23. Kapitel - Josephine

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"Josephine, was machst du hier?", fragt Lars ein wenig überrumpelt, als er mich dort auf der Bank sitzen sieht. 
"Ähm, ich habe hier auf die gewartet. Bei uns sind momentan so... also solche... ähm Umbauarbeiten und deshalb wollte ich hier auf dich warten. Denn Zuhause ist es momentan sehr... äh stressig", log ich und hoffte sehr, dass er auf meine Lüge hinein fiel. 
Ja, ich weiß. Lügen kann sehr manipulativ sein. Aber manchmal ist es die einzige Lösung. 
"Äh... OK", sagte Lars und ich bezweifele sofort, dass er auf meine Lüge hereingefallen ist. 
Unser mittlerweile typisches und berühmtes Schweigen breitet sich aus. 
Und wir müssen beide aus irgendeinem Grund anfangen breit zu grinsen. 
"Also, wollen wir los?", bricht Lars das Schweigen. 
"Ja, klar", sage ich und erhebe mich von der hölzernen Bank. 
"Wo geht es denn eigentlich hin?", frage ich Lars, nachdem wir ein Stück gelaufen sind. 
"Das ist eine Überraschung", sagt er nur. 
"Na toll", sage ich, "ich hasse Überraschungen"
Lars fand das aus irgendeinem Grund furchtbar lustig und stieß ein kleines Lachen aus. 
Ich runzelte die Stirn. 
"Was ist daran so furchtbar lustig?", frage ich ihn skeptisch. 
"Naja, das ganze Leben ist eine Überraschung", meinte er. 
"Muss nicht sein", sage ich, "man kann sein Leben so gut durchplanen, dass man automatisch Überraschungen vermeidet"
"Das geht nicht", behauptet er, "es kann trotzdem jederzeit etwas anders laufen. Man kann das Leben nicht ganz genau durchplanen"
"Man kann es aber versuchen und vielleicht klappt es dann ja", sage ich. 
"Aber warum will man das Leben überhaupt durchplanen, wenn es doch viel lustiger ist sich überraschen zu lassen? Ist das nicht eigentlich das, was das Leben so lebenswert macht?", sagt Lars. 
"Menschen wollen eben alles unter Kontrolle haben, also auch ihr Leben", antworte ich. 
"Zu traurig, dass ihnen das niemals gelingen wird", meint Lars. 
"Was bist du so überrascht? Die Menschheit ist furchtbar dumm. Wir denken zum Beispiel auch, dass wir besser als die vielen Tiere sind, obwohl wir, biologisch gesehen, selber auch Tiere sind und leider sind wir zu diesen Denken auf ewig verdammt.", füge ich hinzu. 
Wir gehen einen Fußgängerweg entlang, der zur einer Bushaltestelle führt. 
An der Bushaltestelle bleibt Lars plötzlich stehen. 
"Was ist los? Warum bleibst du stehen?", frage ich skeptisch. 
"Wir warten hier auf unseren Bus", sagt Lars seelenruhig. 
"Willst du etwa Schwarzfahren?", frage ich Lars alarmiert und etwas zu laut, denn eine ältere Frau dreht ihren Kopf in unsere Richtung. 
"Nein, nein. Keine Sorge. Ich habe unsere Tickets schon vorher gebucht", meint Lars lachend. 
Wieso findet er so viele Dinge immer so lustig? Obwohl diese Dinge manchmal gar nicht so lustig sind? 
Die Jugend von heute kann manchmal echt komisch und verwirrend sein! Aber naja, dass müsste ich ja mittlerweile gewohnt sein. 
Wir stehen eine gefühlte Ewigkeit an dieser Bushalltestelle, gefühlte tausende Busse fahren an uns vorbei, doch wir steigen nicht ein. 
Irgendwann kommt dann doch ein Bus, in den Lars und ich dann einsteigen. 
Im Bus hält sich niemand anderes als wir und der Busfahrer auf, weshalb es nicht schwer ist einen Platz zu finden und zu bekommen. 
Im Bus stinkt es widerlich nach Zigarettenrauch. 
Vermutlich hat sich der Busfahrer eine angesteckt, weil er dachte, das doch sowieso keiner einsteigt. 
Ich weiß nicht genau, wie lange wir gefahren sind. Vielleicht will ich auch gar nicht wissen, wie lange ich unfreiwillig passiv geraucht habe. 
Ich schaue die ganze Zeit aus dem Fenster und sehe die vielen Bäume, Wiesen und Felder an mir vorbeiziehen. 
Ich sehe die Menschen, die alle eine eigene Geschichte haben und die alle aus einen anderen Grund rausgegangen sind. 
Ein ungewohntes Gefühl überrollt mich und ich bin aus irgendeinem Grund mit einem Mal sehr aufgeregt. 

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Tag 1 der Schreibwoche. 

Ich mache auch diese Ferien eine Schreibwoche. Und versuche auch an Weihnachten zu updaten, aber ich kann nicht viel versprechen. 

Magst du Überraschungen? Und teilst du Josephine oder Lars Meinung?

Niemals... VielleichtWhere stories live. Discover now