötzlich schwummrig. Die Vorstellung unseres Kusses - Nein, die bloße Einbildung dessen, brachte mich immer noch komplett durcheinander.
Doch es vertrieb die Vorfreude und die Neugier auf das Ungewisse nicht und das, was heute auf mich zukommen würde.

𖥸

»Guten Morgen, oder sollte ich eher sagen, guten Mittag? Es ist schon ziemlich spät,« Aiden eröffnete die Unterhaltung mit einem Gesicht, welches vor Belustigung nur so glänzte.

Aus seinem Lächeln drang der Qualm einer Zigarette. Es erinnerte mich an das Gesicht eines Drachens.

»Du scheinst wohl ein Langschläfer zu sein,« liebzüngelte die zahme Echse.

Sehr witzig.

Am liebsten hätte ich der Grinsebacke sofort eine Lektion erteilt und ihm eine Predigt im Sinne von „Du-hast-das-alles-geplant", oder „Du-führst-ein-unfaires-Spiel" gehalten.

Doch ich hielt mein schnippisches Mundwerk in Zügeln, denn ich durfte nicht vergessen, dass immer noch ein unbekannter Trip vor mir lag.

Und noch weitaus wichtiger war:
Aiden war nichts anderes als der Reiseführer.

Der letzte Rest der naiven Vorfreude verwandelte sich in einen flauen Magen. Das alles hier, ist der Erlös einer Wette. Nichts weiter.

Auch die letzte Stufe meines Weges trottete ich nach unten, wohlwissend, dass dies der erste Schritt in ein neues Abenteuer sein würde.

Noch immer lehnte Aiden mit dem Rücken an seinem Fahrzeug. Den Rest seines qualmenden Krebsmachers hatte er mit dem Fuß aus getreten.

Jetzt verschränkte er die Arme ineinander. Fast sah er aus, wie ein herkömmlicher Typ, der seine Freundin zu einem aufregenden Wochenendtrip entführen wollte.

Obwohl, das stimmt nicht ganz. Viel mehr sieht er aus wie einer dieser „Bad-Boy-Typen", die es schaffen an einem Wochenende mehrere Mädels gleichzeitig auszuführen...

Mein inneres Ich schob sich plötzlich dazwischen: Niemals werde ich ihm verfallen! Lieber hacke ich mir vorher ein Bein ab!

Klar, Aiden sah herzzerreißend gut aus.
Im Hinblick seines Outfits, trug er heute eine dunkelblaue Bomberjacke und ein helles T-Shirt, welches sich nahezu perfekt an seine darunterliegende Figur zu schmiegen schien. Es zeichnete sich hervorragend ab.

Sofort lenkte ich meine neugierigen Pupillen in den Hintergrund. Denn ich wusste, wie er bereits auch schon erwähnt hatte: sein attraktives Äußeres war nur eine Hülle.

Er war kein gewöhnlicher und harmloser Macho, den man Hin und Wieder zurechtstauchen konnte. Sondern ich hatte es sogar mit etwas weitaus Ambitionierteren als einem Draufgänger zu tun.

»Nora, - Du starrst,« holte der Dämon mich aus meiner Vertiefung.

Eine Strähne schwarzen Haares fiel dem Dämon ins Gesicht, während er amüsiert über mein Auftreten, makellose Zähne zeigte. Ein Lächeln, welches dem eines Stars würdig wäre.

»Dir gefällt mein Outfit. Ich wusste es. Die Sachen hatte ich noch im Dodge,« er zwinkerte.

Überheblich, aber irgendwie auch sexy.

»Abgehoben wie immer,« zischte ich stattdessen und überspielte damit die heißen Gedanken.

»Und du so liebevoll wie immer. Aber ich muss sagen... Du siehst auch echt... ausgeschlafen aus, ein total ungewohnter Anblick.«

Es tauchte uns in Stille.

»Nein wirklich, du siehst klasse aus. „Ausgeschlafen" steht dir unglaublich gut.«

»Danke...« Doch ohne etwas dagegen tun zu können, entfachte es meinen Puls.

Unausweichlich drängten sich Bilder seiner weichen Lippen vor mein geistiges Auge. Sie lagen auf Meinen lagen und ich spürte, wie sie mich liebevoll berührten.
Ein Film, welcher sich hinter meinen Lidern projizierte. Mit meinem geistigen Hammer schlug ich jedoch zu und zerstöre das Abbild. Augenblicklich stoppte die mentale Vorstellung und Herzschlag beruhigte sich.

Nein. Niemals.
So ein Kuss durfte niemals Wirklichkeit werden. Nie. Nie. Nie.

Wichtiger war es einen kühlen Kopf zu bewahren.

Er ist immer noch ein Dämon. - Ein Dämon, dem ich besser nicht traute.

Ausgiebig inspizierte ich nun die Rosthaube des alten Dodge Challenger und hoffte auf die Verflüssigung des Silbers. Ich wollte darin verschwinden.

Nein. Cool. Bleiben. »Du bist eine Wette eingegangen, von der du wusstest, dass du sie gewinnen würdest,« und ich sprach es einfach aus, »...und hast mich dabei voll über den Tisch gezogen, wenn du mich fragst.«

Wörtliches Öl ins Feuer.

Die Frage, woher er sein Wissen genommen hatte, unterließ ich, denn er würde mir sowieso keine konkrete Antwort hierauf geben.

»Hört sich mies an, wenn man es so ausdrückt,« belächelte Aiden nur.

Mehr hatte er anscheinend nicht zu sagen.

Das Echo seiner Stimme rumorte allerdings mehrmals durch die Hallen meines Verstandes.

Meine Handflächen begannen plötzlich zu kribbeln. Am liebsten würde ich ihm jetzt eine verpassen.
Doch dann gewann ein neuer Gedanke die Überhand: Halt - Spiel sein Spielchen mit, um ihn zu schlagen!

Wütendes Eisen wurde schlagartig kalt.

»Wo müssen wir hin?« wechselte ich nun das Thema und schwang mich inmitten der Sekunde, in den eingesessenen Beifahrersitz.

Die Historie auf vier Rädern quiekte unter dem Einfluss meines Gewichts.

Aiden hockte sich hinter das Lenkrad. »Es gibt da einen Ort,-« plötzlich wurde seine Stimme leiser während er aus der Frontscheibe blickte. Es war wie als könnte er es bildlich schon vor Augen sehen: »-Vielleicht wird es sehr unangenehm werden und dunkel, aber sie können dir dort Antworten auf deine Fragen liefern.«

Unbehagen schlich sich in die Enge des Fahrzeuges und ließ mich seinem Ausschweife ins Leere folgen. Auch in diesem Augenblick entschied ich mich dazu nicht weiter nachzuhaken. So oder so, hatte ich mich zu dieser Reise „verpflichtet".

Die Wette war ohnehin verloren.

Die Ruhe legte sich, als Aiden plötzlich gegen das Radio klopfte, bis dieses ansprang.
Kurz darauf ertönte direkt ein Popsong aus den 80ern. Der Oldie Liebhaber lächelte über diesen Segen und drehte den Lautstärkeregler nach rechts.

Behutsam strich er über das Armaturenbrett, »Doch nun sind wir beide hier. In dem wahrscheinlich schönsten Auto der Welt.«

»-Und vielleicht sind wir gar nicht in deinem Auto, sondern auf den Bahamas,« murmelte ich in einem genervten Ton.

»Wie bitte? Imitierst du jetzt Manuel Neuer?« Sein schallendes Lachen erfüllte nun den ganzen Wagen.

Mit Überraschen stellte ich fest, dass er sich über einen Scherz ausließ, welcher eigentlich gar keiner sein sollte. Doch es steckte an.

Nachdem ich mit einstimmte, zündete Aiden den Motor und wir brausten los in unbekanntes Terrain, ins mysteriöse Ungewisse.

Beautiful NightmaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt