Collide

By Jean_Marauder

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»James sah mich an und erwiderte langsam: "Ich glaube, dir macht einfach der Gedanke Angst, von jemandem so s... More

Zurück nach Hogwarts
Im Zug
Frühstück
Die Heulende Hütte
Allein
Jede Menge Einsichten
Zusammen mit meinen Freundinnen
Eifersucht
Auf dem Flur
Am See
Mary in Not
Nachsitzen für Streber
Versöhnung
In der Bibliothek
Halloween
Neuer bester Freund
SPECIAL
Geheimnisse
Recherche
Geburtstagsüberraschung
Schneeliebe
SPECIAL
Schneeballschlacht im Mondschein
Das Gute in Remus
Literaturgespräche
SPECIAL
Berufsberatungen
Wintermärchen
Briefe aus Cokeworth
SPECIAL
Revolution im Hogwarts Express
Schwiegertochter gesucht
HARRY POTTER TAG
Weihnachten bei den Potters
Das Muttersöhnchen
Küsse und Kuchen
Lilien für Lily
Wasser für die Seele
Team = Toll Ein Anderer Machts
Hogsmeade
Aprilwetter
Wohin?
Dr. Mary MacDonald
Die schlimmste Erinnerung
Laute Stimmen
Wörterbuch für die Liebe gesucht!
Im Krankenflügel
Trauerreden
DANKSAGUNG

SPECIAL

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By Jean_Marauder

DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE


Merlin, "Collide" hat die 10k geknackt!!! Das ist einfach unglaublich!!!

Und ohne eure Unterstützung wäre es gar nicht möglich gewesen. Ich möchte mich jetzt bei jedem einzelnen Leser bedanken, der je auf ein Kapitel geklickt hat.

Ganz besonders aber bei denjenigen, die mir mit ihren lieben Kommentaren und ihren zahlreichen Votes Mut machen:

karikirikari

hinny_jily

Honigbiene

Susanna-Rose

aubergine14

Woelkchen02

lilyxjamesforever

Time_Traveling_Girl

Smaug67

Muffin537q


LisaFranziKast

Arvinchen-112003

Miri_Sa

sweet_lady17

Mondangel

LilyEvans1960

fridaythefirst

linaxoxx

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rxmtreiber_lily

LiHoPi

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panschowelt1

Momofelton

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BabyTirwin99

maraoderso

green-ninja

LivSilber14

Adelinum

LilanaxD

Mimichan15

Sternenrose

xadorableannie

(Die Reihenfolge hat nichts zu bedeuten! Das hübsche, zusammengemixte Bild oben ist von  xDreamingFirex ... DANKE!!! Ich finde die beiden allein optisch so süß zusammen...:***)

Ich hoffe von ganzem Herzen, niemanden vergessen zu haben. Aber wie ihr seht, verdanke ich es ziemlich vielen Leuten, dass ich es mit Lilys und James' Geschichte so weit geschafft zu haben. Ernsthaft, 10k Reads!!! Am 1. Januar 2016 habe ich das erste Kapitel hochgeladen, damals hätte ich wohl kaum gedacht, dass ich bis zum Juli fast 50 Kapitel schreiben würde.

Und ich wäre ohne euch immer noch am Anfang des Kapitels.

Ganz besonders muss ich an dieser Stelle Honigbiene erwähnen, weil sie mir in meinen faulen Hintern getreten hat, da ich im März echt inaktiv war...Ohne sie wäre ich noch immer bei Kapitel 5!

Aber auch alle anderen, die so ziemlich von Anfang an dabei waren, sollen sich angesprochen fühlen.

Danke, dass ihr mich bis hierhin begleitet habt.

Dafür gibt es natürlich auch ein Mega-Special! :D Da ich das Gefühl habe, dass sehr viele Mary und Sirius zusammen mögen, habe ich hier etwas ganz besonderes für euch...

______________________________________________________

(Der Song passt ganz gut zu Sirius' Gedanken, genau wie das Musikvideo zu seinen Sehnsüchten. Ich habe es die ganze Zeit beim Schreiben dieses Kapitels gehört)

"The ones who love us never really leave us, you can always find them in here."

13. Juni 1975

Es gab so viele erste Male im Leben.

Erstes Mal aufwachen ohne Mary. Erstes Mal durch den Gemeinschaftsraum gehen ohne Mary. Erstes Mal in der Großen Halle frühstücken ohne Mary. Erstes Mal sich im Unterricht langweilen ohne Mary. Erstes Mal zu Bett gehen ohne Mary. Erstes Mal einen Witz erzählen, ohne Marys Lachen zu hören. Erstes Mal aus Trauer um ihren Verlust weinen, ohne Marys tröstende Hand auf meiner Schulter zu spüren. Erstes Mal Marys Foto angucken und zu wissen, dass sie nicht mehr da ist.

Verdammt.

Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Rasch stellte ich den Bilderrahmen zurück an seinen Platz, jedoch so fest, dass der kleine Tisch wackelte. Aufgelöst fuhr ich mir über das Gesicht, um meine nassen Wangen zu verbergen. Es tat so weh, dass sie nicht mehr da war. Dass sie mich verlassen hatte. Dass ich sie nie wieder sehen würde.

Allein der Gedanke hinterließ eine klaffende Wunde in meinem Herzen. Ich wollte meine Mary zurück. Ich wollte nicht ohne sie leben.

Vielleicht war das ja Liebe. Jemanden so sehr zu lieben, dass er wichtiger wird als man selber. Jemandem so viel Bedeutung zu geben, dass ein Leben ohne ihn kaum noch vorstellbar ist.


13. Juni 1976

Ein Jahr.

Ein Jahr war vergangen, seit Mary gestorben war.

Ein Jahr, in dem ich mich verzweifelt darum bemüht habe, mein Leben wieder zu ordnen.

Ein ganzes verdammtes Jahr ohne Mary. Und kein einziger Tag, an dem ich sie nicht vermisst habe.

Ich habe versucht, für uns beide zu leben. Das tat ich noch immer. Statt weinend wie ein Trauerkloß auf meinem Bett zu sitzen, verbrachte in Marys Todestag in Irland. Mary hätte es so gewollt. Sie hätte gewollt, dass ich weitermachte. Ich hatte mir von Dumbledore eine Freistellung geben lassen und war Seite an Seite mit Lily zu den Cliffs of Moher appariert.

Es war noch ganz früh am Morgen. Wir hatten uns fest vorgenommen, den ganzen Tag mit Mary zu verbringen.

Sie war so allgegenwärtig. Vor einem Jahr, als der Schmerz noch frisch gewesen war, hatte ich fest geglaubt, sie nie wiederzusehen. Damals hatte ich gar nicht wissen können, wie falsch ich doch lag.

Mary war immer bei mir, die ganze Zeit.

Ich sah sie überall. In jedem Grashalm auf der Wiese, jedem Sonnenstrahl der sich seinen Weg durch die dunkle Scheibe unseres Schlafsaals bahnte, jeder Wolke am Himmel über den Ländereien von Hogwarts, jedem Regentropfen am Fenster im Gemeinschaftsraum, jeder Welle die ans Ufer des Schwarzen Sees schwappte.

Mary war das Gute in jedem Menschen. Zumindest für mich. Ich erkannte sie überall wieder.

Nicht, dass es deshalb weniger schmerzte.

Nein.

Eigentlich machte es die Sache fast noch schlimmer. Es war kein Trost, sondern eine Erinnerung. Eine Erinnerung daran, dass sie mir grausam entrissen worden war. Eine Erinnerung an das Leben, das wir zusammen hätten führen können.

Meine Hände in den Taschen vergraben, blickte ich hinaus auf das Meer. Es war stürmisch, stürmisch wie Mary wenn sie wütend war. Es war sanft, sanft wie der liebevolle Ausdruck in Marys rehbraunen Augen.

"Wieso Irland? Wieso die Cliffs of Moher?", fragte Lily vorsichtig lächelnd.

Mit Mary hatte ich hier herkommen wollen. Sie hatte mir davon erzählt. Sie hatte mir gesagt, dies sei für sie der romantischte Ort der Welt. Damals hatte ich es nicht ganz verstanden. Damals. Vor etwas mehr als 12 Monaten. Ich hatte nicht begriffen, wieso sie den Klippen eine so große Bedeutung zumaß, obwohl sie nie selbst da gewesen war. Jetzt wusste ich, wie das gemeint gewesen war. Die Klippen waren für sie ein Traum gewesen, eine Vorstellung, der sie sich hingab, an die sie sich klammern konnte. Und das hatte sie gewusst. Ihr hatte es ausgereicht, von den Klippen zu träumen.

Doch nun war ich hier.

Ich war gekommen, um Mary die Klippen zu zeigen.

Mary hatte mir erzählt, dass sie eine Großtante hatte, die in Irland wohnte. Großtante Grace. Sie hatte Grace unbedingt mal besuchen wollen. Gemeinsam hatten wir kichernd überlegt, ob wohl auch etwas Irisches in Mary steckte. Ihr Lachen war lauter und übermütig geworden, als ich einen irischen Akzent imitiert hatte.

Verdammt, ich vermisste ihr Lachen.

Manchmal hörte ich es im Wind oder im Rascheln der Blätter. Jeden Morgen klang Marys Lachen durch das Fenster zu mir herein, ich erkannte es im Zwitschern der Vögel.

Lily sah mich abwartend an.

"Weiß nicht", log ich und zuckte nur mit den Schultern. Das alles war zu persönlich, sogar für Lily. Sie verstand das offenbar, denn sie hakte nicht weiter nach und nickte lediglich.

Dann griff sie in meine Taschen und nahm meine Hand. Schweigend sahen wir auf das saftige, grüne Gras zu meinen Füßen, das mich an Marys Lächeln erinnerte. Wir lauschten den rauschenden Wellen, die wie Marys Stimme klangen.

In meinen Gedanken waren wir mit Mary da. Ich lebte für uns beide.


3. August 1979

"Und deshalb feiern wir heute die Hochzeit von Lily und James! Sie leben hoch!", sagte ich feierlich und hob mein Glas. Alle Gäste standen auf und applaudierten. Neben mir sah ich Mary, glücklich strahlend. Doch nur ich konnte sie sehen. Nur ich wusste, dass sie stolz auf mich war. Aber das genügte. Es reichte aus, um das Blut, das aus meinem Herzen floss, zu stoppen.

Es war keine Heilung, aber ein Anfang.

Ich fragte mich, ob ich je vollständig von Mary geheilt sein würde. Im nächsten Moment schoss mir durch den Kopf, dass man sich solche Fragen nicht auf einer Hochzeit stellen sollte. Daher setzte ich mein wohlwollendes Grinsen wieder auf und nahm einen kräftigen Schluck Sekt. Sehnsüchtig wanderten meine Gedanken zu dem Feuerwhiskey, der sich im Keller befand. James hatte gemeint, es sei noch zu früh für starken Alkohol. Ich hatte erwidert, dass es nie zu früh für starken Alkohol sein konnte.

Missmutig schenkte ich mir erneut nach. Nüchtern würde ich den Abend wohl kaum ertragen. Peters hoffnungsvolle Blicke in Richtung von der aufgetakelten Dorcas Meadowes waren erbämlich, ebenso wie ihre Blicke in meine Richtung. Und ich?

Ich sah zu Mary. Meine Augen waren gen Himmel gerichtet. Ich fragte mich, wo sie gerade war.

"Sirius!"

Die raue, sexy Stimme von Rosmerta erklang hinter mir. Eine Frauenhand mit langen, dünnen Fingern legte sich um meine Hüfte.

Okay, jetzt war der Fall klar. Wo war der Feuerwhiskey? Ich. Brauchte. Den. Verdammten. Alkohol.

"Sirius!"

Das war die vorwurfsvolle, belustigte Stimme von Mary. Der Wind trug sie zu mir und ich hörte, wie sie mir lächelnd sagte: "Lass deine Finger vom Alkohol, du hattest genug. Du brauchst das nicht, um glücklich zu sein, okay?"

"Okay", murmelte ich betäubt und ließ mein Glas sinken.

"Perfekt!", strahlte Rosmerta breit und zog mich auf die mittlerweile gut gefüllte Tanzfläche. Ihre spitzen, lackierten Fingernägel kratzten sich in meine Haut. Mary hatte Nagellack gehasst. Sie hatte immer gesagt, dass sie sich dann unwohl fühlte.

"Was?", fragte ich verwirrt und versuchte, ihren festen Griff abzuschütteln. "Süßer, wo bist du bloß mit deinen Gedanken?", schnurrte sie und umfasste meinen Hals mit beiden Händen. "Ich hab' dich gefragt, ob wir tanzen wollen!"

Mist. Ich war darum bemüht, nicht böse zu grummeln. "Eine Dame behandelt man mit Respekt!", hatte Mary einst in einem belehrendem Ton zu mir gesagt. Das Schimpfwort, das sie noch hinten rangehängt hatte, werde ich hier nicht zitieren. Das war gewesen, als ich ihr unerlaubt uter den Rock gefasst hatte.

"Lange ist es her, nicht wahr?", kicherte Rosmerta und wiegte ihre einladende hüfte im Takt der Musik hin- und her.

Ihre großen Brüste waren in dem engen Kleid hochgedrückt, ihre vollen Lippen in einem nuttigen Rot geschminkt. Es sah einfach nur künstlich und billig aus. Der Gedanke, dass James und ich einmal total scharf auf die junge Wirtin gewesen waren, kam mir nun so lächerlich vor.

Doch wenn Marys Lippen diese Farbe gehabt hätten, hätte es umwerfend ausgesehen! An Marys Lippen sah alles gut aus. Ich stellte mir vor, wie sie sich verführerisch auf die roten Lippen biss und mir unanständige Dinge ins Ohr flüsterte.

"Ich vermisse dich und James in Hogsmeade!", sagte Rosmerta gerade mit einem eingeschnappten Schmollmund. "Tut mir Leid", antwortete ich automatisch, die Stimme erfüllt von falscher Reue. "Vielleicht kommt ihr mich mal besuchen?", fragte sie sogleich und klimperte verführerisch mit ihren langen Wimpern.

Darauf erwiderte ich nichts.

Die Musik wurde schneller und Rosmerta presste ihren leicht bekleideten Körper dichter an meinen.

Sie hatte schon etwas an sich, was einen Mann verrückt machen konnte. Ich verstand, wieso so viele scharf auf sie waren.

Doch nach Mary fand ich keine Frau mehr so richtig attraktiv. Ich dachte an unsere letzte Nacht zurück und mir wurde plötzlich bewusst, dass es tatsächlich ihre letzte Nacht gewesen war. Und sie hatte sie mit mir verbracht. Diese Tatsache half mir dabei, Rosmertas Hände nicht unsanft wegzuschlagen.

Klar, sie war heiß. Aber auf eine billige, einseitige Weise.

Mary war in jeder Hinsicht attraktiv gewesen.

Sexy und süß, klug und naiv, lieb und böse, Engel und Teufel.

"Oh, Sirius", wisperte Rosmerta in mein Ohr, während ihre dünnen, langen Finger gierig suchend meinen Körper hinab wanderten. Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, es wären Marys zarte, vorsichtig tastende Finger.

Es war einfach unmöglich. Ich fühlte mich unwohl bei der Sache. Es war so, als würde ich Mary betrügen.

Mary ist tot! Ihr seid nicht mehr zusammen! Du kannst sie gar nicht betrügen!

Das klang einleuchtend, aber das Gefühl verschwand nicht. Es nagte an mir. Ich wünschte, ich könnte wie früher mit Rosmerta rummachen, obwohl sie mir nichts bedeutete. Sie war heiß, reichte das nicht? War das nicht Grund genug?

Nein, verdammte Scheiße.

Das war ja das Problem. Es reichte nicht mehr aus, dass ein Mädchen hübsch war, damit ich sie flachlegen wollte. Es ging allgemein nicht mehr ums flachlegen, es ging um so viel mehr als nur um bedeutungslosen Sex!

Ich konnte es nicht mehr. Ich konnte nicht mit der anziehenden, geilen Frau vor mir schlafen.

Nicht mehr. Nicht nach Mary.

Mary ist tot!

Nein. Nicht für mich.

"Erinnerst du dich noch an diesen einen Abend, als du dich mit James in die Drei Besen geschlichen hast und wir beide auf der Toilette-", redete Rosmerta weiter, während ihre Hände sich zielstrebig unter mein Hemd schoben.

Das war genug.

"Ich muss kurz frische Luft schnappen, okay?", sagte ich barsch und schob Rosmerta grob weg.

Draußen zündete ich mir eine Zigarette an und rauchte in Erinnerung schwelgend vor mich hin. Ich dachte an all die vergangenen Tage in Hogwarts. An James und Lily. An all unsere Abenteuer. An Mary.

Als ich wieder das Innere des Gebäudes betrat, hatte Rosmerta sich schon längst wieder an einen anderen rangeschmissen, der nicht so aussah, als ob er ihren verzweifelten Bemühungen widerstehen würde.


4. August 1979

Wortlos nahm ich den Kaffee entgegen und setzte mich an einen Tisch nahe des Fensters.

Mit einem leisen Stöhnen rieb ich mir den Kopf und trank einen großen Schluck. An die Hochzeit gestern hatte ich nicht mehr allzu viele Erinnerungen. Der Feuerwhiskey war noch zum Einsatz gekommen. Rosmerta hatte ihre zweite Wahl gevögelt. Alles war perfekt.

Ich fragte mich, ob es ein Fehler gewesen war, nicht mit ihr zu schlafen. Vielleicht hätte es mir ja geholfen, Mary zu vergessen.

Ja, vielleicht.

Egal wie verkatert, müde und missgelaunt ich aussah - die interessierten Blicke der vielen Frauen entgingen mir nicht. Sah ich so bedürftig aus, dass ich eine Fremde in einem Muggelcafè in London aufreißen würde? So früh am Morgen?

Wahrscheinlich schon. "Du bist in der Blütezeit deiner Jahre!", hätte Mary schmunzelnd gemeint. Gerne hätte ich die Worte wirklich aus ihrem Mund gehört. Mit einer gewissen Sehnsucht in den Augen blickte ich zu dem leeren Stuhl neben mir. Wir beide hätten so ein schönes Lerben haben können, erfüllt von Liebe, Lust und Leidenschaft, vollgestopft mit waghalsigen Abebteuern und jeder Menge Risiken.

Nur leider hatten die Lestrangebrüder das vor Jahren unmöglich gemacht.

Schweigend kühlte ich mir den Kopf und dachte daran, was ich am Morgen im Tagespropheten gesehen hatte. Viele Morde. An Bekannten, Freunden, Familienmitgliedern. Caradoc Dearborn war tot, genau wie Amanda O'Galley.

An fast allen waren die Lestranges beteiligt gewesen. Mein lautes, hasserfülltes Knurren ließ die extra langsam an meinem Tisch vorbei stöckelnde Blondine einen Hüpfer auf ihren High Heels machen.

Rache. Alles in mir verlangte Rache. Rache für Mary.

Ich dachte an Alice und Frank. Auch sie waren gestern Abend auf der Hochzeit gewesen. Natürlich. Sie beide hatten sich ihren Traum erfüllt und arbeiteten als Auroren, nebenbei erledigten sie Aufgaben für den Orden. Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen oder ärgern sollte, dass sie auf die Lestranges angesetzt worden waren. "Mach dir keine Gedanken", hatte Alice gestern Nacht zu mir gemeint. "Wir werden sie für das bezahlen lassen, was sie Mary angetan haben." Auch über den lauten Lärm waren ihre Worte deutlich verständlich gewesen.

Ich hatte es als Versprechen genommen.


Unbekannter Tag, unbekannter Monat, unbekanntes Jahr

In Askaban ging jedes Zeitgefühl verloren.

Stunden kamen mir wie Tage vor, Tage wie Jahre.

Es war kalt, so verdammt kalt. Mit einem klaren, wachen Blick starrte ich hinaus in die Dunkelheit. Ich konnte die Dementoren nicht sehen, sondern nur hören. Ihr lauter, rasselnder Atem begleitete mich Tag und Nacht.

Doch ich wurde nicht verrückt.

Mein Verstand arbeitete noch genauso schnell wie zuvor. Ich war unschuldig, das zu wissen genügte mir. Und die Gewissheit, dass Mary es wusste. Mary war schließlich bei mir. Immer.

Und Mary kannte mich. Mary wusste, dass ich nicht all diese Menschen getötet hatte. Mary kannte mich. Mary begleitete mich.

Ich war nicht allein in Askaban. Mary hielt meine Hand, die ganze Zeit. Mary sah mir zu, ununterbrochen. Das genügte, damit ich mich zusammenriss.

Schon merkwürdig, dass gerade der Gedanke an Mary mich wortwörtlich am Leben hielt, wo sie es doch nie in Askaban ausgehalten hätte und es zum Glück auch nie musste. Da, wo sie jetzt war, ging es ihr gut. Da war ich mir absolut sicher. Weil Mary das verdient hatte.


25. Juni 1995

Ich betrachtete den Pfirsich in meiner Hand. Er war klein und zart. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, ihn einfach zu zerquetschen. Ich stellte mir vor, wie der klebrige Saft meine Hand hinunter lief und auf die Fliesen in der Küche tropfte.

Mary hatte Pfirsiche gerne gegessen. Ich erinnerte mich noch, wie sie sich morgens in der Großen Halle haufenweise davon in ihren süßen Mund gestopft hatte.

Mit einem Seufzer ließ ich ihn zurück in die Obstschale auf dem Tisch wandern und trat an das Fenster des Grimmauldplatzes Nr. 12, der Morgen war bereits angebrochen.

Es war ein blutiger Morgen.

Cedric Diggory war gestern Nacht gestorben. Ein weiterer Mord an einem unschuldigen Schüler in Hogwarts. War ja nicht das erste Mal.

Verbittert dachte ich an eine längst vergangene Zeit, in der Voldemort schon einmal die Macht an sich gerissen hatte und eine junge, mutige Frau sterben musste.

Es war ein weiteres Mal geschehen.

Mit einem Schniefen blinzelte ich die Wuttränen weg und ging mit schnellen Schritten aus der Küche. Marys Tod holte mich wieder ein, alles schien sich zu wiederholen. Dabei war ihr Todestag noch gar nicht so lange her.

Verdammt.

Sie war jetzt zwanzig Jahre tot.

Zwanzig Jahre.

Wie immer hatte ich am 13. Juni etwas unternommen. Dieses Jahr war ich auf ein Konzert gegangen, in einer riesigen Muggelhalle waren tausende schwitzende Körper auf- und abgesprungen. Es war eine interessante Erfahrung gewesen, doch ich wusste, dass Mary lieber Konzerte in kleinen Clubs gemocht hätte. Ein gemütlicher, winziger Raum mit höchstens 200 Leuten. Das hätte ihr besser gefallen. Ich nahm mir vor, genau das nächstes Jahr für uns zu machen.

Ich hatte Cedric Diggory nicht gekannt, aber ich wusste, dass er das nicht verdient hatte. Genau wie Mary damals.

In meiner Vorstellung war sie nie gealtert. Wenn ich an sie dachte, sah ich sie noch immer als fröhliche 15-Jährige mit Idealen und Träumen. Vielleicht war das auch der Grund, warum ich zumindest geistig nie erwachsen geworden war.

Wie oft hatte ich mir anhören müssen, noch immer ein alberner Kindskopf zu sein.

Wie oft hatte man mir gesagt, ich könne keine Verantwortung übernehmen.

Wie oft hatte ich selber gemerkt, dass mir genau wie früher kein Risikio zu waghalsig war.

Ich nahm das alles als Kompliment. Mary war die Gleiche geblieben, zumindest in meinem Kopf, also durfte ich mich auch nicht verändern.

Voldemort war zurück, Harry war in Gefahr. Und ich konnte an nichts anderes denken, als an eine Frau, die vor über 20 Jahren gestorben war.

Nun, mit 36 Jahren, dachte ich ein wenig anders über die Liebe als damals mit 16 Jahren.

Ich wusste nun, dass wahre Liebe bedeutete, niemals loslassen zu können. Wahre Liebe verfolgt dich dein Leben lang. Wenn du Glück hast, findest du irgendwann wieder jemanden, der dieser alten Person gleichwertig ist. Wenn du Pech hast, sitzt du als Fast-Vierzigjähriger einsam in deinem riesigen, verhassten Anwesen und bist ein zu Unrecht verfolgter Straftäter.


13. Juni 1996

Aus dem Konzert in dem kleinen Club wurde nichts. Nein. Mein Patensohn brauchte mich. Voldemort war auf dem Vormarsch und es gab keine Zeit für Konzerte. Allgemein schien der Spaß sich aus dem Leben der Menschen verpisst zu haben, besonders aus meinem.

Ich war so frustriert gewesen, Marys Todestag im alten Haus der Familie Black verbringen zu müssen und nicht raus zu dürfen. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Auf Dumbledores unwirsche Frage, wohin bei Merlins Bart ich denn heute wollte, hätte ich wohl kaum antworten können: "Ach, ich will nur zu einem Konzert und einem Mädchen hinterher trauern, das vor über 20 Jahren gestorben ist!"

Daher stieg fast so etwas wie Freude auf, als ich ins Ministerium gerufen wurde. Klar, das war falsch. Harry war in Gefahr. Mary hätte Harry geliebt, da war ich mir sicher. Wir hätten ihn nach Lilys und James' Tod bei uns aufnehmen können, wie eine richtige Familie. Wir hätten eigene Kinder bekommen können.

Doch dank den Lestrange-Brüdern, Peter und Voldemort war es nie dazu gekommen.

Ich kämpfte. Ich kämpfte und versuchte, Mary aus meinen Gedanken zu verbannen. Ich kämpfte für Mary. Eigentlich tat ich alles für sie, nicht wahr? Ich kam morgens überhaupt nur aus dem Bett für Mary. Und für Harry, versteht sich.

Ich kämpfte. Wenn man kämpfte, ging man das Risiko ein, zu verlieren. So lief das nun einmal. Ich kannte mich da ziemlich gut aus, Risiko war mein zweiter Vorname.

"Avada Kedavra!"

So lief das, nicht wahr? So spielte man. Jeder verlor einmal. Heute war es an mir, zu verlieren.

Mein Zauberstab fiel mir aus der Hand, ohne dass ich es wollte. Langsam merkte ich, wie ich nach hinten kippte. Harrys fassungslosen Blick nahm ich nur noch verschwommen war. Ich war dabei, auf die andere Seite hinüberzugleiten.

Ein Teil von mir sagte, dass ich nicht gehen konnte. Ich musste bei Harry bleiben, ihn beschützen!

Doch ein anderer, größerer Teil wusste, dass es vorbei war. Es war sinnlos. Meine Zeit war gekommen. Weder Harry, noch ich konnte etwas dagegen tun.

Ich fiel. Alles drehte sich. Mit dem Gesicht ins saftige Gras gedrückt landete ich auf der anderen Seite.

Wie betäubt stand ich auf.

Und ich sah sie.

Ich sah endlich Mary wieder. Meine Mary.

Zwanzig Jahre hatte ich darauf gewartet.

Keine Worte beschrieben das explodierende Glück, als ich sie in eine feste Umarmung zog.

Sie war noch genauso jung und schön wie damals. Ich sah an mir herab. Auch ich war wieder jünger, all die Spuren des Alters waren verwischt.

Voreinander standen nun sich innig liebende 16-Jährige.

Mary lächelte mich an.

"Sirius."

Ihre göttliche Engelsstimme wehte zu mir herüber, ohne dass sie ihren wunderschönen Mund bewegte.

"Ich war da. Die ganze Zeit."

"Ich weiß", brachte ich nur hervor und griff nach ihrer zarten Hand.

Meinen Blick wollte ich nie wieder von ihr wenden, tat es dann aber trotzdem. "Wo sind wir?", wollte ich von ihr wissen und schaute mich langsam um. Die Umgebung wechselte so schnell, dass ich kaum einen Ort ausmachen konnte. Eben waren wir noch auf den Cliffs von Moher gewesen, nun standen wir im Gemeinschaftsraum der Gryffindors.

"Überall und nirgendwo", antwortete Mary mit einem verschmitzten Lächeln. "Die ganze Welt steht uns offen. Wo willst du denn hin?"

Ich schüttelte nur mit dem Kopf und umfasste ihre zarte Hüfte fester mit meiner Hand. "Das ist mir total egal", meinte ich mit ernster Stimme und strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht.

"Wir sind zusammen, Mary, wir sind wieder vereint! Endgültig. Es ist kein Traum, oder? Es ist wahr. Ist es wahr?", fragte ich mit flehender Stimme. Mary nickte sanft.

"Dann kümmert es mich nicht, wo wir sind", sagte ich grinsend und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

"Das konntest du früher aber besser!", lachte sie und strich mit der Rückseite ihrer warmen Hand über meine vor Sehnsucht und Lust brennende Wange. "Lass es mich beweisen . . .", raunte ich in ihr Ohr und bemerkte, wie sie wohlig erschauderte.

Gleichzeitig beugten wir uns vor und pressten erfüllt von jahrelanger Erregung unsere Lippen aufeinander.

So viel Zeit war vergangen. So viel hatte ich davon geträumt.

Mary Macdonald im Himmel zu küssen war noch weitaus schöner als je auf Erden.




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