06 | neue Optionen

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| Emma |

Während der gesamten Schicht hatte mir Eric bei jeder Gelegenheit davon berichtet, wie tatsächlich einige Presseanfragen bei ihm eingetrudelt waren, bloß weil Harry Styles dieses Trinkgeld hinterlassen hatte.
Harrys Name fiel öfter als ich ertragen konnte, nachdem ich ihn selbst schon während des Tages von Jeffrey Azoff und nicht zu vergessen permanent in meinem Kopf gehört hatte. Entsprechend schwer konnte ich in der darauffolgendenden Nacht Ruhe finden.

Ich erwartete Harrys Anruf mit einer Aufregung, wie ich sie lange nicht mehr verspürt hatte und mich immer wieder in meinem Gedankenkarussell verlor.

Ich hatte in meinem Leben schon deutlich düsterere Zeiten erlebt, doch in dieser Nacht schlief ich so schlecht, wie an meinen schlimmsten Tiefpunkten.

Es hatte einen Punkt in meinem Leben gegeben, an dem ich mir einen festen Plan vorgenommen hatte, um den Teufelskreis meiner Herkunftsfamilie zu durchbrechen. Der Weg, der mich aus diesem Umfeld und der Gegend bringen würde, hatte von diesem Moment an festgestanden. Ebendieser Weg hatte mich durch Fleiß, Disziplin und Arbeit, die gemacht werden musste, auch wenn ich sie hasste, hierhergeführt.

Und plötzlich kam das Jahr 2020 um die Ecke und ließ mir keine Ruhe mehr.

Ich war noch nicht lange wach, als ich in der kleinen Küche meiner WG plötzlich erstarrte.
Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass mein Handydisplay aufleuchtete und eine unterdrückte Nummer anrief. Um ein Haar hätte ich einen meiner Mitbewohner über den Haufen gerannt, als ich samt meinem Handy zurück in mein Zimmer stürmte.

„Ja?"

„Hi. Emma?"

Es war unverkennbar Harrys tiefe, angenehme Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Ja, hi", nickte ich hektisch und wollte am liebsten, dass Harry sofort zum Punkt kommen würde.

Harry hier", ließ er mich stattdessen überflüssigerweise wissen. „Du hast vermutlich ein paar Fragen, kann das sein?"

Humorlos lachte ich auf.
„Ein paar haben sich angestaut, ja. Zum Beispiel, was genau ich mit deinem Manager zu schaffen habe."

Harry klang bestens gelaunt, als er doch recht schnell zum Punkt kam und damit Licht ins Dunkle brachte.

„Meine übliche Fotografin wurde spontan fast das ganze Jahr für die Welttournee einer Kollegin gebucht. Also muss ich mich anderweitig umsehen, immerhin hab' ich noch ein paar einzelne Shows geplant und das Konzept für ein neues Album muss auch umgesetzt werden. Und dank der kleinen, ungefragten PR-Kampagne deines Kollegen, bin ich auf dich gestoßen."

Harry bestätigte mir das, was ich mir im Groben bereits selbst zusammengereimt hatte. Er wollte mir eine Chance bieten, die ich unmöglich annehmen konnte.

„Und da dachtest du, ich wäre diesem Job gewachsen?", wollte ich mit ungläubiger Stimme wissen. Beinahe hätte ich sogar spöttisch aufgelacht.

„Das weiß ich noch nicht" , antwortete Harry prompt. „Aber ich weiß, dass du zuverlässig und fleißig arbeitest. Und ich fand deine Bilder auf Anhieb gut, also hab ich auf mein Bauchgefühl gehört, dir geschrieben und Jeff Bescheid gegeben. Und jetzt sind wir hier."

Perplex lauschte ich Harrys Worten. Er sagte all das so unaufgeregt und selbstverständlich, dass ich beinahe in Frage stellte, ob ich die Seltsame war, weil ich nichts davon glauben konnte.
Ich war Hobbyfotografin, die hin und wieder zur Beruhigung mit der Kamera durch die Straßen zog. Aber ich war weder professionell noch Konzertfotografin.

Big Tip || h.s. ✓Where stories live. Discover now