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Gerade als David die letzten Stufen erklomm und mein Herz einen Satz machte, rief ich schnell: „Komm rein."
Gleichzeitig wandte ich mich um, hechtete in die Küche und ging ans Handy. „He-eey du!" Hörte ich Vincent rufen. Es war laut, da wo er war. Dabei war es doch gerade mal acht.
„Vini?" Fragte ich. Ein Grunzen war seine Antwort. „I- ich maa-g den Naa-men nich!" Erklärte er. „Bist du betrunken?" Fragte ich verwirrt. Das Vincent nicht einfach war im Moment hatte selbst ich geschnallt, doch ich hatte nicht geglaubt, dass er so betrunken war. Vielleicht war ich etwas naiv gewesen. Immerhin war er ja schon Sechszehn.
David kam in die Küche, interessiert blickte er sich um. Immer wieder huschte sein Blick irritiert zu mir.
„Wo bist du? Soll ich dich abholen? Vini?" Meine Stimme brach. Ich räusperte mich. Schnell bedeutete ich David sich zu setzen und lächelte ihm kurz zu. „Gib mir einen Moment, bitte!" Flüsterte ich und hielt den Hörer zu. Damit David nicht durch mein Telefonat gestört wurde oder eigentlich damit er nichts davon mitbekam trat ich die Stufe hinauf, hinaus auf die Terrasse.
„Nein! Mi-ir geht es blee-ndend!" Rief er. „Waa-rte. Bist... Bist du hi-ier?" Rief er freudig. „Ja. Eigentlich wollte ich dir heute beim Essen sagen, dass ich wieder hier wohne." Brachte ich raus. „Heute ist der zehnte." Fügte ich hinzu. Doch er sagte nichts dazu.
„La-ass uns fei-iern. Ich bin im Traff-fic. Die Pa-arty ist der Ha-ammer." Ich nickte. Verdammt, David saß da drin und wartete. „Ich bin in einer Stunde da. Warte auf mich." Erklärte ich. Ein Grölen war in der Leitung zuhören und Vincent war weg.
„Mist!" Fluchte ich, legte auf und ging zurück in die Küche. „Ist alles in Ordnung?" Fragte David und schien wirklich besorgt. „Ich muss nochmal schnell weg, lass uns die Sachen schnell durchgehen." Meine Gedanken waren aber nicht bei der Sache.
„Wenn das dringend ist, dann machen wir das später. Ich will dir nicht zur Last fallen." Plötzlich wirkte David steif. Er erhob sich. „Das ist es nicht. Es geht um meinen Bruder. Er ist seit einer Woche nicht nachhause gekommen und er ist gerade sechzehn. Eben ruft er an und ist völlig betrunken. Ich mach mir Sorgen. Ich will ihn einfach schnell einsammeln." David nickte.
„Ich fahre dich. Weißt du, wo er ist?" Ich nickte. „Eigentlich nicht. Er ist im Traffic, sagt das dir was?" Er lächelte.
„Ja. Du kommst wohl nicht von hier?" Ich lächelte. „Ich bin letzte Woche wieder hergezogen. Vorher hatte ich in Frankfurt studiert. Aber ich bin hier aufgewachsen." Schnell schloss ich die Tür. „Ich ziehe mich schnell um."
Zwar wollte ich nicht feiern gehen, doch ich glaubte nicht dass ich mit der Jeans und der schlichten Bluse reingelassen wurde. Ich wusste nicht, wie das in diesem Club war. Ich griff nach der schwarzen Hose in Lederoptik, die ich immer anzog, wenn ich wegging. Sie passte sich perfekt an und war trotzdem bequem. Darüber zog ich eine rote Bluse. Sie bestand aus einem Blickdichten unterteil und einem weitfließenden Oberteil. Die Ärmel waren ebenfalls aus dem Blickdurchlässigen Stoff und eingeritzt, so dass nur an den Ellenbogen ein kleiner Mettallring die Ärmel verband.
Mit einigen wenigen Handgriffen schminkte ich mich noch. Ein Liedstrich und ein wenig Lippenstift. Keine zehn Minuten später stand ich im Flur. „Gut, lass uns los." David starrte mich kurz an. Er sah in seinem Anzug aus, als wäre er immer bereit für eine Feier. Natürlich sah er immer perfekt aus.
„Ja gut." Ich ging an ihm vorbei, griff nach meiner Strickjacke und öffnete die Tür. Mit meiner Tasche ging ich hinaus und wartete dass David mir folgte.
Zusammen gingen wir die Treppen eilig hinunter. Allerdings rannten wir nicht. David wandte sich vor der Tür direkt nach links. Ich folgte ihm. Wir blieben vor einem dunklen Wagen stehen. „Ein Porsche?" Fragte ich und blickte ihn an. „Angeber." Fügte ich hinzu. Ein Carrera wollte mein Vater sich auch kaufen. Damals hatte ich ihm dasselbe gesagt.
„Beschwerst du dich gerade?" Fragte er lächelnd. „Nein, das würde ich nicht wagen." Antwortete ich breit grinsend.
David öffnete mir die Tür und wartete bis ich eingestiegen war. Kurz bevor ich mich auf den Sitz zog sah ich ihn an. Er war mir erstaunlich nah, plötzlich. Ich konnte seinen Duft einatmen. Etwas perplex sah ich zu ihm auf. Blickte in seine tiefen Augen und schluckte. Ich sollte mich echt ein wenig im Griff haben.
„Danke." Flüsterte ich. Ich hoffte sehr er verstand, dass dieser Dank nicht nur für das Aufhalten der Tür war. Es war auch dafür, dass es ihm nichts ausmachte mich zu fahren. Vielleicht sogar dafür, dass ich nicht alleine war. Er lächelte mir zu, in seinen Augen das kleine Funkeln. „Sehr gerne."

***

„Bienchen." Hauchte David leise und grinste. „Das passt nicht zu dir." Fügte er hinzu. „Passt Hummelchen besser?" Fragte ich im Scherz, doch ich wartete gespannt auf seine Antwort.
„Nein." Sagte er und lächelte. „Das passt ganz und gar nicht." Hauchte er.
Er war mir so nah, dass ich an nichts mehr denken konnte. Er trug einen Anzug, doch schon am frühen Abend hatte er das Jackett ausgezogen. Das weiße Hemd hatte er an den Armen hochgekrempelt.
Seine Hand legte sich an meine Hüfte. Und die Stelle begann sofort zu kribbeln. Jede Stelle meines Körpers begann sofort zu kribbeln.
Plötzlich blickte er auf. Suchend sah er sich um. „Weißt du wo die Anderen hin sind?" Fragte er und ich schüttelte den Kopf. „Und was machen wir jetzt?" Darauf wusste ich keine Antwort. Ratlos zuckte ich mit den Schultern. „Dann sind wir nur noch zu zweit." Ich wüsste nicht, was daran so schlimm wäre.

***

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