04 | gute PR

1.7K 132 19
                                    

| Emma |

Silvester lag bereits drei Tage zurück, Harrys Geld war inzwischen auf meinem Konto angekommen und ich war nach meiner dekadenten Heimfahrt mit privatem Chauffeur wieder in der Realität angekommen.

Meine zwei freien Tage hatte ich damit verbracht, Papierkram zu erledigen, die WG halbwegs auf Vordermann zu bringen und am Neujahrstag ein paar Ecken der Stadt zu fotografieren.

Die feiernde Meute hatte eine Menge Müll in der Stadt hinterlassen. Aufräumende Menschen und Plätze, die davon verschont geblieben sind, waren dieses Mal mein Ziel.

Ist man auf der Suche nach Motiven, geht man automatisch mit bewussterem Auge durch die Straßen.
Man will das Schöne sehen, selbst wenn die Welt noch so hässlich ist.

Das ist es, was ich an der Fotografie schon immer so liebte. Sie macht Alltägliches zur Kunst und hält Momente, die uns im hektischen Alltag überhaupt nicht bewusst wären, fest. Zum Beispiel den alten Mann, der sich trotz seines Gehstocks bückt, um die vielen Böllerreste von der Straße aufzuheben. Oder die ältere Dame, die auf einer Verkehrsinsel verweilt, um sich dort ein paar Blumen anzusehen.

Meine Kamera war nicht außergewöhnlich gut, doch meine Foto-Ausrüstung war das Erste, das ich mir von meinem eigenen Geld gekauft hatte. Sie war einzig und allein für mich, ohne dass ich deswegen ein schlechtes Gewissen hatte.

Ich hing ungern in der Vergangenheit fest, doch Harrys Worte kamen mir während des Fotografierens noch einmal in den Sinn.

„Kunst ist auch wichtig", hatte er mir schockiert klarmachen wollen und in Momenten wie heute, während meiner Fototour, konnte ich ihm vorbehaltlos recht geben.

In der Kunst waren die wenigen Augenblicke, in denen ich glücklich war und mich frei fühlte.
Doch frei war ich nicht, denn ich musste hart arbeiten, um mir diese kurzen Momente gönnen zu können. Und letztendlich zwang mich meine innere Stimme, einen Weg einzuschlagen, der für mich sinnvoll und bedeutend war, anstatt einem Hobby nachzugehen und Risiken einzugehen.

Meine Bilder bekamen lediglich meine Follower auf Instagram zu sehen. Es war ein kleines, aber ehrlich begeistertes Publikum und das genügte mir. Immerhin war die dortige Fotosammlumg mehr für mich selbst als für die Welt.

Mein Silvesterabend kam mir inzwischen bloß noch vor wie ein sehr realer Traum, doch die 2.020$ auf meinem Konto erinnerten mich jedes Mal daran, dass diese Begegnung mit Harry Styles tatsächlich passiert war.

Ich wollte, dass es mein kleines Geheimnis bleibt, doch ich hatte die Rechnung ohne George und den Klatsch im Maélys gemacht.

„Du schuldest mir 2.020$!", lauteten die Worte, mit denen mich Eric im Restaurant empfing und wie ein Türsteher am Personaleingang stand.

Lachend ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen und tippte gegen meine Stirn.

„Dann wenigstens die Hälfte? 1.010$?", grinste er breit und öffnete seine Arme.

„Du kriegst 20$, wenn du willst", gab ich lachend zurück und umarmte meinen Kollegen fest. „Wie war's Zuhause?"

„Schön, aber halten wir uns nicht damit auf. Wie ich hörte, hab' ich hier die gewinnbringendste Schicht meines Lebens verpasst! Da ist man mal vier Tage weg und schon ist hier sie Hölle los!"

Big Tip || h.s. ✓Where stories live. Discover now