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New Moon

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"Wind wehte um mich herum. Auf meiner vom Regen nassen Haut fühlte er sich eisig an. Äste peitschen mir ins Gesicht und gegen meine Arme, meine Beine. Meine Lungen brannten, doch ich blieb nicht stehen. Nur mit Willenskraft trieb ich meine schmerzenden Glieder voran. Das Adrenalin wurde noch immer von meinem Herzen durch meine Venen gepumpt. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Es hatte für mich keine Bedeutung wie oft ich stolperte, ich blieb nicht stehen. Zu meiner eigenen Überraschung war ich recht trittsicher. Bisher war ich noch nicht gefallen. Obwohl es mir unmöglich erschien versuchte ich zu beschleunigen, um schneller an meinem Ziel zu sein. Ich hatte es aufgegeben zu atmen. Inzwischen bekam ich sowieso nicht genug in meine Lungen. Mir war schwindelig, schlecht, ich fühlte mich elend, doch ich war am Leben. Ich war am Leben und auf einmal schien mir dieser Umstand nicht mehr selbstverständlich."

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Der Ball, oder besser gesagt die Bälle, waren wundervoll. Ich hatte beide Male getanzt, gelacht, mich unbeschwert gefühlt und Spaß gehabt. Die Fotos der Abende zierten nun die Fotowand in meinem Zimmer. Jake hatte recht behalten. Als wir zusammen auf der Feier seiner Highschool aufgetaucht waren wurden wir von allen angestarrt. Ich war eines der wenigen 'Bleichgesichter'. Diese Bezeichnung empfand ich nunmehr nicht mehr als beleidigend, wobei ich beim ersten Mal, als mich Quil so genannt hatte ein wenig angegriffen gefühlt hatte. Was sollte ich sagen? Im Gegensatz zu der sonnengebräunten, rostbraunen Haut der Quileute war ich bleich wie eine Wand. Naja, das war ich schon im Gegensatz zu den Meisten meiner Mitschüler.

Bellas Bein war inzwischen ohne bleibende Schäden verheilt. Sie hatte Glück gehabt, dass sie einen glatten Bruch gehabt hatte. So einer heilte schneller und ohne Komplikationen. Sie musste nicht einmal operiert werden. Als ich acht war war ich beim Fahrradfahren gestürzt. Damals hatte ich mir den linken Arm gebrochen, Elle und Speiche waren durch. Zu meinem Bedauern war ich so unglücklich gefallen, dass ich operiert werden musste. Mir wurden Drähte eingesetzt, die nach sechs Wochen wieder entfernt wurden. Leider waren meine Knochen nie ganz gerade zusammengewachsen. Neben den drei kleinen Narben zierte seitdem ein kleiner, eigentlich sehr unscheinbarer Huckel meinen linken Unterarm. Am Anfang hatte ich ein paar Male geweint, doch mittlerweile fiel es mir kaum noch auf.

Devery und Hamish hatten ihren Abschluss erfolgreich absolviert. Ich war bei ihrer Abschiedsparty gewesen. Mittlerweile waren sie auf einem Collage in Florida. Wir hielten Kontakt. Die Schule war dennoch nicht das Selbe ohne sie. Ich verbrachte nun mehr Zeit mit Lydia und Lola. Doch es wurde schnell anstrengend mit einem Pärchen abzuhängen. Das Gefühl das dritte Rad am Wagen zu sein ließ sich nicht allzu lang ausblenden. In den Ferien lebte ich praktisch im Reservat. Ich ging surfen mit Embry, wir unternahmen hin und wieder kleine Motorradtouren. Jacob saß meistens mit auf meinem, während Quil bei Embry mitfuhr. Ihm gefiel es gar nicht sich 'an einem Kerl festhalten' zu müssen. Seine Meckerei brachte uns zum lachen, denn letzten Endes fuhr er dennoch immer mit. Hin und wieder ließ ich Quil jedoch auch fahren, damit er sich nicht allzu 'entmannt', wie er es nannte, fühlte. Wir unternahmen für gewöhnlich kurze Tagesausflüge. Meistens hingen wir jedoch bei einem von uns Zuhause rum. Wir sahen Filme, spielten irgendwelche Videospiele, oder die Jungs brachten mir etwas über das Schrauben an Autos bei. Ohne angeben zu wollen konnte ich mit Stolz sagen, dass ich immer besser darin wurde. Ich wusste inzwischen in 90 Prozent der Fälle wovon sie sprachen. Charlie war von meinen Freunden begeistert. Im Gegensatz dazu war er mit Bellas Wahl nicht ganz so zufrieden, doch er tolerierte sie. Auch wenn er sich inzwischen besser mit Edward Cullen als Bellas Freund abfand mochte er Alice viel mehr als ihn. Ich musste gestehen, dass es mir auch so ging. Mein mulmiges Bauchgefühl war nach wie vor da, doch immerhin wollte ich nicht mehr sofort aus dem Raum rennen, wenn einer der Cullens ihn betrat.

Bella half mir gelegentlich beim Lernen, sodass ich in der Schule besser wurde. Auch mit den Jungs machte ich gemeinsam Hausaufgaben. Ich musste zugeben, dass diese Lerngruppen mir gut taten. Meine Noten waren noch nie so exzellent.

An meinem 17. Geburtstag am 18. August hatte ich mit Mom und Phil telefoniert. Auch Hamish, Devery und Cassy riefen an, um mir zu gratulieren. Mom und Dad hatten zusammengelegt. Zusammen schenkten sie mir eine nagelneue Motorradaustrüstung. 'Wenn du schon mit diesem Teufelsding fahren musst...', hatte Dad gesagt. Er konnte Motorräder nicht leiden. Für mich glich es einem Wunder, dass er es mir überhaupt gestattete. Ihm war jedoch auch klar, dass es ein Glücksfall gewesen war, dass Jake meine Maschine in Stand gesetzt hatte. Wir konnten uns kein drittes Auto leisten.

Das Beste an diesem Tag war jedoch die Überraschungsparty gewesen, die Lydia in ihrem Haus für mich geschmissen hatte. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet. Sie lud mich eigentlich nur zu einem kleinen Mädelsnachmittag zur Feier des Tages ein, doch als wir nach der Schule bei ihr ankamen fand ich mich plötzlich in einem vollen Haus wieder. Meine Freunde aus der Schule waren da Jason, Kathrine, Ruby, Lola. Lydia hatte sogar Jacob, Quil, Embry und ein paar andere aus LaPush eingeladen. Zwar waren auch einige Mitschüler da, dessen Gesichter ich zwar kannte, doch deren Namen mir einfach nicht einfallen wollte, doch das störte mich nicht im geringsten. Ich war unglaublich glücklich. Selbst Bella und die Cullens waren gekommen, auch wenn sie sich eher in einer Ecke rumdrückten.
Ich konnte mich nicht erinnern seit meiner Ankunft in Forks jemals so gefeiert zu haben. In einer Kleinstadt wie dieser gab es auch wenig Gelegenheiten dafür. Lydia hatte sich selbst übertroffen. Da es ein Donnerstag war endete die Feierlichkeit leider viel zu früh. Um 20 Uhr begann sich die Menge langsam auszudünnen. Es war dennoch fantastisch.

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Heute war der 13. September, Bellas Geburtstag. Sie war nicht sonderlich begeistert davon nun 18 zu werden, doch ich liebte Geburtstage dafür umso mehr.
Charlie und ich bereiteten am Morgen in der Küche alles vor. Ich hatte am Vortag, als Bella bei den Cullens war, einen Kuchen gebacken. Es war eine Schokocreme-Torte mit einer zusätzlichen zartbitter Schokoladenglasur. Mit meiner Arbeit war ich mehr als zufrieden. Die Kerzen hatte ich bereits eingesteckt bevor die Glasur hart geworden war. Sehr schlau, bemerkte ich jetzt, denn die Zartbitterschokolade war nach einer Nacht im Kühlschrank fester geworden, als ich es eigentlich vorgesehen hatte. Solange es schmeckte wäre das jedoch egal.
Liebevoll hatte ich mein Geschenk für sie eingepackt. Es war eine dünne, silberne Halskette mit einem kleinen, filigranen Sonnenanhänger.

Mit einem breiten Lächeln schlich ich rauf zu Bellas Zimmer. Dad folgte mir freudig, wenn auch nicht so aufgeregt wie ich es war. Vorsichtig stieß ich die Tür auf. Bella lag noch im Bett, doch sie war wach. Verschlafen rieb sie sich über die Augen.
Freudestrahlend schmiss ich mich neben sie auf das Bett.

"Happy Birthday, Bella!", gratulierte ich ihr in einem Sing Sang und fiel meiner großen Schwester um den Hals.

Ein wenig steif erwiederte sie die Umarmung. Ungelenk klopfte sie mir auf den Rücken. Mit körperlicher Nähe hatte sie es nie so gehabt, doch an Feiertagen überging ich ihre Kontaktphobien.

"Hier!", begeistert hielt ich ihr mein Geschenk für sie unter die Nase, nachdem auch Dad ihr alles Gute zum Geburtstag gewünscht hatte.

Ein verhaltenes Lächeln schich sich auf ihre Lippen. Sie war schon seit ihren frühen Teenagerjahren kein Fan mehr von ihren Geburtstagen. Mom und ich hatten sie seit sie zwölf war förmlich gezwungen sie zu feiern. Dennoch wusste ich es zu schätzen, dass sie versuchte sich zu freuen. Als sie das Papier vorsichtig aufgerissen hatte und die Kette erblickte wurden ihre Züge weicher. Ein liebevoller Ausdruck erschien in ihren Augen. Sie legte eine Hand auf meine. Kurz drückte sie sie behutsam.

"Dankeschön, Adi!", bedankte sie sich.

Twilight - Bis(s) zur DichotomieDonde viven las historias. Descúbrelo ahora