11:

1.5K 61 1
                                    

~°~

Ein wenig Enttäuscht war ich schon gewesen, als ich erfuhr, dass Bella ihren Geburtstags bei den Cullens feiern würde. Es störte mich nicht, dass sie bei den Cullens feierte. Es störte mich, dass sie nur mit ihnen feierte. Was hätte dagegen gesprochen ihre Freunde einzuladen, oder zumindest Dad und mich?

Heute Morgen auf dem Schulparkplatz hatte Jacob auf Bella gewartet, doch sie wäre beinah an ihm vorbeigelaufen, da sie, an den Oberkörper ihres Freundes geschmiegt, nur Augen für ihn hatte. Ich war wie üblich einige Schritte hinter ihnen zurückgeblieben. Ein wenig Abstand zu Edward und seiner Familie zu halten war mir lieber. Zunächst wollte ich aus Gewohnheit direkt zu Jake laufen, doch so wie Bella ihn nicht sah sah er mich nicht. Jacob rief nach ihr. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht joggte er auf meine Schwester zu. Edward zog die Nase kraus. Der Herr aus Mamor, der sonst keine Grimasse verzog, zog die Nase kraus. Diese Geste sah auf seinem Gesicht so falsch, so ungewohnt aus, dass ich beinah gelacht hätte. Offenbar überreichte Jake Bella ein Geburtstagsgeschenk. Ein beklemmendes Gefühl überkam mich, ein Knoten in meiner Brust. Ich wollte nicht länger zusehen, also wandte ich mich ab.

Zu meiner eigenen Überraschung fand ich mich in der Mittagspause an einem Tisch mit Bella, Edward, Alice, Jasper, Mike Newton, Angela Weber und ihrem Freund Eric, Jessica Stanley, sowie Lydia und Lola wieder. Wir waren ein seltsamer, zusammengewürfelter Haufen. In dieser Konstellation saßen wir für gewöhnlich nicht, doch heute war Bellas Geburtstag. Es war ein besonderer Tag.
Trotzdem empfand ich es als äußerst sonderbar. Ich hatte noch nie mit Mike außerhalb der Arbeit länger als zwei Minuten gesprochen. Er war nett, wenn auch ein wenig zu gesprächig. Bei den Gesprächen hielt ich mich an Lydia und Lola.

Nach der Schule fuhr ich mit Lydia zu ihr nach Hause. Da Edward bei Bella mitfuhr und die Zwei sich bei uns Zuhause Romeo und Julia ansehen wollten entschied ich mich lieber nicht dabei zu sein. Den Geburtstag meiner Schwester konnte ich nicht mit ihr feiern und bei ihrem Liebesfilm würde sie mit Sicherheit auf meine Gesellschaft verzichten wollen. Aufgrunddessen lernte ich lieber mit Lydia für Mathe. Ich hätte mich gefreut, wenn Lola mit uns gekommen wäre, doch sie fuhr mit ihren Eltern nach Port Angeles. Allerdings hielten wir die Lernerei kaum zwei Stunden lang aus. Danach lümmelten wir uns auf das Sofa und zogen uns nacheinander mehrere Folgen von Lost rein. Erst kurz vor 17 Uhr holte mich Charlie, auf seinem Weg von der Arbeit nach Hause, ab. Im Auto duftete es nach Pizza. Der köstliche Geruch sorgte dafür, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief.

Mit den vier Kartons beladen betraten wir das Haus. Während des Abendessens rührte Edward kein Pizzastück an. Widersprach Pizza seiner Diät? So wie er aussah legte er mit Sicherheit viel wert auf sein Äußeres. Als ich darüber nachdachte wurde mir klar, dass ich weder ihn noch seine Geschwister jemals habe essen sehen und das obwohl sie jede Mittagspause mit vollen Tablets vor sich in der Cafeteria saßen. Vielleicht hatte ihre perfekte Haut, ihr ganz und gar markelloses aussehen tatsächlich etwas mit einer speziellen Diät und viel Training zu tun. Außer mir schien sich niemand über Edwards Appetitlosigkeit zu wundern, weswegen ich das Thema nicht ansprach. Ich wollte aus einer Mücke keinen Elefanten machen. Nach dem Essen fuhren Bella und ihr Freund in ihrem Pick up zu den Cullens. Charlie und ich blieben zurück. Während Dad sich auf die Couch fläzte, die Mariners spielten gegen heute Abend gegen die Sox, ging ich nach oben in mein Zimmer, um zu lesen. Ich war mit dem Buch, welches ich von Jake zum Geburtstag bekommen hatte, fast durch. Inzwischen konnte ich es kaum erwarten herauszufinden wie es ausgehen würde, andererseits zögerte ich das letzte Kapitel seit Wochen hinaus, da ich nicht fertig werden wollte. Jedes Mal, wenn ich ein gutes Buch durchgelesen hatte war es als hätte ich einen guten Freund verloren.

Ich war eingeschlafen, nachdem ich die letzte Seite gelesen hatte. Das Geräusch von eiligen Schritten auf der Treppe ließ mich hochfahren. Müde rappelte ich mich vom Bett auf. Ich fühlte mich ein wenig benommen. Mit einer Hand rieb ich mir über die Augen, während ich auf den Flur trat. Aus Bellas Zimmer hörte ich eine Diele knarren. Gerade wollte ich zu ihr, als sie plötzlich in einem schicken Schlafanzug aus dem Badezimmer kam. Verwundert sie nicht in den üblichen löchrigen Sweatshirts zu sehen in denen sie sonst immer schlief beäugte ich sie. Vor etwas über einen Jahr, als wir noch in Phoenix gelebt hatten, hatte sie mich mit ihrem 'Nicht-dein-Ernst-Blick' angesehen, als ich mir drei Seidenpyjamas zum Preis von zwei gekauft hatte. Sie meinte damals sowas sei unnötig, eine Geldverschwendung. Zwar hatte ich die Schlafanzüge seit unserem Umzug nicht mehr oft getragen, da mir selbst im Haus schnell zu kalt wurde, vorallem wenn ich Morgens aufstand, doch ich fand sie immernoch super süß. Da fiel bei mir der Groschen. Mit offenstehender Kinnlade deutete ich mit dem Finger auf ihre Zimmertür.

"Ist er da drin?", wisperte ich aufgeregt.

Ich war nicht dumm. Dad sollte besser nicht herausfinden, dass Edward in Bellas Zimmer war.

Bella schlug hastig meine Hand runter und legte einen Finger an ihre Lippen.

"Ich-Ich weiß nicht wovon du sprichst!", gab sie im Flüsterton zurück, doch sie war eine schreckliche Lügnerin.

"Er ist es!", quietschte ich leise.

Meine große Schwester verdrehte ihre Augen.

"Ist er nicht!"

"Oh doch! Und ob! Du bist eine grauenvolle Lügnerin!"

"Er ist nicht in meinem Zimmer!", beharrte sie.

Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust.

"Ich habe eben eine Diele knarren hören."

Sie stieß die Luft aus und presste ihre Kleiderhaufen an ihren Körper.

"Na schön!", presste sie hervor. "Du hast recht! Bitte sag Charlie nichts!"

Empört stemmte ich die Hände in die Hüften.

"Natürlich nicht! Für wen hälst du mich?! Allerdings hoffe ich auf die gleiche Solidarität, wenn ich mal jemanden mit nach Hause bringe."

Verschwörerisch zwinkerte ich ihr zu.

Anstatt zu lächeln ertappte ich sie wie sie an mir vorbei zu ihrer Zimmertür schielte. Unruhig wippte sie auf ihren Zehenspitzen hin und her.

"Warte... Habt ihr etwa vor-? Ich meine... Habt ihr schon?"

"Adi! Was? Nein! Nein, wir haben nicht-! Er- Edward ist... altmodisch.", brachte sie stammelnd hervor, wobei ich trotz des Halbdunkels in dem wir standen, schwören könnte, dass sie rot wurde.

Verschwörerisch wackelte ich mit den Augenbrauen.

"Das heißt du würdest gerne!"

"Adi!"

Wieder huschte ihr Blick zur Tür.

"Ganz ruhig! Er kann uns nicht hören!"

Zaghaft stieß ich ihr spielerisch gegen den Arm, doch schon bei dieser kleinen Berührung zuckte sie zusammen.
Verwundert zog ich die Brauen kraus und musterte sie. Dabei erst fiel mir der Verband um ihren Arm auf. Sie hatte ihre Kleidung mit dem unverletzten Arm so davor gehalten, dass ich ihn nicht gesehen hatte. Vorsichtig kam ich näher und schob ihren gesunden Arm beiseite, um den Verletzten begutachten zu können. Besorgt sah ich meiner Schwester in die Augen.

"Was ist passiert?"

Bella wand sich von mir ab, zog sich zurück.

"Nichts. Bin gestolpert."

"Gestolpert? Und dabei hast du dich derart verletzt?"

"Fein! Ich bin gestolpert und in den Glastisch der Cullens gefallen. Ich will gar nicht wissen wie teuer das Teil war. Bist du nun zufrieden?"

Sie sah mir nicht in die Augen. Ich konnte nicht sagen, ob sie tatsächlich die Wahrheit sagte und ihr die ganze Sache unangenehm war, oder ob sie log.

"Natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn du dich verletzt! Wie schlimm ist es?"

"Alles in Ordnung! Wirklich! Carlisle hat es sich angesehen."

Ich kannte meine Schwester. Mehr würde ich aus ihr nicht herausbekommen. Vermutlich sollte ich einfach froh sein, dass es ihr bis auf ihre Blessuren gut ging.

Twilight - Bis(s) zur DichotomieWhere stories live. Discover now