New family, new start, new life

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Ein Neuanfang. Ein wirklicher Neuanfang, dass war es, was ich wirklich wollte. In einer neuen Gegend leben, neue Leute kennenlernen und einfach die letzte Zeit vergessen.

Deshalb machte es mir überhaupt nichts aus schon am Freitagmorgen die Familie in Leesburg zu verlassen. Ich hatte in dieser Zeit (nicht mal eine Woche) keine Bindung zu irgendwem aufgebaut und wollte einfach nur weg. Dafür nahm ich sogar 10 Stunden Wartezeit am Flughafen in Kauf; ich wollte alles einfach so schnell wie möglich hinter mir lassen.
Schon allein der Flug von Dulles nach LaGuardia war ein absolutes Highlight. Das Flugzeug setzte vor New York City zum Landeanflug an, sodass wir neben der Halbinsel Manhattan dem Boden immer näher kamen. Da es inzwischen schon dunkel war, flogen wir durch das Lichtermeer von New York City. Das war ein Anblick, den man weder genau beschreiben, noch auf wackligen Handyfotos festhalten konnte.

Vom Flughafen aus musste ich allerdings ein Uber zu meiner Gastfamilie nach Westchester County nehmen. Durch allerlei Verspätungen (der Uber-Fahrer steckte für 40!!! Minuten im Stau fest) kam ich erst ziemlich spät am Abend an und war einfach nur total kaputt. Trotzdem empfing mich meine Gastfamilie, die nur aus Mutter Jessica, Tochter Helen (9) und Hund Cooper besteht, ziemlich nett. Nach fast drei Wochen hier kann ich euch einiges über die beiden erzählen, aber fangen wir mit einem Wort an, dass sie am besten beschreibt: gestresst.
Das klingt zwar nicht besonders nett, ist aber leider die Wahrheit. Meiner Meinung nach haben die beiden viel zu viel zu tun. Helen spielt zwei Instrumente (Klavier und ein etwas außergewöhnlicheres Instrument namens Bassklarinette, was nur einen Kopf kleiner ist als sie selbst), ist im Schwimmteam, einem Running-Club, einem Chor, einem Klavierimprovisationskurs und etwas namens „Musicianship". Dazu kommen noch Schulaktivitäten wie der Coding-Club und die Schulband. Das bedeutet, dass wir donnerstags eine Stunde früher zu Schule laufen und die Bassklarinette (ist bedeutend schwerer als man erwartet) mitschleppen müssen. Dazu kommen noch Unmengen an Hausaufgaben, die von Helen mit vielleicht etwas zu viel Sorgfalt erledigt werden. Kurz gesagt, sie hat keine freie Minute und wenn doch wird noch schnell irgendeine Aktivität oder Übung reingequetscht.

Das Problem ist, wenn Helen unter Stress steht, wird sie zu einem völlig anderen Menschen (und hat teilweise Ähnlichkeit mit Andreas-Haaaaalt-Stopp). Der Spruch „Immer wenn du hungrig bist, wirst du zur Diva" passt perfekt. Ich sollte wohl mal Snickers kaufen gehen. Auch von meiner Gastmutter, wenn sie müde, hungrig oder gestresst ist wird mir schnell alles mögliche an den Kopf geworfen und ich kann nichts richtig machen. („Even if the teacher says she only has to do 2 problems, I want her to do the whole sheet!") Nach einer ausgiebigen Mahlzeit folgt dann meist eine Entschuldigung und die Einsicht, dass ich manche Dinge einfach noch nicht wissen kann.

Das einfachste Familienmitglied (und mit dem ich am meisten Zeit verbringe) ist Cooper, ein drei Jahre alter Beagle-Corgie-Mix. Der Kleine ist ziemlich niedlich, was sein Glück ist, sonst hätte ich ihn schon längst dafür ermordet, dass er mich jeden Morgen um 5.30 Uhr weckt. Das einzige, was man beachten muss, ist, ihn bei einer Umarmung nicht außen vor zu lassen. Er fühlt sich sonst ausgeschlossen und fängt an, an Menschen hochzuspringen.

Alles in allem habe ich hier sehr viel Freizeit und je nach Stimmungslage fühl ich mich entweder herzlich Willkommen oder wie ein kompletter Versager. Dasselbe galt übrigens auch für Helens Halloweenkostüm. Auf Anweisung der Mutter (und weil ich basteln einfach besser kann als sie) arbeitete ich eine Lichterkette in eine Perücke ein, sodass Helen auf Knopfdruck die Farbe ihrer Haare verändern konnte. Denn sie wollte als Tonks aus Harry Potter gehen und die ist, wie jeder Harry Potter Fan weiß, ein Metamorphmagus.

Inspiriert von Helens Kostüm beschloss auch ich als ein Harry Potter Charakter zu gehen. Nämlich als Professor Trelawney, die merkwürdige Wahrsagen-Lehrerin. Mit Kleidern aus einem Goodwill-Secondhandladen und einer billigen Nerdbrille von Amazon (leider für Kinder ab 5 und etwas zu klein für mich) konnte ich mich prima in meine Rolle hineinfühlen. Meine Gastmutter, ebenfalls Harry Potter Fan, beschloss als Professor McGonagall zu gehen.

Nachdem die Schulparade wortwörtlich ins Wasser fiel begann mein Halloween in den USA mit einer Halloweenparty bei einer von Helens Freundinnen. Das beste: Jessica war noch an der Arbeit und Julia durfte Helen auf die Party begleiten. Das mag sich jetzt zwar cool anhören, in Wirklichkeit war es jedoch einfach nur „awkward" (um es in Helens Worten zu beschreiben). Die Kinder spielten im Keller und ich stand in der Küche mit rund 20 amerikanischen Eltern, von denen ich nicht eine Person vorher schonmal gesehen hatte.

Das einzig Gute an der Party waren die Pumpkin Spice Brezeln. An diesem Abend hab ich meine Liebe für dieses Gewürz entdeckt. Vorher scheute ich mich davor das Herbstgewürz zu probieren, da ich annahm, dass es nach Kürbis schmeckte. Das tut es allerdings nicht und ja, ich gehöre jetzt auch zu dem Menschen, die bei Starbucks den Pumpkin Spice Latte bestellen und Bilder damit posten. #guilty Yummy, Pumpkin Spice.

Den weiteren Teil des Abends verbrachte ich mit ein paar Deutschen AuPairs aus der Gegend, wobei ich 5 der 6 Leute erst am Bahnsteig und in der Grand Central Station kennenlernte. Zusammen schauten wir uns die Greenwich Village Halloweenparade an. Ich weiß nicht, was wir erwartet hatten, aber eigentlich hätten wir uns denken können, dass es in NEW YORK CITY natürlich total überfüllt ist. Das was wir von der Parade sahen glich einem Faschingsumzug mit cooleren Wagen aber ohne Alkohol und Süßigkeiten. Nach erfolgloser Suche nach Clubs unter 21 und Housepartys ließen wir den Abend schließlich in einem McDonald's ausklingen.

Am nächsten Wochenende beschloss ich dann zum ersten Mal nach New York City (oder The City, wie alle hier sagen) zu fahren. Bei strömendem Regen versuchte ich mich alleine in der Stadt zu orientieren, was damit endete, dass ich einfach planlos durch die Stadt lief. Schließlich fand ich mich auf dem Times Square und im Central Park wieder, was deutlich angenehmer war, als es endlich aufhörte zu regnen.

Auch am Wochenende danach machte ich mich wieder auf den Weg in die City. Dieses Mal nahm ich die kostenlose Staten Island Ferry nach...große Überraschung: Staten Island. Der Blick von diesem Boot aus auf Manhattan, Liberty und Ellis Island ist einfach überwältigend und eines der besten Dinge, die man in New York machen kann. Danach traf ich mich mit einem AuPair aus meinem Cluster zu einer Haunted Ghost Tour. Die Tourleiterin versicherte uns immer wieder, dass spirituelle Erscheinungen überall in New York lauerten und wir Energiefelder mit unserem Handy aufspüren können (logisch, dass man, wenn man mit Handyblitz gegen eine schwarze Fensterscheibe fotografiert eine spirituelle Energiequelle und nicht die Reflektion des Handyblitzes sieht). Alles in allem fand ich die Tour eher amüsant als gruselig, aber ich hatte meinen Spaß.
Am nächsten Tag war der New York Marathon und ich als begeisterter Sportfan musste natürlich an diesem Ereignis teilhaben. Okay, nein nicht wirklich. Trotzdem muss ich zugeben dass es ziemlich cool war den Läufern zuzuschauen und einfach zu spüren wie ganz New York im Marathonfieber ist.

American Horror Story - Mein Leben als AuPairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt