18. Kapitel - Lars

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Ich sprinte gestresst die Treppe hoch.
Emma hat vermutlich Recht, ich bin ein totaler Tollpatsch. 
Vielleicht bin ich einfach nur ein bisschen vergesslich und voreilig. 
Ich ziehe mich, schneller als der Wind, um und sprinte die Treppe wieder runter, dabei stolpere ich beinahe über die letzten drei Treppenstufen. 
Emma grinst mich vielsagend an, als ich mir an der Garderobe, so schnell es geht, meine Schuhe anziehe und meine Jacke vom Haken reiße. 
"Sag Mama, dass ich bald wieder zurück bin", sage ich zu Emma, während ich mir meine Jacke anziehe. 
"Ja, ich sage ihr, dass du mit deiner Freundin unterwegs bist", sagt Emma und grinst frech und vielsagend an. 
Ich funkele sie böse an, was sie nur noch mehr zum Grinsen bringt. 
Meine  doofe wundervolle kleine Schwester! 
"Viel Spaß!", sagt sie und wackelt mit den Augenbrauen. 
Das reicht jetzt aber echt! 
Aber um Emma muss ich mich später kümmern. 
"Ich denke, wir können jetzt endlich los", sage ich zu Josephine. 
Eigentlich hätte ich ein Nicken oder sowas von ihr erwartet, aber tatsächlich sagt sie Nichts, auch nicht schlecht. 
Wir laufen die Straßen runter - in vollkommener Stille. 
Es fühlt sich fast so an, als würde wir gerade eine Schweigeminute für jemanden einlegen. 
Sofort muss ich an "Das schweigenden Klassenzimmer" denken. 
Die Protagonisten in dem Film sind, durch eine einfache Schweigeminute, in große Schwierigkeiten gekommen. 
Den Film habe ich das erste Mal mit Kristina und Moritz angesehen, als Kristina und Moritz bei mir übernachtet haben und wir keinen besseren Film gefunden hatten. 
Luis lag damals mit einer schlimmen Grippe im Bett und wollte partout nicht, dass wir ihn Besuchen kamen. 
Josephine und ich schweigen immer noch. 
Das gibt mir Gelegenheit, sie nochmals von der Seite zu betrachten. 
Ihr Haar ist, wie immer, zu einen streng wirkenden Zopf gebunden und sie ist wie immer ungeschminkt, was mir ziemlich an ihr gefällt. 
Schließlich schmieren sich Mädchen und Frauen heutzutage, täglich mehrere Tonnen von diesem Kram ins Gesicht, weil sie das Gefühl haben, dass sie nur so hübsch sind. 
Dabei ist das doch eigentlich so gut egal. 
Warum muss man sich als etwas verkleiden, was man nicht ist? 
Warum kann es einem nicht egal, was Anderen denken? 
Und die Anderen sollte man die Anderen sein lassen. 
Warum werden untern den Fotos, eines normal schlanken Mädchens im Bikini, so Sachen wir "Mastschwein" drunter geschrieben?  
Denke diese Menschen einfach nicht darüber nach, was diese Wörter, mit ihr machen? 
Niemals werden mir diese Fragen beantwortet werden. 
Josephine erwidert meinen Blick plötzlich und zieht fragend die Augenbraue hoch, so nach dem Thema: Warum starrst du mich gerade so an? 
Ich gucke schüchtern schnell woanders hin. 
"Warum bist heute eigentlich zu mir gekommen und woher weißt du, wo ich wohne? ", frage ich und breche damit das drückende Schweigen. 
"Ich weiß es nicht. Ich bin einfach zu dir gegangen und deine Adresse habe ich von der neuen Klassenliste", antwortet Josephine und schaut auf ihre Schuhe. 
Ich weiß nicht, ob es eine schüchterne Geste ist. 
Wir verfallen wieder in Schweigen. 
Dann bleibt sie plötzlich stehen. 
Ich bleibe automatisch auch stehen und sehe sie abwartend an. 
Sie holt tief Luft und sieht mich nun ebenfalls an. 
"Lars", sagt sie, "es tut mir leid, was ich am Donnerstag gesagt habe. Es war falsch, ich hätte das nicht sagen sollen. Es tut mir leid"
Ich weiß, was das für eine Überwindung für sie ist, sich bei mir zu entschuldigen. 
Jetzt bin ich dran. 
"Mir tut es auch leid, ich hät" 
Josephine unterbricht mich, indem sie die Hand hebt. 
"Du hast nichts falsch gemacht. Du hast nur die Wahrheit gesagt", sagt sie und schaut wieder auf den Boden. 
Und schon wieder fangen wir an zu Schweigen! 
"Ich wollt auch noch fragen, ob das Angebot immer noch steht, nach allem was geschehen ist", sagt sie. 
Auch das, kostet sie Überwindung. 
Man merkt es, am leichten Zittern ihrer Stimme. 
"Klar. Es stand schon die ganze Zeit, egal was vorgefallen ist", antworte ich und vergrabe meine Hände in meinen Jeanstaschen. 
"Danke", stottert sie, "Wann würde es denn losgehen?"
"Wie wäre es mit Übermorgen, dem wirklichen Anfang der Ferien?", schlage ich vor. 
"Klingt gut", meint sie schüchtern. 
"Ich hole dich dann ab", sage ich gedankenverloren. 
Sie nickt nur. 
"Ok, gut. Dann bis Übermorgen!", sagt sie und rennt schnell über die Ampel, an der wir gerade vorbeigekommen sind und die gerade zufällig grün ist. 
Ich kann nicht anders. 
Ich lächele ihr überglücklich hinterher. 
Das scheinen mehr als gute Ferien zu werden! 

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Tut mir leid, dass dieses Kapitel so spät kam. Ich hatte viel zu tun. 




Niemals... VielleichtWhere stories live. Discover now