26. Kapitel - Lars

13 3 3
                                    

Am nächsten Morgen wache ich zu meinem Erstaunen an einem Strand auf. 
Wo bin ich?, frage ich mich, hat mich jemand entführt? 
Doch dann erinnere ich mich wieder an den gestrigen Tag. 
Oh Gott, war ich hier wirklich in der Kälte eingeschlafen? Würde ich jetzt krank werden? Ich betaste erschrocken meinen Körper. 
War ich krank? Ja? Nein? 
Ich schaue mich immer noch aufgekratzt um und entdecke dabei Josephine, die ein paar Meter entfernt von mir am Strand liegt und schläft.
Ihr Atem ist regelmäßig, doch plötzlich öffnet sie die Augen. 
Ich schrecke zurück. 
Sie setzt sich auf und schaut mir schräg mit hochgezogener Augenbraue an. 
"Ist alles klar?", fragt sie und runzelt jetzt auch noch die Stirn. 
"Ähm, ja", sage ich und mir war es auf einmal verdammt peinlich, dass ich sie angestarrt hatte. 
"Hast du gut geschlafen?", wechsele ich das Thema. 
Aber auch das findet sie irgendwie komisch und zieht wieder die Augenbraue hoch und runzelt die Stirn.
"Ja, wieso?", fragt Josephine.
"Super. Äh, also ich wollte es einfach wissen", meine ich. 
Josephines Augenbrauen wandern fast bis zu ihrem Haaransatz. 
"Niemand will wissen, ob ein anderer gut geschlafen hat!", behauptet sie. 
"Also, ich kenne viele Leute, die sich danach erkundigen ob jemand gut geschlafen hat", sage ich. 
Was ist das eigentlich für ein unsinniges Thema? Natürlich fragen viele Leute ob jemand gut geschlafen hat!
"Dann kenne ich diese wohl nicht", sagt Josephine und guckt hinaus aufs Meer. 
"Haben dich deine Eltern noch nie gefragt, ob du gut geschlafen hast?", frage ich sie skeptisch. 
"Nein, warum sollten sie?", fragt Josephine, die jetzt auch skeptisch ist.
"Ja, weil das doch höflich ist", sage ich und bin mir mit einem Mal unsicher, ob es normal ist jemanden zu fragen, ob er gut geschlafen hat. 
"Dieses Thema ist mir ein wenig suspekt", sagt Josephine. 
Ja, mir ist es gerade auch ein wenig suspekt. 
"Wir sollte mal langsam los, wir haben unser Ziel noch nicht erreicht", sage ich, stehe auf und packe das Handtuch, mit dem ich mir gestern die Füße abgetrocknet habe, in meinen Rucksack. - der heute irgendwie nicht mehr so schwer ist. 
Josephine blickt nochmal zurück zum Meer, bevor sie mit mir den Strand verlässt. 
Der Tag ist wolkig und nur selten lässt sich die Sonne blicken. 
Wir laufen eine befüllte Hauptstraße entlang. Hier wird wild gehupt und geschimpft wird. 
Josephine sieht die Leute alle schräg und mit gerunzelter Stirn an. 
Man kann ihr ansehen, dass sie dieses Theater mehr als komisch findet. 
Bald verstummt der ganze Straßenlärm und man hört nur noch vereinzelt einen Motor aufbrummen. 
Die Häuser hier sind traumhaft schön und sehen im Gegensatz zu den meisten Häusern bei uns zu Hause nicht identisch aus. 
Wir begegnen keiner Menschenseele. Wären die Häuser hier nicht so gut in Stand, würde ich fast glauben, dass es sich hierum um eine Geisterstadt handelt. 
Irgendwann sehen wir nur noch vereinzelt Häuser und betreten einen wunderschönen, grünen und dichten Wald. 
Die Bäumen ragen gefühlt bis zum Himmel und es kommt einem aus irgendeinem Grund so vor, als würden sich überall Vögel befinden. 
Josephine legt den Kopf, beim Gehen, in den Nacken und atmet die frische Waldluft ein. 
Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, als ich zum letzten Mal im Wald war. 
Ich muss elf oder zwölf gewesen sein. Oder noch jünger. 
Ich weiß nicht, warum ich danach nicht mehr im Wald war. Vielleicht war ich mit anderen Sachen beschäftigt. - Ein Grund könnte noch sein, dass unser Wald vor ein paar Jahren abgeholzt wurde, um eine Autobahn dort hinzubauen. 
Kristina, Luis, Max und ich waren damals so erbost darüber, dass wir eine Demonstration veranstalten wollten. - aus der ist aber letzten Endes leider nichts geworden. 
Nun erreichen Josephine und ich unser Ziel. 

--------------------------------------------------------

Tag 4 der Schreibwoche

Erstmal Merry Christmas oder Fröhliche Weihnachten! 

Was hältst du von Waldabholzung? 

Niemals... VielleichtWhere stories live. Discover now