(3/2) Broom Chamber

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Sie spürte, wie der Schwindel zurück kam. Ihr war heiß, und doch fror sie in der kalten Luft. Wenn es hinter ihr keine Treppe gab: wie war sie in diese Küche gekommen?
Hagan musste sehen, dass sie kurz vor dem Umkippen war. Oh, warum hatte er sie hier entdeckt? Sie hätte nur einen Augenblick mehr Zeit für sich allein gebraucht, um das... was immer es war... zu verarbeiten. Es wäre ihr lieber gewesen, er hätte ihr nicht ins Gesicht gesehen, während sie bemerkte, dass sie sich die Treppe nur eingebildet hatte. Mit knapper Not hatte sie über ihren Schock hinweg täuschen können. Sie musste einen abwesenden, ja verwirrten Eindruck machen. Exakt das war es, was sie zu vermeiden versucht hatte. Sie wollte selbstbewusst wirken. Wach und präsent. Damit sie hier nun einen besseren Start hatte als bei den Saunders. Gut, das hatte nicht funktioniert. Nun musste sie das Beste daraus machen und diesen Eindruck so schnell wie möglich korrigieren.

Hagan trat an den großen Kühlschrank. Im matten Edelstahl der Tür spiegelte Emma sich nicht. Schnell nutzte sie den Moment, wischte sich mit beiden Händen durch das schweißnasse Gesicht und rieb die Kälte aus ihren Wangen, damit sie rosig wurden. Sie musste aussehen wie der wandelnde Tod.

"Ich hätte hier vier Stücke Zitronenkuchen. Wollen wir die mitnehmen?" Er sah über seine Schulter zu ihr herüber. "Sie sollten vielleicht doch schon etwas essen." Er ließ den Kühlschrank zufallen. In der Hand hielt er einen mit Frischhaltefolie abgedeckten Teller. "Flann Doyle kommt in ungefähr einer Stunde vorbei und hilft mir. Wir arbeiten am alten Stall, vielleicht haben Sie ihn von Ihrem Fenster aus schon gesehen? Er bringt Scones zum Frühstück mit. Bis dahin hätte ich den hier anzubieten... was meinen Sie?"

Emma starrte auf den Teller, den er ihr entgegen hielt. "Zitronenkuchen... ja, gerne."
Sie traute sich nicht zu fragen, was Scones waren. Sie musste vergessen, was eben passiert war, denn anders konnte man damit nicht umgehen. Nichts war passiert, gar nichts. Hagan war hier mit ihr, lebendig und real, sie war in Irland, Shay kam erst morgen nach Hause und heute durfte sie darum alles ruhig angehen lassen. Alles war in Ordnung und es würde noch viel mehr in Ordnung kommen. Sie war nur sehr müde und durcheinander, das war alles. Und jetzt gab es realen heißen Tee und dazu normalweltlichen Zitronenkuchen und sie würden an einem echten Kamin sitzen, in einer Halle, die weder plötzlich auftauchte noch auf mysteriöse Weise verschwand. Das war doch gut! Das würde ihre verhedderten Nerven garantiert sortieren.

"Nehmen Sie zwei der kleinen Teller aus dem Schrank hier vorne mit." Hagan nickte gegen das Glas des alten Buffets. "Und wenn Sie mögen, auch eine Gabel aus der Schublade hier vorne - ich brauche aber keine, der Kuchen lässt sich gut aus der Hand essen. Ihre Tasse habe ich schon drüben, es fehlen nur die Teller."

Es tat ihr gut, dass er mit ihr sprach. Es half ihr, in die Realität hinüber zu finden. Sie war froh, etwas zu tun zu haben, jetzt, wo sie sich ein wenig gefangen hatte; sie öffnete den Schrank, nahm zwei lindgrüne Frühstücksteller von einem der Stapel und atmete erleichtert auf, als sie endlich die Küche verließen.

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SHADOW HALL - Eine Geistergeschichte aus Irland #ThebestwriterAward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt