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Rona wartete die Antwort gar nicht richtig ab, sondern zog ihn gleich mit sich über die ersten Meter über den weichen Waldboden. Er antwortete gar nicht erst, weil er lieber direkt mit ihr mitlief. Was sollte das denn jetzt?! Er hatte nichts, rein gar nichts getan, um irgendwie ihr Vertrauen zu gewinnen, sogar im Gegenteil. Hatte er sich in dem Mädchen getäuscht und die Gerüchte über sie, die sich sogar Insel übergreifend verbreitet hatten, stimmten gar nicht? Er wunderte sich auch darüber, dass sie so schnell war. Das ist doch nicht natürlich! Denn Rona lief nicht nur im Tempo hastiger Teenager, sie rannte schneller als ein Sprinter!

Ronas Beine trugen sie sicher und jede Unebenheit erfassend über den dunklen, fast schwarzen Waldboden. Sie wich instinktiv den dicken und dünnen Wurzeln aus, die aus dem Boden ragten. Den Blick immer voraus gerichtet, lief sie, so schnell sie konnte zwischen den bedrohlichen, hochaufragenden Bäumen hindurch, den knorrigen, trostlos wirkenden Ästen ausweichend, die in der Dunkelheit wie Messerspitzen von dem fahlen Mondlicht erleuchtet wurden, das sich zwischen den schwarzen, wie Käfige über ihnen ragenden, Kronen hindurch gekämpft hatte. Alles in allem würde jeder normale Mensch bei dem Anblick der Landschaft erschaudern, vorallem wenn er ein Teil von ihr war, doch Rona hatte gerade keine Zeit, sich vor der Dunkelheit zu fürchten. Sie konnte sich nicht davor fürchten. Was sie jedoch dazu veranlasste, ihr mörderisches Tempo zu halten, ohne jegliche Rücksicht auf Verluste seitens ihres Mitläufers oder ihrerselbst, war ein ungutes Gefühl, das Stück für Stück ihren Magen verkrampfen ließ, bis es quälend langsam ihre Brust hinaufkletterte.

Lexus verkrampfte sich schlagartig, ihm lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Was ist das? Besser, wer ist das? , fragte er sich mit immer weiter steigender Angst. Am liebsten wäre er einfach von hier abhauen oder hätte die Zeit zurückgedreht und wäre niemals hier angekommen. Doch was soll man schon machen, ich hab schließlich Dienst und bin die zweite Person in der Führung der Revolutionsarmee! , sagte er zu sich selbst und machte sich Mut. Das Adrenalin, das sein Körper dank der Stresssituation ausstoß, beschleunigte seine Denkprozesse ungemein und bereitete ihn auf den Kampf vor. "Natürlich möchte ich dich noch nicht verlassen, ich möchte dich schließlich kennenlernen. Dafür wäre es aber nötig mir deinen Namen zu nennen!" , erwiderte er waghalsig. „Aber du kennst mich doch schon längst! Was solltest du noch wissen wollen?" , flüsterte der Mann mit rauer Stimme leise von dem Fleck direkt hinter Lex. Damit hatte er ihn nur noch mehr verwirrt. Warum bin ich so hilflos seit Rona wieder aufgetaucht ist? Ich bin doch all die Jahre auch ohne sie ausgekommen! , dachte Lex verzweifelt. Doch äußerlich blieb er vollkommen ruhig und meinte dann: „Tut mir leid, aber ich kann mich nicht an dich erinnern, willst du mir nicht auf die Sprünge helfen? Damit könnten wir-" , er unterbrach kurz, „alles einfacher machen." Fast hätte ich gesagt, um alles zu verkürzen! Aber das ist die Lösung, Rona müsste doch gleich da sein! Sie könnte das doch erledigen, sie hat mit sowas keine Probleme!, dachte er erleichtert, nur um sich sofort zu unterbrechen: NEIN, das ist die falsche Denkweise! Ich muss das auch selbst hinbekommen! Was denk' ich denn hier?! Nach einer Sekundenkurzen Pause, in der er dies in seinem inneren Monolog feststellte, betrachtete der schweigsame Fremde, wie sich Lex so schnell umentschied. Mit fester Stimme fragte Lex also: „Wie wäre es dann, wenn wir unsere Beziehung zueinander in einem kleinen Kampf feststellen?" Während Lex sich schon mental auf einen harten Kampf vorbereitete, hörte er auf einmal ein lautes, raues Lachen hinter sich. „DU willst dich mit MIR duellieren?! Dass ich nicht lache, wie willst du mich denn kleinkriegen? Du hast doch noch nichtmal deine niedlichen Schrotflinten-Zahnstocher bei dir!" „Die brauch' ich nicht! DICH kann ich auch mit blanken Fäusten besiegen! Worauf wartest du noch, wenn du dir so siegessicher bist!" ,  rief Lex in die Dunkelheit aus. „Na dann, komm und hol' mich, den ersten Schlag geb ich dir sogar gratis!" , lachte die Stimme laut. Dann entfernte der Fremde seine kalte Hand, die immer noch auf Lex' Schulger gelegen hatte. „Komm' und hol' mich!"

„Du hast doch gesagt, dass du schnell laufen kannst?! Und jetzt schon die zweite Pause, ich hab' es echt eilig!", rief Rona aufgebracht und unverständnisvoll aus. „Woher sollte ich denn ahnen, dass du schneller als jeder andere Mensch rennen kannst?" , fragte der ‚Lehrer', der mittlerweile seine Kapuze abgenommen hatte, sie ruhig und sah sie dabei empört an, während er noch leicht nach Atem rang. „Wenn das so weitergeht, wird er noch Stunden auf uns warten! Eigentlich wollte ich das nicht fragen, aber darf ich dich tragen?" , fragte sie und sah ihn ernst an. Dass sie sowas fragt, aber mich einfach vom Baum zieht! Außerdem, wie soll sie, eine schlanke Oberschülerin, mich, einen ausgewachsenen Mann tragen? Aber gut, sie kann auch so schnell laufen, also sollte ich mich wahrscheinlich über nichts mehr wundern... , überlegte er kurz. „Du würdest es nicht anbieten, wenn du es nicht könnest, also wenn du darauf bestehst..." , das war alles, was Rona hören wollte. Sie sprang blitzschnell auf ihn zu und hob ihn von dem Stein auf, auf dem er gesessen hatte. Dann rannte sie schon fast noch schneller als zuvor los und achtete nur nebensächlich darauf, dass ihr Passagier nicht hinunterfiel. 

Sie müsste nun fast zwei Drittel der Strecke geschafft haben. Zum Glück gab es keine weiteren Pausen oder Zwischenfälle und Rona konnte ungestört ihr mörderisches Tempo halten, obwohl sie einige Tiere verschreckte, die sich schnell im Unterholz des feuchten Waldes versteckten und Rona mit ihren leuchtenden Augen wie stille Zeugen in der Dunkelheit der Nacht beobachteten und ganz leise einander vorwarnten, sodass Rona und ihr Begleiter keine weiteren Kontakte mit den Tieren hatten. Der ‚Lehrer' hatte die Tiere wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, mutmaßte Rona leicht abfällig. Plötzlich verstummten die letzten Geräusche des Waldes vor Rona und sie hielt schlagartig an. Dann flüsterte sie ihrem Begleiter zu: „Wir sind da."

Endlich endlich [One Piece FF]Where stories live. Discover now