Collide

By Jean_Marauder

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»James sah mich an und erwiderte langsam: "Ich glaube, dir macht einfach der Gedanke Angst, von jemandem so s... More

Zurück nach Hogwarts
Im Zug
Frühstück
Die Heulende Hütte
Allein
Jede Menge Einsichten
Zusammen mit meinen Freundinnen
Eifersucht
Auf dem Flur
Am See
Mary in Not
Nachsitzen für Streber
Versöhnung
In der Bibliothek
Halloween
Neuer bester Freund
SPECIAL
Geheimnisse
Recherche
Geburtstagsüberraschung
Schneeliebe
SPECIAL
Schneeballschlacht im Mondschein
Das Gute in Remus
Literaturgespräche
SPECIAL
Berufsberatungen
Wintermärchen
Briefe aus Cokeworth
SPECIAL
Revolution im Hogwarts Express
Schwiegertochter gesucht
HARRY POTTER TAG
Weihnachten bei den Potters
Das Muttersöhnchen
Küsse und Kuchen
Lilien für Lily
Wasser für die Seele
Team = Toll Ein Anderer Machts
Hogsmeade
Aprilwetter
Wohin?
Dr. Mary MacDonald
Laute Stimmen
Wörterbuch für die Liebe gesucht!
Im Krankenflügel
SPECIAL
Trauerreden
DANKSAGUNG

Die schlimmste Erinnerung

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By Jean_Marauder

Vorweg wollte ich nur sagen, dass ich das dieses Kapitel einer der Hauptinspirationen für "Collide" waren: Ich wollte die Szene im Denkarium aus James' Sicht schreiben, um sein Handeln zu erklären, da so verdammt viele Potterheads ihn wegen seiner Mobbingattacken auf Snape hassen. Im Laufe des Schreibprozesses hat sich aber vieles geändert. Geplant war ursprünglich, dass Lily und James jetzt noch gar nicht zusammen sind und sie ihn noch immer hasst. Tja, wie ihr wisst ist das hier etwas anders gekommen, daher läuft die Denkarium-Szene bei mir nicht haargenau wie im Buch "Harry Potter und der Orden des Phönix" ab, ihr werdet mehrere Änderungen bezüglich des Gesprächs zwischen Jily, aber auch andere Abweichungen zum Original vorfinden. Alles andere wäre jetzt zu kompliziert. Grundlegend bleibt aber, dass Sev von James gemobbt und von Lily verteidigt wird. Danke! :)

James P. o. V.

Die Prüfungen liefen gar nicht so schlimm wie gedacht. Zu meiner eigenen Überraschung war ich für meine Verhältnisse echt gut vorbereitet. Zwischendurch hatte ich ein oder zwei Hänger, da ich mir die Frage stellte: Wieso eigentlich? Doch der Wunsch, Auror zu werden, trieb mich voran. Trieb mich von Lily weg. Trieb mich in nichts. Nein! Nein? Nein. Nein, ich konnte Auror werden, genau wie Mum und Dad. Ich konnte sie rächen. Vor Lily hatte ich schon aufgehört, von Rache zu sprechen, da ich ganz genau wusste, dass ihr das Angst bereitete. Und ich wollte ihr keine Angst machen. Sie verstand mich einfach nicht mehr. Wenn es nach ihr ginge, würde ich einfach vergessen. Vergessen, was die Todesser meinen Eltern angetan hatte. Sie wollte, dass ich einfach weiterlebte, mein bisheriges Leben fortsetze. Einfach. Als ob irgendetwas einfach war, seit Mum und Dad tot waren. Das war lächerlich.

Ich kritzelte den letzten Absatz auf mein Pergament und lehnte mich selbstzufrieden zurück. Während ich mein schwarzes Haar erneut zerzauste, las ich meine gesamte schriftliche Prüfung in Verteodigung gegen die dunklen Künste erneut durch und korrigierte meine minimalen Rechtschreibfehler. Ich war stolz auf mich, sehr stolz sogar. Man konnte sagen, ich hatte es geschafft. Ich hatte es einfach im Gefühl, dass meine wichtigste Prüfung brilliant verlaufen war, auch wenn wir die Ergebnisse erst in ein paar Wochen wiederbekommen würden. Dies war wahrscheinlich der Teil meiner ZAG-Prüfungen, der von größter Bedeutung war. Schließlich handelte es sich um das Fach, was die größte Voraussetzung für eine erfolgreiche Auror-Karriere war. Jetzt würde ich erst Mal ein paar Wochen Ruhe haben und einfach glücklich sein. Einfach. So einfach. Ich würde meine Beziehung zu Lily wieder verbessern und neu aufbauen, auf einem komplett neuem und reinen Fundament. Dieses Mal richtig. Ich wollte wieder, dass unsere Liebe wie früher wurde, dass alles wieder gut wurde. In Erinnerung an ihr rotes, duftendes Haar schwelgend malte ich gedankenverloren Herzchen auf die Rückseite meines Papiers. Lily liebte mich, ich liebte Lily. Wo war das Problem? Mit einem merkwürdigem Bauchgefühl biss ich meinen Unterkiefer zusammen. Ja, verdammte, scheiße, wo war das Problem? Das Problem war, dass Menschen sich verändern. Veränderung ist das Einzige, was mit ihnen geschieht, dauernd und unaufhörlich. Jeder veränderte sich, unbewusst, unbemerkt. Manchmal stellt man nach Monaten oder sogar Jahren fest, dass man nicht mehr dieselbe Person ist. Und man wundert sich. Und man fragt sich: Warum?  Und man will es rückgängig machen. Und man versucht es zu leugn en. Und man verändert sich wieder. Lily und ich, wir haben uns beide verändert, sehr sogar. Nun begann ich langsam zu begreifen, was Veränderung bedeutete. Es heißt, dass du gucken musst, ob du mit der Veränderung dieser einen Person klar kommst und ob diese eine Veränderung dein neues Ich genauso liebt wie zuvor dein altes. Wenn nicht, hat die Veränderung dafür gesorgt, dass du jemanden verlierst, den du geglaubt hast zu kennen. Veränderung. Muss nicht immer schlecht sein, Veränderung kann auch Verbesserung bedeuten. In meinem Fall war es wohl eher negativ. Lily hatte nicht länger Verständnis für mich, ich war nicht länger der witzige, unbesorgte Typ, auch wenn ich es gerne so hätte. Vielleicht war es an der Zeit, es zu akzeptieren. Ich warf einen verzagten Blick zu Lily, die wenige Tische entfernt von mir saß. Wir hatten nur noch fünf Minuten Zeit, das hatte der kleine Professor Flitwick soeben quietschig-laut verkündet. Trotzdem schrieb Lily noch wie wild irgendwelche auswendig gelernten Informationen auf ihr bereits brechend gefülltes Pergament. Ihre verkrampfte Hand flog geradeso über das Blatt, das lange rote Haar verdeckte ihr Gesicht. Unwillkürlich musste ich wehmütig lächeln. Einige Dinge änderten sich eben doch nie.

Ich schloss die Augen und genoss die Wärme der Sonne, die auf mein Gesicht strahlte. So entspannt war ich schon länger nicht mehr gewesen. Perfekt würde das Ganze jetzt nur noch durch Lily gemacht werden, die auf meinem Schoß saß und sich lächelnd an mich schmiegte . . . Tatsache war jedoch, dass sie am See mit den anderen Mädchen war, während ich mit den Rumtreibern auf der Wiese lag. Zugegeben, ich starrte auffällig oft zu ihr herüber, aber ich sah ganz genau, wie ihr Blick ebenfalls auf mir ruhte und sie immer in der Sekunde rasch wegsah, in der ich sie anschaute. Hmpf. Wo war das Problem? Ich konnte mir die Frage noch so oft stellen, dadurch würde ich mich nicht zurück-verändern. Frustriert holte ich den Goldenen Schnatz aus meiner Hosentasche und fing an, damit zu spielen. In der Hoffnung, dass Lily so auf mich aufmerksam werden würde, ließ ich ihn immer wieder wegflattern und holte ihn dann mit meinen unschlagbaren Reflexen zurück. Peter keuchte jedes Mal neu auf und schien sich vor Anspannung kaum halten zu können. Irgendwie gefiel mir seine offene Bewunderung. Es war eine Art Bestätigung für mich, dass ich es wert war. Keine Ahnung. Jedenfalls riss mich Sirius schließlich gelangweilt aus meiner Begeisterung: "Kannst du bitte damit aufhören? Wurmschwanz macht sich sonst noch nass." Seine Stimme triefte nur so vor Spott und verächtlichem Sarkasmus, dass Peter ganz rot anlief. Ich jedoch lachte nur gutmütig und fuhr mir durch das Haar. "Wenn du willst . . .", meinte ich mit einem gleichgültigem Schulterzucken. Stöhnend ließ Tatze sich zurückfallen. "Mir ist langweilig, aber echt!", er wandte sich zu Remus, der in seinem Verwandlungsbuch las. "Mach was, Moony!" Remus sah nicht einmal hoch uns antwortete nur konzentriert: "Ich muss lernen, aber echt! McGonagall nimmt mich heute zur mündlichen Leistungskontrolle dran, wetten?" Auch ich merkte, wie Langeweile in mir hochstieg und ich ausbrechen wollte aus der alltäglichen Routine. "Wenn nur bald Vollmond wäre . . .", seufzte ich sehnsüchtig. "Nicht so laut", raunte Remus mahnend und sah sich mit einem Grummeln um. "Ach bitte!" Ich machte eine abfällige Handbewegung und sprang schwungvoll auf. "Wer soll uns hier schon hören?" Grinsend sah ich mich um, nicht ohne meinen Blick schön lange in Richtung See schweifen zu lassen. Doch Lily guckte nicht mehr zu mir. Lily war anderweitig beschäftigt. Lily kam nicht zu mir.

Wütend stampfte ich unmerklich auf. Da geriet jemand in mein Blickfeld, den ich momentan noch weniger ausstehen konnte als sonst: Schniefelus. Ranzig. Widerwärtig. Ekelerregend. Es war nicht nur die Eifersucht. Nicht nur, nein. Da war noch etwas viel Größeres als der ewige Kampf um Lily, und zwar der Hass. Der Hass auf jeden Slytherin, auf jeden möglichen Todesser. Und es war mir egal, was Lily sagte, für mich stand fest: Severus Snape wat ein Todesser. Auch wenn es keinerlei Beweise gab und Lily seine Unschuld beteuerte, wusste ich es einfach. Letzte Woche hatte Mary Drohbriefe bekommen. Gelassen hatte sie aus diesen einen Papierflieger gebaut und in den Papierkorb segeln lassen, aber für mich und Sirius war die Sache noch lange nicht erledigt gewesen. Das war eindeutig die Handschrift der Slytherins. Eine Gruppe von Schlangen waren Anhänger von Voldemort, die wenigsten Hogwartsschüler versuchten das noch zu bestreiten. Der Krieg fand nicht länger weit weg, außerhalb der Mauern des Schlosses statt. Er war hier, mitten unter uns.

Hier in Hogwarts gab es viele Vorurteile, Diskriminierung gegen Muggel wurde teilweise offen ausgetragen. Es war schwer, die Verantwortlichen zu fassen, beinahe unmöglich. Aber mal ehrlich, man musste kein Genie sein um zu wissen, wer dahinter steckte. Avery, Mulciber und einige andere rissen häufig rassistische Sprüche und beleidigten Muggelgeborene als Schlammblüter. So ein Zufall, dass diese Gruppe Severus Snapes beste Freunde waren . . .

Mum und Dad würden wollen, dass ich Gerechtigkeit walten ließ. Mum und Dad würden wollen, dass ich mich für Muggel stark machte. Mum und Dad würden wollen, dass ich ihre Sache weiterführte. Dass ich kämpfte, dass ich etwas riskierte.

Nur leider konnten sie mir gar nicht sagen, was sie wollten. Weil sie tot waren. Tot. Nie wieder würden sie mir sagen können, was sie von mir wollten oder nicht wollten. Nie wieder. Und wer war daran Schuld? Die Todesser. Leute, die schwarze Magie befürworteten. Leute wie Severus Snape.

"Sieh mal, wer da ist!", knurrte ich leise zu Sirius, der sich mit einem kurzen Blick auf Snape ebenfalls erhob. "Bestens. Schniefelus." Wie ein Hund schnüffelte er kurz, als hätte er Beute gewittert.

"Schniefelus!", rief ich laut, erfüllt von tiefster Verachtung. Snape schreckte hoch, das fettige schwarze Haar hing ihm strähnig im Gesicht. Er rappelte sich mit bemitleidenswerten Reflexen hoch, doch Sirius war hundert Mal schneller. Bevor der Slytherin auch nur seine dreckige Hand an seiner Tasche hatte, waren unsere Zauberstäbe schon längst gezückt.

"Expelliarmus!", rief ich laut, sodass sich mehrere Schüler verwundert umdrehten. Innerhalb weniger Sekunden hatte sich eine Menge von Schaulustigen um uns versammelt. Und Snape stand ohne eine Möglichkeit zur Verteidigung da. Und sah mir in die Augen.

Flehend?

Bittend?

Warnend?

Drohend?

"Hast du gesehen, wie er eben in der Prüfung am Pergament hing? Hoffentlich wird man seine Antworten überhaupt lesen können, die ganzen Fettspuren machen das doch sicher unmöglich!", feixte Sirius und erhob beifallheischend die Hände. Der Applaus ließ nicht lange auf sich warten. Ich hingegen starrte weiter unentwegt Snape an, in dessen Blick sich nun etwas Wütendes gemischt hatte.

"Das wird wohl kaum weiter dramatisch sein", erwiderte ich kalt und schob die Ärmel meines Umhangs hoch. "Die Antworten wären sowieso nicht richtig gewesen. Der interessiert sich mehr für die dunklen Künste anstatt für die Verteidigung." In meiner Stimme lag etwas Spöttisches, das dem ganzen etwas Lustiges gab und für die Unterhaltung der Masse sorgte, aber es entsprach der Wahrheit.

Bevor ich weiter über meinen Entschluss grübeln konnte, hatte ich meinen Zauberstab auf ihn gerichtet und knurrte bissig: "Wie du willst, Schniefelus! Impedimenta!"

Für einen winzigen, kurzweiligen Momenten tat er mir Leid, wie er da so hilflos auf dem Boden lag und strampelnd versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Doch dann kamen mir all die bösen Taten und Beleidigungen der Todesser in den Sinn und ich dachte daran, wie der Junge vor mir zu ihnen gehören wollte. Ich konnte es einfach nicht verstehen. Wie konnte jemand zu den Mördern meiner Eltern gehören wollen? Und wie konnte Lily diesen Jemand ernsthaft mögen?

Ich stellte mir vor, wie Snape Mary die Drohbriefe geschickt hatte.

Ich stellte mir vor, wie Snape die Explosion im Ministerium auslöste, bei der meine Eltern starben.

Mit bösartiger Genugtuung verschränkte ich die Arme und schaute den anderen dabei zu, wie sie kichernd auf Snape deuteten. Er hatte es verdient. Es war nur gerecht.

"Ihr - wartet nur! Wartet nur!", keuchte Snape und rappelte sich wieder auf. Suchend schaute er sich nach seinem Zauberstab herum. Er erinnerte mich an ein verwirrtes Frettchen, das die Orientierung verloren hatte. "Worauf denn?", erwiderte Sirius kühl. "Was willst du machen, Schniefelus, deine Nase an uns abwischen?" Snape fluchte und schimpfte, so beleidigend, wie er es gerne tat. "Blutsverräter!", das gezischte Wirt hörte ich ganz deutlich heraus.

"Wie war das?", hakte Sirius mit hochgezogener Augenbraue nach. Hasserfüllt starrte Snape zurück.

"Wasch dir den Mund, Schniefelus, wenn du schon kein Wasser an dein Haar kommen lässt", gab ich mit ironischem Unterton zurück. "Ratzeputz!"

Rosa Seifenblasen quollen aus seinem Mund hervor. Seine Lippen waren von Schaum bedeckt, er würgte, schien keine Luft mehr zu bekommen.

Der Hass hatte mich gepackt. Der blanke, ungezügelte Hass, gegen den nichts ankam. Wenn der Hass dich erst einmal ein seiner eisigern Faust hatte und dich so lange zusammenquetschte, bis du ihm nachgabst, ist ein Entkommen beinahe unmöglich. Es ist so verlockend, dem Hass nachzugeben, so leicht. Ich wollte es. Ich wollte den Hass, ihn spüren, ihn die Kontrolle über mein Handeln nehmen lassen. Es war wie ein Rausch, ein verdammter Rausch, der Besitz von mir ergriff und meinen gesunden Menschenverstand betäubte und außer Kraft setzte. All meine Prinzipien und Grundsätze wurden gierig vom Hass verschlungen und verschwanden in seinem geöffnetem Maul. Hass. Gepaart mit Dummheit und Leichtsinn. Keine wirklich gute Mischung.

Ein paar Sekunden würde ich ihn noch zappeln lassen, dann würde ich aufhören. Sirius' unentschlosene Haltung ließ mich innehalten. Sollte ich ihn jetzt von dem Zauber befreien? Jetzt? Oder jetzt? War ich dann schwach? Insgeheim wünschte ich mir, Sirius würde sich ein Herz fassen und die Seifenblasen, an denen Schniefelus zu ersticken drohte, von ihm nehmen. Doch er tat nichts. Unschlüssig sah er von mir zu dem würgendem Snape, der nun am Boden knieend beide Hände um die Kehle geschlungen hatte. Lange würde er nicht mehr durchhalten, das wusste ich. Ich musste etwas tun, doch ich war wie gelähmt. um uns herum fingen schon einige Schüler zu kreischen an.

Plötzlich war es vorbei.

Severus Snape hörte auf, Seife zu spucken und richtete sich böse funkelnd wieder auf, die Hand noch immer am Hals. Ich fuhr herum. Hinter uns stand Lily, den Zauberstab noch immer erhoben. Ihr dunkelrotes Haar leuchtete in der Nachmittagssonne und ihre grünen Augen blitzten gefährlich zu mir herüber.

"Seid ihr total bescheuert?", keifte sie mit gezücktem Zauberstab.

Shit.

"Lily, Schatz", grinste ich und fuhr mir durch das Haar. "Nichts mit Schatz!", unterbrach sie mich barsch. "Was fällt dir ein? Er hat dir nichts getan, James!"

Die umherstehenden Schüler beobachteten alles neugierig und schauten zwischen uns beiden hin und her, als würden sie den Quaffel bei einem Quidditchspiel verfolgen. Wenn sie nicht da gewesen wären, hätte ich Lily wahrscheinlich in den Arm genommen und klein beigegeben. Wenn ich das jetzt tat, hätte ich mein gesamtes Image verloren und wäre nie wieder derselbe.

Doch.

Ich wäre noch derselbe, nur würden mich die anderen nie wieder wie früher sehen. Für sie wäre ich ein anderer. Für sie hätte ich mich total verändert. Auf sie würde ich blöd wirken.

Ich wäre noch derselbe.

Aber bei allen anderen unten durch.

Bei allen anderen oder bei Lily.

Ich hatte die Wahl.

"Nimm besser den Zauberstab runter, als Furie bist du mir unheimlich!", sagte ich gespielt ernst. Meine Mundwinkel zuckten jedoch voller Spott und ich musterte sie belustigt. Doch mir war nicht wirklich nach Lachen zumute. Nichts in ihrer abwehrenden Haltung oder dem verletzen Blick ihrer grünen Augen wies darauf hin, dass wir ein Paar waren. Aber auch Paare stritten sich.

Richtig? Richtig! Richtig . . .

"Ehekrise?", erkundigte Sirius sich grinsend und wackelte provokant mit den Augenbrauen. "Ach Quatsch, sie hat nur ihre Tage!", raunte ich schmunzelnd mit unterdrückter Stimme.

Ich verspottete Lily. Verspottete ich Lily? Lily verspottete ich.

"Das ist nicht lustig!", fauchte sie. "Lass ihn in Ruhe, hörst du? Was willst du denn von ihm? Was hat er dir getan?"

Er war ein Befürworter der Todesser, die meine Eltern getötet hatten. Er verabscheute alles, wofür ich kämpfte. Er drohte alles zu vernichten, was ich mir aufgebaut hatte. Er widersprach all meinen Grundsätzen und Idealen.

"Nun, es ist eher die Tatsache, dass er akzeptiert, wenn du verstehst, was ich meine . . .", entgegnete ich stattdessen gespielt nachdenklich. Lily lachte nicht, sie verzog keine Miene.

"James", wiederholte sie eindringlich. "Das ist nicht lustig, okay? Du bist nicht lustig."

"Autsch", machte ich und fasste mir mit leidender Miene an die Brust. "Das tat weh, Evans!"

Da. Ich hatte sie bei ihrem Nachnamen genannt. Ganz instinktiv, ohne groß nachzudenken. Es war, als hätten wir beide einen Rückfall. Als wären wir wieder in der ersten oder zweiten Klasse, keiften uns an. Ich zog sie auf, sie markierte die Streberin. Alles wieder beim alten. Wunderbar.

Lily zuckte zurück. Dann straffte sie die Schultern. "Nun gut", meinte sie mit erhobenem Kinn.

Merlin, ich liebte es, wenn sie so kämpferisch ihr Kinn hob und dabei so süß-böse mit den Augen funkelte! "Wenn du meinst, Potter. Lass ihn einfach in Ruhe."

Shit. Shit, shit, shit!

Das lief gar nicht nach Plan. Machte Lily gerade mit mir Schluss? Nein! Nein, das würde ich nicht zulassen.

"Schon klar", meinte ich daher rasch. "Du hast Recht, Lily!" Ich sprach ihren Namen ganz sanft aus und für einen Moment schien es als würde sie mir verzeihen. Dann wamderte ihr Blick zu Snape, der sich gerade aufgerappelt hatte. "Du hast Glück, dass Lily da war, verstanden? Sonst hätte ich dich nicht so leicht davon kommen lassen, Schniefelus!", zischte ich wütend in seine Richtung und sah dann beifallheischend zu Lily.

"Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblütern wie der!", knurrte Snape.

Lily blinzelte, Sirius schnappte geschockt nach Luft, Remus hinter mir war aufgesprungen und Peter hatte sich auf einmal ganz klein gemacht.

Und ich? Ich brauchte erst Mal einen Moment, um mich zu erholen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, auch für mich. Ich wusste, was Sev Lily bedeutete. Ich wusste, wie oft sie ihm verziehen hatte. Ich wusste, wie lange sie befreundet waren.

Ich wusste nicht, was sie an ihm fand. Ich wusste nicht, wie er es wagen konnte, sie Schlammblut zu nennen. Ich wusste nicht, was ich jetzt tun würde.

Nur die Ruhe, Dummheit und Hass sind keine gute Mischung, du bereust es sonst noch.

"Spinnst du?", brüllte ich. "Du Arschloch, du Pisser, du hirnverbrannter Idiot, wie kannst du nur!" Lily hob nur die Hand. Sie sah müde aus, trotzdem sagte sie würdevoll und mit einer unbeschreiblichen Kälte: "Nein, du hast dich mindestens genauso schlimm verhalten wie er. Lass es, ich will nicht, dass du mich verteidigst. Ich will-"

Sie drehte sich um und machte auf dem Absatz kehrt. Die Menge johlte und buhte und grölte. "Evans!" Ich stolperte ihr hastig hinterher. "Warte, verdammt, warte doch mal!" Erst am Ufer des Sees holte ich sie ein. Japsend hielt ich mir die Seite und umfasste ihr Handgelenk. "Bitte", keuchte ich. "Was willst du?", gab sie nur traurig zurück. Bevor ich etwas sagen konnte, nahm sie mein Gesicht in ihre zarten, weichen Hände. "Was ist nur mit uns passiert? Ich erkenne dich nicht mehr", gestand sie und schaute mir in die Augen, als suche sie dort nach irgendetwas.

"Was?", antwortete ich mit brüchiger Stimme. "Warum machst du mich denn jetzt zum Bösen? Ich habe dich doch verteidigt, oder nicht? Er hat dich beleidigt, auf ihn musst du sauer sein." Ich merkte selber, dass ich mich wie ein trotziges Kindergartenkind anhörte. Lily schüttelte wild den Kopf, sodass ihre roten Haare herum flogen. "Nein. Was er gesagt hat war scheußlich. Aber du hast ihn auf eine Weise erniedrigt, die ich absolut unmenschlich und inakzeptabel finde. Du weißt, dass mir etwas an ihm liegt und trotzdem hast du ihn öffentlich gedemütigt." In meine Hilflosigkeit mischte sich nun auch Wut. "Lily, er ist ein Todesser, er hat es verdient!", rief ich und machte ein unwirsche Handbewegung. "Sag mal, kannst du eigentlich nur in Schubladen denken?", erwiderte sie aufgebracht. "Nur weil er ein Slytherin ist, heißt dass noch lange nicht, dass er ein Todesser ist. Kapiert? Erweitere mal deinen Horizont, James! Gib es doch einfach zu, du kannst ihn nur nicht leiden, weil er anders ist." Herausfordernd hob sie ihr Kinn. In mir brodelte es. Ihre Vorwürfe brachten mich noch zur Weißglut, verstand sie denn gar nichts. "Lily, Severus Snape ist ein Todesser!", wiederholte ich mit fester Stimme. "Ich kann es nicht mehr hören!", bellte sie und drehte sich genervt um.

"Lily!", brüllte ich. Erschöpfung lag in ihren Augen, als sie bereits im Gehen ihren wunderschönen Kopf zu mir wandte. "James, ich brauche jetzt erst Mal etwas Ruhe, okay? Du hast mich verletzt und Sev auch. Das ist ziemlich viel verlorenes Vertrauen für einen Tag, denkst du nicht? Wir reden später."

Fassungslos raufte ich mir das schwarze Haar. Was war denn gerade schief gelaufen? ich konnte es mir nicht erklären. Wir redeten aneinander vorbei. Aber ich würde das wieder hinkriegen, ich würde Lily nicht aufgeben, egal wie viele Haare und Nerven es mich kostete.

Ich konnte Lily nicht aufgeben.

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