(4/5) Der Fuchsbau

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"Was ... ist das?"

Er ließ den Kopf sinken, eine dunkle Stirnlocke fiel ihm über das Gesicht.

Zu dem bizarren Fund schien er nichts sagen zu wollen, aber darüber musste gesprochen werden. Die gespannte Stille zwischen ihnen wurde jäh unterbrochen, als vom anderen Ende der Halle das Rumpeln der Ofentür erklang, begleitet vom lauten Schimpfen der Haushälterin.

Vorsichtig legte Emma die Krähe, die sie noch immer auf der Handfläche hielt, zu den vertrockneten Brotscheiben. Sie raffte das Tuch zusammen und kam eilig auf die Füße.
"Komm mit."
Mehr sagte sie nicht; aber es hatte wohl etwas so Entschlossenes, dass er wortlos folgte. Mit schnellen Schritten verließen sie die Halle Richtung Küche, wo Myrna der armen Einin eine Standpauke wegen des missratenen Kuchens hielt. Bevor sie gesehen werden konnten, rauschte Emma an der offenen Küchentür vorbei; auf rutschigen Socken folgte Shay ihr zur Gesindetür.

Deine Schuhe. Zieh sie an", flüsterte sie ihm zu. "Und vergiss die Jacke nicht. Es ist kalt draußen."

Wo wollt ihr denn hin, ihr beiden?" Hinter dem Türrahmen lugte Myrnas Kopf hervor

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Wo wollt ihr denn hin, ihr beiden?" Hinter dem Türrahmen lugte Myrnas Kopf hervor. "Lauft mir nicht weg, es gibt gleich Tee." Die Zornesfalten standen ihr auf der Stirn, als sie den letzten Teil ihres Satzes rückwärts in die Küche hinein sprach. "Und Kuchen. Wenn man die Fantasie aufbringt, ihn als solchen zu erkennen."

Emma hielt das Tuchpaket hoch. "Wir bringen nur eben das Brot raus", erklärte sie. "Zu den ... Vögeln."

Myrnas Blick ging missmutig zwischen beiden hin und her. Schließlich schüttelte sie den Kopf, ihre Hand gestikulierte auf Höhe ihres roten Gesichts. "Ich verstehe zwar nicht, warum man in diesem Haus ein paar dürre Scheiben Brot nicht einfach in den Küchenmülleimer werfen kann - aber meinetwegen, ihr werdet eure Gründe haben." Sie seufzte. Tut, was ihr tun müsst. Füttert die Krähenviecher. Die werden sowieso jedes Jahr mehr. Es ist ein Wunder, dass sie nicht bereits im Haus ein und aus fliegen." Sie fischte nach dem Taschentuch in ihrem Ärmel. "Aber dann kommt schnell wieder rein", näselte sie unter dem karierten Stoff, "der Bengel soll sich vor dem Essen noch umziehen. Er verteilt den Dreck, der von seiner Hose rieselt, bis in alle Zi ...", sie nieste laut. "... Zimmer."

Kritisch besah Shay seine Knie. Sie waren hellbraun von dem lehmigen Boden, der sich überall rings ums Haus fand.
Emma nickte. "Gesundheit", wünschte sie. Ihre Geste wurde ignoriert, darum ließ sie es dabei; in den letzten Tagen hatte sie bereits verstanden, dass die Haushälterin nur auf Dinge reagierte, die ihr wert und wichtig erschienen - Höflichkeiten dieser Art hatten gerade keine Relevanz, sie schien mit anderem beschäftigt.

Das Tuch sorgsam mit der Rechten zusammen haltend begann Emma ihre Füße in die Schuhe zu zwängen. Einhändig war das nicht so einfach; ihre Socke verdrehte sich unglücklich, aber das war jetzt egal. Wenn Myrna nur endlich verschwand! Noch immer stand sie wie ein Aufseher im Durchgang zur Küche und beobachtete beide mit ihrem von der Erkältung verwässerten Habichtsblick.

SHADOW HALL - Eine Geistergeschichte aus Irland #ThebestwriterAward2019Where stories live. Discover now