(6/5) Salbei Tee

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Sie duschte länger als gut war. Umso mehr beeilte sie sich danach, in Jeans und Pulli zu kommen. Die nassen Haare föhnte sie nur oberflächlich trocken, der alte Föhn brüllte ihr zu laut an ihrem Kopf. Es wurde höchste Zeit, dass sie sich unten blicken ließ. Auf eine laufende Nase war sie nicht eingestellt, ihr Taschentuchvorrat beinhaltete sechs Packungen, die sich noch in ihrem Koffer befanden, dazu eine weitere auf der Kommode, die aber bereits zuende ging. Sie würde Myrna fragen müssen, ob sie noch ein paar mehr für sie hatte, und sich eine Rolle Toilettenpapier ins Zimmer stellen. Ihr war schwindelig nach der Dusche. Ihren erhöhten Puls spürte sie im gesamten Körper. Hoffentlich bekam sie nicht auch noch Fieber!

Wie Tante Moni es ihr für solche Fälle immer geraten hatte, tüdelte sie sich noch einen Schal um den Hals und lief dann auf ihren dicken Socken  die Treppe hinunter

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Wie Tante Moni es ihr für solche Fälle immer geraten hatte, tüdelte sie sich noch einen Schal um den Hals und lief dann auf ihren dicken Socken die Treppe hinunter.

Beinahe stolperte sie über die letzten Stufen, als die altmodische Türglocke erscholl. Sie blieb stehen. Niemand sonst war in der Halle. Sollte sie öffnen ... gehörte das überhaupt zu ihren Aufgaben? Spontan ans Telefon zu gehen oder fremde Türen zu öffnen, ohne zu wissen, wer dahinter stand - das waren Situationen, die sie auf ihrer Liste der persönlichen Gruseligkeiten ganz oben einsortierte. Sie wartete einige Sekunden. Aber niemand kam, um das Problem zu entschärfen.

Ein heftiger Nieser kündigte sich an, ihre Augen tränten. Sie hielt sich das Taschentuch vor die kribbelnde Nase, wartete mit offenem Mund, starrte auf die Tür. Und wenn das die Au Pair Betreuerin war? Sie mussten ihr öffnen! Myrnas Kaffeemühle ratterte laut in der Küche, Einin, Shay und Hagan schienen sonstwo beschäftigt zu sein.
Sie nieste, schnaubte und stopfte das Taschentuch in ihre Hosentasche. Also gut. Dann war es wohl ihr Job. Sie hasste es. Ein paar widerwillige Schritte, die Hand an die Klinke gelegt, und sie öffnete zaghaft die Tür.

Durch den Spalt lugte sie nach draußen. Niemand war da. Schließlich öffnete sie ganz und trat auf die borstige Fußmatte hinaus. Frostige, feuchte Luft schlug ihr entgegen; die Bäume, das Tor, der Brunnen, alles war nur schemenhaft zu erkennen, der Nebel hatte einen dichten Mantel über die Gegend geworfen.

 Frostige, feuchte  Luft schlug ihr entgegen; die Bäume, das Tor, der Brunnen, alles war nur  schemenhaft zu erkennen, der Nebel hatte einen dichten Mantel über die  Gegend geworfen

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"Hallo ...?", fragte sie in das graue Nichts hinaus. Sie lauschte auf Schritte oder Antwort. Aber da war niemand; nur ein paar Krähen krächzten aus dem Wald herüber. Hatte denn nur sie die Türglocke gehört - so wie das Knarren ihrer Zimmertür vor einer halben Stunde? Tränen schossen ihr in die Augen, diesmal kamen sie nicht von der Erkältung. Was war nur los mit ihr! Seit einigen Tagen häuften sich diese Situationen. Drehte sie langsam durch? Mit klopfendem Herzen trat sie ins Haus zurück und schloss die schwere Eingangstür.
Unsicher, ob jemand sie bei ihrem sinnlosen Tun beobachtet hatte, spähte sie durch die Halle und zur Galerie hinauf. Wenigstens schien es niemand gesehen zu haben. In der Küche erstarb das Geräusch der Kaffeemühle und Myrna sagte etwas; die unverständlichen Worte drangen nur als dumpfes Brummeln an Emmas Ohren. Einin oder Shay mussten bei ihr sein.

SHADOW HALL - Eine Geistergeschichte aus Irland #ThebestwriterAward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt