How going to Canada in November wasn't the best idea

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Es ist kalt in Kanada. Diese Erkenntnis hätte mir eigentlich schon etwas früher kommen müssen, als eine Woche vor der Reise. Tiefsttemperatur -11° C. Brrr. Und ich hatte noch nicht mal eine Winterjacke... Ich hätte wohl doch eher einen Strandurlaub in Mexiko buchen sollen.

Trotz alldem ging es Freitagabend los. Mit dem Bus über Nacht nach Toronto, ankommen sollte ich am nächsten Morgen um sechs. Dann kann ich die Busfahrt einfach verschlafen, dachte ich mir.
Daraus wurde dann doch leider nichts, denn in Buffalo musste ich den Bus wechseln. Also nachts um drei raus in das verschneite Buffalo und eine Stunde auf den nächsten Bus warten. Endlich dort eingestiegen wollte ich mein Nickerchen fortsetzen, doch nur kurze Zeit später hatten wir die Kanadische Grenze erreicht. Das heißt wieder aussteigen und durch die Pass und Gepäckkontrollen („No I don't have firearms, guns or any other kind of weapon in my baggage"). Erstaunlich schnell hatten alle Passagiere die Grenze überquert und wesentlich früher als geplant kamen wir in Toronto an.

Aber was tut man um fünf Uhr morgens in Toronto? Nicht mal das Starbucks hatte offen! Also saß ich noch ein wenig im Busterminal herum, dann zwei Stunden im Starbucks, während ich meine Reise plante. Ich würde auf mein Handy und Google Maps verzichten müssen, da ich keine Internetflat für Kanada hatte. Zu Glück gehöre ich noch zu der Generation, die sich anhand von Stadtkarten, U-Bahnplänen und Straßenschildern zurechtfinden kann (auch wenn ich Google Maps bevorzuge).
Gegen acht Uhr machte ich mich dann auf den Weg zu naheliegenden Sehenswürdigkeiten. Zuerst einmal zum Nathan Phillips Square mit dem riesigen 3D Toronto Schriftzug und einer Schlittschuhbahn, für die es jedoch noch „zu warm" war. Nach einer kurzen Rast im 2. O von Toronto machte ich mich auf den Weg zum nahgelegenen Young Dundas Square, dem Times Square von Kanada. Ich als New Yorkerin (okay nicht wirklich, aber ich wohne immerhin in New York State) war ein wenig enttäuscht. Den Kanadischen Times Square sollte man nicht mit dem amerikanischen vergleichen. Besonders lustig fand ich die Tatsache, dass ich tatsächlich alleine auf dem Platz mitten in Toronto stand. Außer ein paar Pennern war samstagmorgens niemand auf der Straße. Auch das Eaton Center, eines der meistbesuchten Einkaufszentren Nordamerikas, war wie leergefegt. Und das, obwohl es schon halb zehn war. Ich verbrachte meine Zeit mit ein bisschen shoppen und erkundete den PATH. Dies ist ein unterirdisches Netzwerk, fast wie eine zweite Stadt, welches Kaufhäuser und Hotels unter ganz Toronto verbindet. Ich fand schnell heraus, wie die Kanadier die eisige Kälte im Winter aushielten: Sie gingen einfach nicht nach draußen!

Als ich dann den Weg zum Hostel suchen wollte, zeigte mir Google an, dass es dauerhaft geschlossen sei. Auch der Umstand, dass mir zu diesem Hostel mehrere verschiedene Adressen angezeigt wurden, stimmte mich äußerst skeptisch. Zum Glück (?) war das Hostel doch nicht dauerhaft geschlossen und ich konnte einchecken. Um es kurz auszudrücken: Das Hotelzimmer in Berlin (Mama & Kira, ihr wisst wovon ich rede) ist nicht mehr das schlimmste in dem ich je nächtigte. Klaustrophobisch eng, mit einem winzigen Fenster und einer verputzten Decke mit Rissen, kam eine gewisse Knaststimmung in mir auf. Dazu noch direkt neben der Küche, in der die ganze Zeit irgendwelche Männer in einer mir fremden Sprache diskutierten und es eigentlich immer nach Bratfett roch. Ein weiteres Highlight war die nicht funktionierende Heizung und natürlich eine Art Fenster in der Decke, welches nur mit einer Plastikplane anstatt einer Glasscheibe abgedeckt war. Trotzdem kam irgendwann der Schlaf über mich und am nächsten Tag sah die Welt schon ganz anders aus.

Zur Abwechslung mal wieder Donuts zum Frühstück (wie auch am Vortag als Abendessen, Mitternachtssnack, Frühstück und Mittagessen). Danach ging es zur Hafenpromenade. Leider auch völlig menschenleer, aber mit gutem Blick auf den CN Tower und den Lake Ontario. Gegen Mittag nahm ich eine Fähre zu den Toronto Islands. Im Sommer übersät mit Aktivitäten, Attraktionen und schönen Badestränden, im Winter menschenleer. Was ich dieses Mal aber überhaupt nicht Schade fand. Ich lief durch die leeren Straßen, gesäumt von wunderschönen kleinen Häuschen und herbstlichen Bäumen. Auch der Stand ist touristenfrei (außer mir natürlich) viel schöner. Besonders gefallen hat mir der Kontrast von Natur und Dorfatmosphäre zu einer Millionenstadt wie Toronto. Die Menschen auf der Insel haben ihre Ruhe, einen Strand und Wälder, brauchen aber nur circa 10 Minuten mit einer Fähre in die Großstadt. Auch der Ausblick über das Wasser auf die Skyline von Toronto ist wirklich wunderschön und die Fahrt zu den Inseln auf jeden Fall wert. Zurück auf dem Festland und ziemlich durchgefroren machte ich Rast in einer Bar. Da der Alkoholkonsum in Kanada ab 19 gestattet ist, nutze ich das aus und trank erstmal einen leckeren Cider mit Blick aufs Meer.

Am dritten Tag hatte ich einen plötzlichen Jahreszeitenwechsel. Es hatte angefangen zu schneien und vom herbstlichen Toronto war keine Spur mehr zu sehen. Eingepackt in tausend Klamottenschichten machte ich mich auf den Weg nach draußen. Ich besuchte das Flatiron Building und schoss genau dasselbe Foto, welches meine Mutter 1996 von genau diese Gebäude gemacht hatte.
Danach ging ich in den historischen Distillery District. Auch wenn der Weihnachtsmarkt erst am kommenden Donnerstag eröffnen würde und morgens um halb zehn natürlich noch nichts geöffnet hatte, wanderte ich durch die Straßen. Die Gebäude aus rotem Backstein und grünen Fensterrahmen gemischt mit Schnee und weihnachtlicher Dekoration weckten sofort Weihnachtsgefühle in mir. Eine Aufwärmpause gönnte ich mir in dem Restaurant Cacao 70. Als ich dort ein Schokoladenfondue mit Waffeln, Brownies und allerlei Früchten bestellte, kam ich mir vor wie im Himmel. Was ist denn bitte besser als warmes Schokofondue mit Blick auf verschneite historische Gebäude, während Indie Rock im Hintergrund spielt? Richtig, so gut wie gar nichts.

Da mein Schuhwerk sich auf Sneakers mit Flauschisocken beschränkte und absolut nicht Wasser- und Schneefest war, beschloss ich den Rest des verschneiten Tages drinnen zu verbringen. Ich besorgte mir ein Ticket für Ripley's Aquarium of Canada. Dort lernte ich interessante Sachen, wie dass ich als Tunfisch circa 5000 Dollar wert war und dass der tiefste Punkt im Mariannengraben noch nicht bekannt ist. Außerdem lief ich durch einen Tunnel umringt von Aquarien, was ziemlich cool war. Nur eine Glasscheibe trennte mich von Baby, Mommy und Daddy Shark. Noch näher konnte ich allerdings Bekanntschaft mit einem Rochen machen. Mann durfte diese nämlich streichen (Aber Achtung, nur die Rochen, NICHT DIE HAMMERHAIE!!!) wieso diese allerdings ebenfalls in dem Streichelzooaqurium für Kinder schwammen ist mir rätselhaft.

Die Busfahrt zurück in die USA ging leider nicht so schnell vonstatten. Anstatt der geplanten 12 Stunden brauchte der Bus 17. Was teilweise daran lag, dass wir in Buffalo im Schnee feststeckten und ewig lange an der Grenze warten mussten. Und auch daran, dass der Busfahrer einfach plötzlich eine Pause machte und uns weder sagte wie lange diese dauert, noch wann wir wieder weiterfahren würden. Ich vermute wir haben auf dem Weg nach New York bestimmt die Hälfte der Reisenden irgendwo auf dem Weg verloren. Ich, natürlich nur eingestellt auf eine nächtliche Busfahrt, hatte weder genug Essen noch genug trinken dabei. Meine Rettung waren zwei Kanadische Mädels auf den Plätzen hinter mir, die mir eine Tüte Chips, Müsliriegel und sogar ein Sandwich schenkten. Einfach so; „We are Canadians" war ihre Erklärung (Dank geht raus an Devan und Irma, ihr wart meine Retter in der Not). Ich unterhielt mich noch weiter mit den beiden und wir stellten die Theorie auf, dass der Busfahrer gar kein Busfahrer war, sondern den ganzen Bus nur entführt hatte. Denn keine Chance dass die Fahrt nach New York City so lange dauerte. Glücklicherweise lagen wir damit falsch und erreichten unser Ziel (noch lebend) mit fünf Stunden Verspätung.

Alles in allem musste ich aber feststellen, dass alleine reisen nichts für mich ist. Auch wenn ich erstaunlich gut ohne Handy zurechtkam fehlten mir trotzdem einfach Menschen mit denen ich all die coolen Erfahrungen teilen konnte.

American Horror Story - Mein Leben als AuPairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt