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Es fiel ihr nicht leicht Mrs. Saunders zu sagen, dass es mit der neuen Stelle nicht geklappt hatte und dass sie nun also auf unbestimmte Zeit weiter bei der Familie bleiben würde. Beinahe hätte sie sich sogar entschuldigt für ihren Versuch, eine andere Familie zu finden, so sehr schämte sie sich. Es war ein kurzes Gespräch, in dem sie noch weniger sagte als Mrs. Saunders. Die Situation bot an, sie jetzt, wo sie sowieso erst einmal bleiben musste, wenigstens nach den näheren Gründen für ihre Unzufriedenheit zu fragen. Aber man gab ihr keine Gelegenheit darüber zu sprechen. Mrs. Saunders meinte nur, es sei ganz normal, dass man mit einer Stelle nicht hundertprozentig einverstanden sei, man habe sich damit zu arrangieren. Das sei eine Frage der persönlichen Flexibilität und Reife - und diese wiederum würde ein fähiges Kindermädchen auszeichnen.

Spätestens in diesem Moment war Emma froh, dass sie ihre Kritikpunkte nicht im Detail diskutieren musste. Wie ja auch die vergangenen Wochen bereits verdeutlichten, hätte es zu nichts geführt. Mrs. Saunders war sich ihres eigenen Anteils an der Situation nicht bewusst. Und wenn dies doch der Fall war, verbarg sie es sehr gut.

Wenigstens schienen beide sich im Stillen einig zu sein, nun so zu tun, als hätte es keinen Konflikt und keinen Ausbruchversuch gegeben. Das wurde in den nächsten Tagen deutlich, als die Dinge haargenau wie in den Wochen davor abliefen und nichts, aber auch gar nichts sich veränderte. Was zuvor problematisch gewesen war, war es auch weiterhin, und was in Ordnung war, verschlechterte sich nicht. Insbesondere für das Zweite war sie aufrichtig dankbar und sie rechnete es Mrs. Saunders durchaus an. Aus Sicht der Gastgeberin, die sie immerhin war, hätte sie sie den Unmut über ihre mangelnde Loyaliät nun täglich spüren lassen können. Aber entweder war es ihr egal und sie hatte tatsächlich das dicke Fell, das sie zur Schau trug - oder sie war extrem verärgert und kämpfte sich nun ebenso verbissen wie Emma durch die angespannte Situation, in der Hoffnung auf baldige Auflösung.

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Drei Tage musste sie ausharren, bis sie erneut von Ms. Potts hörte. Ihr Herz machte einen Sprung, als am Abend der Name der Betreuerin auf dem Display erschien. Ms. Potts wollte sich aber nur informieren, wie es inzwischen lief. Und nachfragen, ob sich die Wogen einigermaßen geglättet hätten. Emma unterdrückte ihre Enttäuschung. Oh, sie wusste, sie musste Geduld haben. Ms. Potts brauchte Zeit! Immerhin gab es ja auch noch andere Au Pair Stellen, die sie betreute.

Sie hatte sich vorgenommen, Tante Moni erst wieder zu schreiben, wenn es etwas Erfreuliches zu berichten gab. Nur kurz hatte sie ihr von der Absage der Chapmans erzählt und versichert, es ginge ihr soweit gut. Die Behauptung, die neue Familie sei ihr dann doch irgendwie nicht so sympathisch gewesen und sie würde nun gelassen abwarten, was sich als nächstes ergab, hatte ihr das Vakuum beschert, in das sie sich nun zurück zog: Sie musste sich darauf konzentrieren, die Zeit zu überstehen und wollte nicht darüber reden, wie es sich anfühlte, in einer Familie untergebracht zu sein, in der sie nur eine Art Beschäftigungsautomat für die Kinder war, aber nicht mit ihren Rechten und Bedürfnissen wahrgenommen wurde. 

SHADOW HALL - Eine Geistergeschichte aus Irland #ThebestwriterAward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt