I got kicked out

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Rematch.
Sich eine andere Gastfamilie suchen.
Das kam für mich absolut nicht in Frage. Ich hatte doch die richtige Familie gefunden - das dachte ich zumindest.

Aber ein Rematch ist nichts außergewöhnliches, wie ich hier festellen musste. Drei, mit mir vier, der zehn mit denen ich hergeflogen bin, sind schon im Rematch. Ich hätte niemals erwartet, dass es so viele sind. Ein paar Einzelne, klar, manche haben halt Pech. Aber nein.
AuPairs gehen ins Rematch aus den verschiedensten Gründe: die Gasteltern nutzen das AuPair nur aus, die Familie ist nicht so, wie man sich das vorgestellt hat, man verbringt kaum Zeit mit den Kindern oder man kommt einfach nicht miteinander aus. Oder ein Autounfall - ein ziemlich häufiger Grund, wie ich feststellen musste und leider auch meiner.

Für Amerikanische Gastfamilien generell, oder auch nur meine, ist es schwierig zu verstehen, was es bedeutet ein AuPair zu sein. Sie können sich einfach nicht vorstellen, wie es ist mit 19 Jahren, dirket aus der Schule, in ein völlig fremdes Land zu ziehen. Mit 19, gerade so erwachsen, weiß man noch nicht alles, hat kaum Lebenserfahrung. Man ist neu in dem Land, kennt die Bräuche, Regeln und Werte nicht. Man ist völlig alleine, weit weg von Freunden und Familie. Von allem Bekannten.

Natürlich weiß man nicht alles, immerhin hatte ich keine Erfahrung, wie es ist, sich den ganzen Tag um Kinder zu kümmern. Es ist anstrengend, 10 Stunden Kinderbetreuung sind kein Zuckerschlecken. Aber ich schaffe es und es macht Spaß. Ich hab die zwei Kids in mein Herz geschlossen. Sie sind zwar etwas chaotisch, können sich nicht auf eine Sache konzentrieren und man muss alles gefühlt 1000 mal sagen, aber ein simples "Love you" macht alles wieder gut.
Sie sehen dich als Familienmitglied, als ältere Schwester, als Freundin. Sie kommen abends in dein Zimmer und wollen dir was vorlesen, suchen dir ein Halloweenkostüm, damit ihr dasselbe Motto habt (Nein, ich gehe nicht als Löwenbändiger und nein, du kannst deine Schwester nicht als Löwe verkleiden und in einen Käfig sperren). Und was bei meinen Hostkids ein wirkliche Liebesbeweis ist: Sie geben dir etwas von ihren Süßigkeiten ab. Freiwillig!

Das ist der Grund wieso ich niemals ins Rematch gehen wollte. Aber die Entscheidung lag nicht bei mir.

Nach dem Autounfall fühlte ich mich schrecklich schuldig und hatte Angst, dass mich meine Familie rauswerfen würde. "We need to talk tomorrow" bedeutet niemals etwas Gutes. Aber daraus wurde nichts, am Tag danach auch nicht... Ich weckte die Kinder morgens auf und brachte sie abends ins Bett, obwohl ich frei hatte. Denn es war ja keiner sonst da.
Am dritten Tag hielt ich die Ungewissheit schließlich nicht mehr aus. Morgens, um kurz vor 10, bevor ich zum "Tubing" nach West Virginia abgeholt wurde, klopfte ich an der Schlafzimmertür meiner Gasteltern.
Meine Gastmutter, noch im Badematel, teilte mir schnell, zwischen Tür und Angel, mit, dass sie ins Rematch gehen würden. Sie seien besorgt wegen der "Safety of the children". Ja, okay. Die Kinder waren nicht bei mir im Auto und ich fahre sie vielleicht einmal im Monat irgendwo hin. Aber okay, sie können meinen Fahrkünsten nicht mehr vertrauen.

Nach und nach begann ich meine Zeit hier zu überdenken. Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass der Unfall für meine Gastmutter einfach nur ein guter Grund gewesen ist, mich rauszuschmeißen. Denn wie sie mir so schön mitteilte "Childcare is not the problem. The kids love you". Jap. Okay. Eigentlich geht es ja beim AuPair Programm nur um "Childcare". Aber gut.

Hier präsentiere ich andere Argumente, die meine Gastmutter, beim Gespräch vor ein paar Wochen (hat sie natürlich nicht selbst geführt, das durfte mein Gastvater übernehmen) nannte:

1. Sie hat das Kind mit einer Jacke rausgeschickt! (Es waren 15°)
2. Sie hat gefragt, ob sie das 10-jährige Kind alleine zur Bushaltestelle gehen lassen darf! (8 Häuser weiter)
2b. Und am nächsten Morgen sah sie nicht fertig aus, um das Haus zu verlassen. (Und nein, meine kurze Jeans ist nicht mein Pyjama!)
3. Sie redet zu viel (passt gut zusammen mit Punkt 4)
4. Zu wenig Kommunikation.
5. Wir wissen nicht wo sie ist, mit wem sie sich trifft und wie wir sie erreichen können (Ich hab ein Handy?! Lest eure SMS!!)
6. Sie hat die Wäsche im Trockner vergessen.

Und weitere Sachen, die mir einfach nur lächerlich erscheinen, von denen einige nicht mal der Wahrheit entsprachen. Ein gutes Beispiel ist, dass sie mit mir reden wollen, es aber nicht getan haben, bis ich morgens an ihrer Schlafzimmertür geklopft hab.
Okay, manche Sachen hab ich wirklich verbockt, aber kann man das nicht verstehen? Fehler machen ist menschlich.
Ich bin nach der ersten Schulwoche alleine zur Bushaltestelle gelaufen, mein Gastkind geht in die 5. Klasse. Ich sah kein Problem darin, hab aber trotzdem gefragt. Großer Fehler. Und sonst heißt immer "fragen, fragen, fragen" aber das ist hier anscheinend nicht gerne gesehen.
Um es zusammenzufassen: Ich soll alles perfekt machen, ohne Erklärung und am besten nicht nachfragen.

Nach dem ersten Gespräch vor ein paar Wochen hab ich mich angestrengt und alles angesprochene verbessert ("Nein, Kids bei 9° brauchte ihr keine Jacke"). Dass es ihnen aufgefallen ist, hab ich dann auch erst im Bademantel-Gespräch zu hören bekommen. Nach dem Motto: Ja, du hast dich verbessert. Alles angesprochene, ist jetzt perfekt, aber wir schmeißen dich trotzdem raus. Danke dafür.
"We had a long discussion about that. You have a really tight bond with the girls and it's gonna be really hard for them". Jap, also das AuPair verbessert sich, kommt gut mit den Kindern aus, aaaber sie hatte einen Autounfall und wird unsere Kinder noch umbringen!!
Die Lösung dafür hatte sie natürlich auch schon auf der Hand: Den Kindern einfach nichts davon erzählen.
Also passe ich jetzt weiter auf die Kinder auf und tue so als wäre alles in bester Ordnung.
Vielleicht ist es unfair von mir meine Gastmutte als "die Böse" hinzustellen, aber ich habe das Gefühl dass es genauso ist. Ich hatte schon immer einen besseren Draht zu meinem Gastvater, da kann Kommunikation nicht das Problem sein. Wenn mir jemand "K" zurückschreibt, ist es für mich "okay". Soll ich etwa riechen, dass meine Gastmutter mehr wissen will? Ich glaub Kommunikation ist bei ihr das Problem und nicht bei mir.
Aber was solls, dachte ich mir. Vielleicht ist ein Neuanfang gar nicht schlecht. Denn ich kann mich hier nicht wohlfühlen, wenn ich unter dem Druck stehe, dass ein einziger Fehler meinen sofortigen Rausschmiss bedeutet. Ein Fehler, wie einem Kind eine Jacke mit in die Schule zu geben.

Ab jetzt hab ich also 2 Wochen Zeit eine neue Familie zu finden. Wenn nicht, heißt es ab Nachhause. Und das ist das Letzte was ich will (auch wenn ich euch alle ganz doll vermisse).

American Horror Story - Mein Leben als AuPairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt