24. Kapitel

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Das Schwanken des Schiffes machte Leo normalerweise nichts aus.
Eine fast senkrechte Schräglage des Bodens, während alles im Lagerraum um ihn herumflog schon eher.
"Hey, nicht bewegen. ICH HAB EUCH GRAD AUFGERÄUMT!" Fluchend rannte er im Lager hin und her und versuchte seine Sachen festzuhalten. Der übervolle Lagerraum schien zum Problem geworden zu sein. Überall rollten Werkzeuge, Bretter und spitze Gegenstände herum, die normalerweise sicher in ihren Regalen lagen.
Leo schaffte es gerade eine Kiste festzuhalten, als das Licht ausging. Von irgendwo hörte er Will „Ach, komm schon!" schreien.
„Du sagst es Kumpel" ,meinte er zu sich und lies die Kiste wieder los.
Auf der anderen Seite des Lagerraums war der Hauptschalter für sein selbst erfundenes Stromsystem. Ein paar Schritte nur, und sie würden wieder etwas sehen können.
Leider wollte das Regal hinter ihm bei dem Plan nicht mitmachen und fiel prompt auf ihn drauf.
„Au", sagte er, als er mühsam darunter hervor kletterte. „Du warst doch festgeschraubt!"
Er stellte das Regal, dass seine ‚Werkstatt' von dem gelagerten Essen trennte, vorsichtig auf. Wenn dieser Sturm vorüber war, würde er hier dringend Ordnung machen müssen, bevor sich noch jemand verletzte.
Das Schiff ruckte wieder und Leo fiel über irgendeine blöde Kiste. Etwas kaltes bohrte sich in sein Bein und dann breitete sich höllischer Schmerz aus.
Er biss die Zähne zusammen.
„Toll! Lass mich raten: ein großer, blutender Schnitt? Hat mir noch gefehlt, danke!", fluchte er.
Die Tür quietschte. Die müsste er ja auch endlich mal ölen.
„Leo?"
Das war Calypsos klare Stimme, doch es schwang etwas Verzweiflung mit.
„Ähm hier, aber könntest du... gleich da oben ist ein Schalter."
Sie stolperte auch fast über etwas.
„Tut mir Leid ich... das ganze Zeug ist runtergefallen", entschuldigte er sich.
„Ja, ist ja nicht deine Schuld. Warte, dieser Schalter?"
Das Licht ging an.
Sie sah sich das Durcheinander an. Seine sorgfältig sortierten Schrauben und Nägel waren überall verstreut, vom anderen Werkzeug gar nicht erst angefangen.
„Was machst du hier?", fragte er.
„Annabeth meint zwar, die haben alles unter Kontrolle, aber ich glaube wir brauchen dich-"
Calypsos Blick viel auf sein Bein. Auch Leo konnte sich die Wunde im Licht genauer anschauen. Seine große Säge hatte seine Hose zerrissen und sich schräg in den Oberschenkel gebohrt.
„Du bist verletzt und sagst nichts? Kannst du gehen? Nein, bleib hier ok? Ich hol Will."
„Nein warte, geh nicht weg!"
„Was?"
„Ich meine, es ist nicht so schlimm. Es geht schon."
Leo versuchte aufzustehen, doch sobald er das Bein belastete, knickte er ein. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
Calypso fing ihn noch auf, schüttelte den Kopf und setzte ihn mit dem Rücken gegen die Wand. Vorsichtig holte sie die Säge heraus und trennte einen Ärmel von ihrem Hemd ab. Damit begann sie die Wunde zu verbinden.
„Du bist so stur! Wenn man Hilfe braucht, dann sagt man das!"
„Ach ja? Du bist auch stur! Und nervig und wunderschön-"
„Kannst du nicht einmal die Klappe halten?"
„Bring mich doch dazu!"
Und dann beugte sie sich vor und küsste ihn.
In Leos Kopf ratterte es kurz, bis er realisieren konnte, was gerade passierte. Er legte die Arme um sie, und zog sie noch ein bisschen näher.
„Wirst du jetzt die Klappe halten?"
„Sehr wohl, Käpt'n", antwortete er und konnte nicht aufhören zu grinsen. Er spürte die, jetzt verbundene Wunde, gar nicht mehr. Nur sein eigenes klopfendes Herz, das sicher laut genug war, dass es vermutlich jeder am Schiff hören konnte.
"Jetzt bringen wir dich aber zu Will" ,sagte Calypso streng, aber sie hatte auch ein breites Lächeln im Gesicht.

Wenn unter Deck Chaos ausgebrochen war, dann war an Deck die Hölle los, stellte Will fest. Alles war klatschnass und finster, und er hoffte, dass noch niemand über Board gegangen war.
Annabeth hatte ihn vorher Seile holen geschickt, weil sie versuchten alles festzubinden und das Segel schnell verstauen mussten.
Jedoch war der Boden von Essen, Werkzeug und persönlichen Sachen überfüllt und Will musste sich erstmal durchkämpfen. Das das Licht seinen eigenen Willen entwickelte, war nicht gerade hilfreich.
Auf einmal verwickelte sich sein Fuß in etwas und Will landete am Boden. Jetzt hatte er wenigstens ein Seil gefunden.
Er packte es und rappelte sich auf, als eine Stimme ertönte. "Will, warte!"
Hinter ihm stolperte Calypso aus dem Lagerraum. Sie stützte Leo, dessen Bein verbunden war.
"Was ist passiert?" Will strich sich die nassen Haare aus der Stirn und kam näher.
"Ich wurde von einer gemeingefährlichen Säge attackiert."
„Verstehe, wie schlimm ist es? Ich müsste nur noch schnell das Seil rauf brin-„
„Will?" , es war Nico, der nun die Treppe herunter stolperte, wobei er mit dem Schwanken sogar recht gut klar kam.
„Alles ok? Wir brauchen das Seil und.." , er hielt Inne, als er ihn sah und Leo, der das Bein verbunden hatte. Dann nickte er.
„Passt, du hilfst Leo, ich nehm das Seil. Calypso, komm mit, die brauchen uns an Deck"
Er nahm Will das Seil aus der Hand, nickte ihm zu, und machte sich auf den Weg nach oben. Calypso folgte ihm, doch sie warf Leo noch ein bereites Grinsen zu.
„Okay, komm schnell", meinte Will und versuchte klar zu denken, was bei dem Sturm über ihnen nicht ganz so leicht war. Er führte Leo in seine und Nicos Kajüte um sein Bein zu desinfizieren und neu zu verbinden.
„So, das wärs. Du kannst natürlich noch hier unten, in deiner Kajüte bleiben. Es ist nichts schlimmes, aber oben könntest du dir nur mehr wehtun"
„Vielen Dank, Will. Du gehst rauf, oder?"
„Ja, ich schau wo ich helfen kann. Man sieht sich, wenn ich inzwischen nicht über Board gehe"
Mit diesen Worten lies er Leo in seiner Kajüte und lief, so gut es eben ging, zurück an Deck.

HdO Pirates - Heroes of the seven seasWhere stories live. Discover now