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Ich starrte an die Decke. Selly schnarchte neben mir schon. So laut wie ein Braunbär. Murrend zog ich mein Kissen über die Ohren und versuchte wenigstens eine Mütze Schlaf zu bekommen.
Morgen würde Selly wieder nachhause fahren, da ihr Vater am Wochenende Geburtstag hatte. Wir hatten schon besprochen, dass ich nachkommen würde. Doch Selly musste helfen. Ich liebte die Familienfeste von ihr. Im Garten wurden immer große Zelte aufgebaut und alle kamen. Es war immer gute Stimmung.
Wenn ich mich mit meiner Familie traf, was ich die nächsten Tage unbedingt musste, war die Stimmung alles anderes als gut. Meine Eltern versuchten Gründe zu finden, warum ich nicht so perfekt war, wie sie gerne hätten. Meist schoben sie es auf meinen Umgang. Dann wurde gegessen, dabei wurde nicht viel gesprochen. Meist kam Vincent zu spät, weshalb das gesamte Essen in einem großen Chaos endete. So wie jedes Mal.
Dann machte meine Mutter ihm Vorwürfe, warum er nicht ein bisschen so sein konnte wie Tobi. Und ich, ich verzog mich, weil ich keine Lust hatte auf den Stress. Abends schrieb ich Vincent eine Nachricht, fragte ob alles klar war und versuchte schnell zu vergessen, dass dieser Tag passiert war.
Vicky ging dabei immer völlig unter, weil sie schweigend, mit gesenktem Kopf am Tisch saß und so tat, als wäre sie nicht da. Dabei war sie da. Und das wäre eigentlich der beste aller Gründe um sich nicht wie kleine Kinder zu benehmen. Schon erschreckend, das das einzige kleine Kind sich erwachsener benahm als alle erwachsenen im Raum.
Die Decke blieb dunkel und half mir doch nicht beim Einschlafen. Und auch Sellys Grunzen half nicht. Genervt erhob ich mich und schlenderte in die Küche. Dort griff ich nach meinem Laptop und fuhr ihn leise summend hoch. Vielleicht suchte ich einfach nach einem Job.
Während er hochfuhr, setzte ich mir noch schnell den Wasserkocher auf und schmiss mir einen Teebeutel in meine XXL- Tasse. Ich hatte sie von Selly geschenkt bekommen. Auf ihr stand groß Biene Maja und daneben grinste mich die Biene frech an. Ich hatte überlegt, dass ich Selly sagen sollte, dass ich Biene Maja ziemlich nervig fand. Das freudige Geschreie und diese hysterische Stimme. Allerdings freute sie sich immer so und diese Freude wollte ich ihr nicht nehmen.
Mit einer großen Tasse Heiße Liebe setzte ich mich an den Tisch und umklammerte die dampfende Tasse.
Erst jetzt erschien der Bildschirm mit der Passwortabfrage. Hastig tippte ich das kurze Passwort ein und stellte zufrieden fest, dass es stimmte. Absurd. Denn ich wusste ziemlich sicher das es stimmte. Aber jedes Mal aufs neue fieberte ich regelrecht mit.
Erst jetzt überlegte ich, was ich eigentlich machen wollte. Es war kurz vor halb eins und noch immer hatte ich keine Lust darauf meine Bewerbung fertig zu machen. Ich hatte eigentlich keine Lust mir einen Job zu suchen. Dabei wusste ich wie wichtig es war. Man bekam halt nicht immer was man wollte.
Ein Signalton verkündete mir, dass ich drei neue E-Mails erhalten hatte. Ziemlich sicher, dass es sich dabei um Werbung handeln würde öffnete ich mein Mailprogramm und überflog die Seite.
Die erste Mail allerdings war keine Werbung, sondern eine Antwort auf eine Bewerbung. Schnell klickte ich sie an.
„Sehr geehrte Frau Seifert..." Las ich murmelnd vor. „...Donnerstag um 11 Uhr... Vorstellungsgespräch... Würden uns sehr freuen..." Leise kicherte ich. Schnell schrieb ich mir die Daten auf ein Zettel und ebenfalls die Adresse. Vielleicht musste ich ja doch keine weitere Bewerbung abschicken. Das wäre natürlich toll.
Die zweite Mail gratulierte mir zu meinem Millionen Euro Gewinn von einem Ausschreiben an dem ich nie teilgenommen hatte. Sofort löschte ich sie. Wozu war überhaupt ein Spam-Ordner da?
Als ich die dritte Mail sah, rutschte mir mein Herz in die Hose. Ich stellte vorsichtig die Tasse ab, die ich vorher noch in einer Hand gehalten hatte und klickte auf die Mail, dessen Absender David Clark war.

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