36. Kapitel

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Die Messe war für Piper noch immer das Deprimierenste.
Es tat ihr weh zu sehen, wie alle nur still da saßen und lustlos in ihrem Essen stocherten. Da war es schon fast besser alleine auf dem Bett zu liegen.
Allerdings war Piper froh, dass Nico, Reyna und Will auch dabei waren. Damit würde auch Thalia sich wieder der Runde anschließen und der Tisch wäre fast wieder komplett besetzt.
Fast.
Piper war klar, dass sie irgendwann weitermachen mussten, Entscheidungen treffen und ein Ziel auswählen, aber davor fürchtete sie sich eben. Sie versuchte alle Gedanken daran zu verdrängen. Sie wollte nicht, sie hatte nicht die Kraft nach vorne zu schauen. Und ohne Annabeth gab es kein Vorne.
Der Moment spielte sich immer und immer wieder vor ihren Augen ab.. wie Annabeth über die Kante, dann Wasser.. jedesmal sah sie es so hautnah wieder. Und egal wie oft sie es aufs Neue mitansehen musste, sie konnte ihre beste Freundin nicht retten.
Es war schlimm, wie Piper noch immer nicht in der Lage war, diese Tatsache zu realisieren.
Du kannst ihr nicht mehr helfen. Du kannst ihr nicht helfen, wiederholte sie innerlich immer wieder und versuchte den Sinn der Worte zu erfassen. Aber sie ist nicht tot!

„Doch"
Piper blickte matt auf, aber das Gesprochene löste bei ihr eine Welle von Panik los. Sie bemühte sich, sich auf das Gespräch zu konzentrieren, obwohl sie nicht wusste worum es gerade ging.
„Doch Thalia, mir gehts gut", es war Reyna, und dieser Zusammenhang beruhigte Piper etwas und ihre Sinne wurden wieder stumpf.
Sie ist nicht tot. Aber ich kann ihr nicht helfen.

Anstatt sich in ihren eigenen Gedanken zu verlieren, versuchte sie sich auf Reynas Stimme zu konzentrieren. Es war anstrengend und sie bekam immer noch nur die Hälfte mit aber es bewahrte sie vorerst vor dem durchdrehen und dafür war Piper schon dankbar.
Es beruhigte sie. Obwohl sie seit Tagen so niedergeschlagen war, konnte man nicht behaupten, dass sie viel geschlafen hätte. Doch auch das machte ihr Angst. Sich in Ruhe hinlegen, einfach so als wäre nichts, während Annabeth längst die Luft ausgegangen war..
Ihre eigene Atmung beschleunigte sich.
Ihre Hand krallte sich an die Kannte des Holztisches. Sie versuchte kleine Kerben mit ihren Fingernägeln ein zu ritzen und sich so abzulenken.
Ihr war nie wirklich aufgefallen wie fest der Tisch war. Wenn man den Kopf von jemandem dagegen schlagen würde, würde er zu mindest bluten... so mit einer Platzwunde. Und wenn man es sehr fest machen würde..
„Piper"
.. dann würde das noch viel mehr wehtun. Aber vielleicht nicht mehr als..
„Piper?!"
Sie sah erschrocken auf und ihre Atmung stoppte. Erst jetzt viel ihr auf, wie laut und flach sie Luft geholt hatte. Sie versuchte krampfhaft langsam zu atmen.
„Piper geht es dir gut?", fragte Reyna noch einmal sanft, doch Piper konnte ihren Gesichtsausdruck nicht ganz ausmachen.
„Können wir dir helfen?", es war nun Calypso, die direkt neben ihr saß und vorsichtig ihren Arm berührte.
Piper zuckte kurz zusammen, aber ließ sich schließlich die verkrampfte Hand von der Kante auf den Tisch legen.
Piper brachte kein Wort heraus und schüttelte nur leicht den Kopf. Die anderen schienen sie deswegen noch immer anzuschauen und Calypso nahm ihre Hand.
Obwohl Pipers Atem inzwischen ruhiger geworden war, pochte ihr Herz noch immer rasend schnell. Sie konnte nicht reden, selbst wenn sie gewusst hätte, was sie sagen sollte.
Wenigstens hatte sie sich jetzt soweit beruhigt, dass sie tatsächlich beim Gespräch zuhören konnte.
Sie bemerkte, dass Jason ihr noch einen besorgten Blick zuwarf. "Vielleicht sollten wir die Messe langsam beenden" ,schlug er dann leise vor.
"Aber wir müssen irgendwas machen" ,sagte Reyna. "Wir sind kein Stück weitergekommen, und wir müssen irgendwas machen, wir können nicht einfach-"
Sie war aufgesprungen und immer lauter geworden. Piper glaubte Tränen in ihren Augen zu sehen, während sie auf und ab schritt.
Reyna holte Luft, um weiterzureden, als sie sich auf einmal an die Seite griff und beim nächsten Schritt einklappte.
Wäre Thalia nicht sofort aufgesprungen und hätte sie aufgefangen, wäre sie mit dem Kopf gegen die Sessellehne geknallt.
Will sprang auch sofort auf und ehe Piper es verarbeiten konnte, waren die drei schon aus der Tür, die Jason für sie aufhielt. Auch Nico folgte, nachdem er noch etwas gesucht und mitgenommen hatte.
„Dann würde ich sagen das wars fürs Erste..", meinte Hazel müde, doch sie machte keinerlei Anstalten aufzustehen.
„Du kommst erstmal mit", sagte Calypso nun bestimmt. „Die ganze Dunkelheit und stickige Luft ist sowieso für keinen für uns gut", meinte sie und half Piper beim aufstehen.
Mitten am Gang wurde ihr klar wo sie hingingen. Ihr Körper versteifte sich und sie wollte sich nicht weiter bewegen.
„Du willst da hoch?", brachte sie schließlich heraus.
Calypso wirkte auch nicht gerade froh darüber, doch in ihren Augen spiegelte sich Entschlossenheit wieder.
Aus der provisorischen Krankenstube drangen Stimmen durch das Holz.
„Schau her. Wie können uns nicht für immer hier unten verschanzen, sondern müssen uns auch dem stellen, was da oben passiert ist. Ich kann mir vorstellen wie schwer das für dich sein muss, aber ich denke nicht, dass Annabeth es so gewollt hätte. Wenn sie zurückkommt, will sie sicher lieber ihr gutes altes Schiff sehen."
Piper musste ihr ungewollt zustimmen und lies such von Calypso auf Deck führen.
Die Sonne schmerzte sie fast ein wenig und Piper kniff die Augen zusammen. Trotzdem musste sie zugeben, dass sie die frische Luft und den Geruch der salzigen Gischt vermisst hatte.
Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, bemerkte Piper allerdings, dass das Deck alles andere als gut aussah.
Überall waren Waffen verstreut und getrocknetes Blut klebte an Reling und Boden.
"Ja, man müsste hier mal dringend aufräumen." Calypso seufzte. "Aber vielleicht können wir die anderen ja auch dazu bewegen."
Sofort versteifte Piper sich wieder. Aufzuräumen bedeutete weiterzumachen und so zu tun, als wäre alles wieder normal. Auch wenn es für Annabeth war, lies der Gedanke Piper schon wieder schneller atmen.
Calypso warf ihr einen Blick zu.
"Hey, alles gut" ,sagte sie sanft. "Wir gehen alles ganz langsam an. Aber wir müssen irgendwas tun, sonst machen wir uns noch selbst verrückt."
"Wie kannst du nur so ruhig sein?" ,flüsterte Piper zurück.
"Naja, jeder geht anders mit sowas um. Reyna hat sich ja auch ganz anders verhalten, als du, nicht wahr?"
Piper erinnerte sich an ihr Schreien von vorher. Obwohl es erst ein paar Minuten her war, erschien es ihr wie Stunden.
"Und wie gehst du damit um?" Piper sah Calypso beim fragen nicht an, aber die nahm wieder ihre Hand.
"Ich arbeite" ,sagte sie einfach. "Um mich abzulenken. Und hier an Board gibt es Einiges, das wieder auf Vordermann gebracht werden könnte, bis unsere Kapitäne wieder bereit sind weiterzufahren. Auch Leo arbeitet jetzt weniger. Nicht, dass ich ihm keine Pause gönnen würde, aber du weißt was ich meine. Du kennst ihn ja. Eigentlich bastelt er immer etwas am Schiff herum aber jetzt.. ich hatte gehofft, wenn wir irgendwo anfangen, dann wird sich der Rest schon ergeben. Und ein bisschen Beschäftigung kann uns allen nicht schaden."
Irgendwie machte das Sinn für Piper.
Und ja, Leo brauchte sie. Und auch Nico hatte in Annabeth mehr als nur einen Käpt'n verloren. Also fast, denn in diesem Punkt waren sie sich alle Drei sicher.
„Also, was sagst du? Räumen wir auf?"
Piper nickte und wandte den Blick von einer großen Blutlacke ab, wo vermutlich Reyna verletzt worden war.
„Ja", brachte sie heraus, „ja, los gehts"
Calypso schaffte ein Lächeln. Sie gingen wieder hinunter, um aus dem Lager Eimer und Besen zu holen.

Calypso war wirklich froh, dass sie Piper hatte überzeugen können, ihr Verhalten in der Messe hatte ihr wirklich Sorgen gemacht.
Und schon bald hatte sie auch Leo, Hazel, Frank, Jason und sogar Thalia an Deck gescheucht.
Sie lies Frank und Thalia die herumliegenden Pfeile putzen und sortieren. Einerseits um Thalia von der Stelle fernzuhalten, wo Reyna verletzt wurde, aber so konnten sich die beiden vielleicht übers Bogenschießen unterhalten.
Leo und Hazel flickten das Segel, wobei Leo erstaunlich gute Nähkünste an den Tag legte. Seine Hände huschten so flink umher, die Konzentration würde ihm bestimmt nicht schaden. Calypso hätte alles gegeben, wenn er nur wieder sein schiefes Grinsen im Gesicht hätte und mit seinen Späßen alle zum Lachen brachte. Sie vermisste das.
Sie selbst hatte begonnen das Deck zu schrubben und Piper half ihr. Obwohl das bei dem ganzen Blut und auch anderen Dingen möglicherweise nicht die beste Aufgabe für sie war, bemühte sie sich.
Will kam einmal kurz hinauf und redete kurz mit Thalia, doch bevor er wieder nach unten ging drehte er sich nich kurz um.
„Ach, unten im Gang liegt.. jemand. Noch immer. Ich dachte, bevor ich noch mal halbert auf ihn drauf steige, gebt ihr ihm lieber hier oben was zu tun. Dem würde etwas frische Luft auch nicht schaden.."
Alle schienen kurz verwirrt wen er meinte, doch es gab bestimmt niemanden an Board, der noch nicht fast auf diesen Jules-Albert drauf gestiegen war.
„Ja, sag ihm er soll hoch kommen. Es wird sich schon was finden", wies Calypso Will an und dieser verschwand unter Deck.

Kurz darauf stolperte der Typ an Deck. Er war groß, dünn und schlaksig mit blasser Haut und Augenringen unter seinen trüben Augen.
"Jules-Albert, nicht wahr?" ,fragte Calypso freundlich. "Was hälst du davon, wenn du die Waffen aufsammelst und zu Thalia und Frank bringst?" Sie deutete auf die beiden und Jules-Albert nickte.
Calypso versank wieder in ihrer Arbeit und versuchte sich ein Gesprächsthema auszudenken, das Piper ablenken würde, als sie ein Klirren und einen kurzen Schrei hörte.
Jules-Albert hatte es anscheinend geschafft sich fast den Fuß mit einem Speer aufzuspießen.
"Nichts passiert!" ,rief er zu ihr hinüber, aber Calypso musterte besorgt die Pfeile, die er mit der Spitze auf sich gerichtet hielt, während er versuchte den Speer wieder aufzuheben.
"Hey! Ok, warte, ich hab eine bessere Aufgabe für dich. Lass erst einmal die Waffen los." Sie ließ ihren Besen fallen und bugsierte ihn zur Reling.
"Hier. Das ist äußert wichtig. Beobachte das Wasser und sag mir, falls du was merkwürdiges siehst."
Dabei würde er sich wenigstens nicht wehtun oder die anderen am arbeiten hindern, dachte sie. Aber das hielt anscheinend auch nicht lang.
„Das Wasser wellt sich."
Sie atmete tief ein, bevor sie antwortete: „Ja, das hat Wasser so an sich"
Er nickte, ohne den Blick von der Oberfläche abzuwenden.
„Es wellt sich sehr", kam keine Minute später aus seiner Richtung.
„Wirklich? Du kannst ja gerne nachsehen, was da unten ist."
Er nickte erneut, aber er widersprach.
„Ich denke das wird nicht nötig sein"
„Wieso denn?"
„Es kommt von ganz allein auf uns zu."

Ahhh sorry? Hiiiiiiiiiii..... ähem ja. sorry.
Hoffentlich kommt das nächste Kapi wirklich früher, weil das ist bissi traurig... *nickt* pathetic
wir hoffen trotzdem, dass es auch gefallen hat jup! ❤❤️!

HdO Pirates - Heroes of the seven seasTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang