Beobachtungen

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Auf der bunt gefliesten Terrasse war es angenehm kühl und ruhig. Du spürtest die Sonne auf deiner Haut und genossest das wärmende Gefühl für einen Moment. 

Heiteres Wetter war in diesen Gefilden keine Selbstverständlichkeit.

Du schnapptest dir eine der Liegen, die um eine Feuerstelle herumstanden, und kuscheltest dich in die mitgenommene Decke ein. Der orangefarbene Hut landete auf deinem Schoß, wobei du den Drang widerstandest, ihn aufzusetzen. Wer wusste schon, welche Rachegelüste die Feuerfaust bekam, wenn du das geliebte Markenzeichen entfremdetest.

Bei diesem Gedanken lächeltest du unbewusst. Ace hatte dir bisher keine Anhaltspunkte geliefert, dass er unversöhnlich oder intolerant war. Nein, er war maximal von eurer Begegnung belustigt. Trotzdem würdest du dein Glück nicht herausfordern und den Hut anprobieren, schließlich saß dir der Schreck von dem unerwarteten Verhör noch in den Knochen.

Außerdem wusstest du aus unterschiedlichen Quellen, dass der eine oder andere Marinesoldat bereits Bekanntschaft mit der Impulsivität des Rookies gemacht hatte. Ob Ace dich bisher als Freund oder Feind einordnete, konntest du schlecht einschätzen. Doch du würdest es früher oder später erfahren. Im Moment hofftest du auf später und schütteltest resignierend den Kopf.

Bis zu eurem abermaligen Aufeinandertreffen musstest du dir klar werden, wie du das unausweichliche Gespräch über deinen Auftrag führen solltest, ohne dich gänzlich zu blamieren. Oder schlimmer noch, um Kopf und Kragen zu reden. Nüchtern betrachtet, war deine derzeitige Situation nahezu absurd und kam nicht mehr der angekündigten Routineaufgabe gleich, der du zu gestimmt hattest.

Diese nüchterne Erkenntnis führte deine Gedanken wieder zurück zu deiner ursprünglichen Herausforderung. Du fandest den Feuerteufel attraktiv, und zwar sehr. Allein die bloßen Erinnerungen an euer vorhergehendes Geplänkel und Ace' dreisten Versuch dich zu füttern, holten deine Lust in dein Bewusstsein zurück. Dein abenteuerfreudiger Anteil fand das alles so spannend, sodass du dich für diesen kurzen Augenblick in einen stimulierenden Tagtraum verlorst.

Unterdessen folgten deine Finger geistesabwesend der lange Kordel, die im Inneren von Ace' Kopfbedeckung befestigt war und am unteren Ende von einem Anhänger mit Tierschädel verschlossen wurde. Dabei entdecktest du zufällig, dass die ockerfarbene Hutschnur an mehreren Stellen fadenscheinig war und bald reißen würde.

Später würdest du nicht sagen können, was dich dazu bewogen hatte, in den Innenraum der gut besuchten Bar zurückzukehren und aus deinem Rucksack feines rostrotes Garn aus Sisal, Webnadeln und dein Allzweckmesser zu holen. Ace schlief noch immer seelenruhig, also nahm auch niemand Notiz von dir. Nachdem du deinen gemütlichen Platz auf der Terrasse wieder eingenommen hattest, fanden deine Finger wie von selbst ihre Beschäftigung. Nahezu in Trance begannst du aus den Fäden eine feine, reißfeste Kordel zu knüpfen.

Dazu teiltest du den Zwirn in große, gleichlange Stücke und befestigtest die Enden einer Seite an einer kleinen Öse, die du an der gegenüberliegenden Sitzgelegenheit entdeckt hattest. Die losen Ende verwebtest du mithilfe der feinen Nadeln. Du warst in dieser traditionell überlieferten Technik versiert, sodass du nicht bemerktest, wie die Zeit verflog.

Nachdem du dein Werk fachmännisch abgeschlossen hattest, nahmst du Ace' Hut auf und ersetztest die neue, robuste und sehr gleichmäßig geknüpfte Schnur gegen die verschlissene. Tatsächlich zerfiel das lädierte Band während des Austauschs an mehreren Stellen in seine Fasern. Es war also höchste Zeit für eine neue Kordel.

Zufrieden begutachtest du die Kopfbedeckung ein letztes Mal, um sicherzustellen, dass auch wirklich alles gut und ebenmäßig befestigt war. Du warst so konzentriert, dass du die dumpfen Geräusche aus der Bar ausgeblendet hattest. Sonst hättest du wahrgenommen, dass jemand aus dem Schankraum heraustrat, dessen wärmende Präsenz dich sofort wieder reizte.

Verrat unter Liebenden (Portgas D. Ace x fem. Reader)Where stories live. Discover now