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Wir sitzen zu dritt am Tisch und frühstücken.
„Habt ihr gestern noch etwas gemacht?", frage ich Elias und Joel.
„Du meinst, ob ich noch kurz die Waffen aus der Waffenkammer geklaut habe?", fragt Elias. Ich spüre, wie ich rot anlaufe und möchte am liebsten im Boden versinken. Elias und Jaron lachen natürlich nur. Ich sollte Elias nicht unterschätzen, Selbstbeherrschung ist eine seine Stärken.
„Wie stellen wir das eigentlich an?", fragt Jaron.
„Alea will uns heute Mittag am See treffen, ich schätze mal, dass wir das da besprechen. Ich weiß nur, dass das leichter werden dürfte wie gestern. Hoffe ich jedenfalls", sage ich.
„Ach was, das geht ganz einfach", sagt Elias.
„Was machen wir eigentlich, wenn die Wächter dahinterkommen?", fragt Jaron.
„Wir hoffen einfach, dass sie nichts merken", sagt Elias trocken. Wir alle wissen, dass wir keine Chance haben, wenn die Wächter etwas dagegen haben. Andererseits, habe ich das so verstanden, dass sie uns brauchen. Sie brauchen jemanden, der die Steine beschützt. Jemanden, der aufpasst, dass die Steine nicht vereint, geschweige denn zerstört werden. Andererseits sollen wir den Steinen ja auch dienen und genau das tun wir indem wir planen sie zu zerstören, so verrückt das auch klingt.
„Ich weiß wir haben gestern alle nichts gegessen, aber das ist jetzt deine fünfte Schüssel Müsli! Wie viel kannst du denn Essen?", fragt Elias belustigt. Ich zucke nur unbeeindruckt mit den Schultern und gönne mir einen weiteren Löffel. Auch Jaron kann nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Jetzt weiß keiner mehr was er sagen soll und es herrscht ein gefräßiges Schweigen meinerseits. Mir macht das sichtlich wenig aus, ich rede ja sowieso nicht viel und Jaron scheint es gleich zu gehen. Nur passt das Schweigen so gar nicht zu Elias.
„Wieso sitze ich eigentlich mit den beiden gesprächigsten Personen, die ich kenne an einem Tisch?", zieht Elias uns lachend auf, um das Schweigen zu brechen. Erst überlege ich ob ich einfach nicht darauf eingehen soll, nur um ihn zu provozieren, dann überlege ich es mir aber doch anders.
„Ich hab's dir schon mal gesagt und ich sag es dir gerne wieder: Ich spare mir meine Worte für ein kompetentes Gespräch", stichele ich also zurück und hoffe, dass er in meine Falle tappt.
„Vielleicht führe ich auch einfach mehr kompetente Gespräche wie ihr und rede deshalb so viel?"
„Du vergisst da nur einen wichtigen Faktor!", kontere ich überlegen, dieses Gespräch verläuft genauso wir ich mir das vorgestellt habe.
„Ach ja und welchen?"
„Du redest seit zwei Wochen nur mit uns!", rufe ich triumphierend und Jaron und ich müssen bei Elias Gesichtsausdruck lachen. Man sieht förmlich, wie es in ihm rattert. Als es bei ihm ‚Klick' macht, verschränkt er beleidigt die Arme vor der Brust und sinkt tiefer in seinen Stuhl.
„Ach komm schon, hör auf zu schmollen. Gehen wir schon mal zum See!", sagt Jaron grinsend und steht auf. Auch ich stehe auf und räume meine leere Schüssel auf einen extra hierfür hingerichteten Geschirrwagen. Ich werfe noch einen letzten sehnsüchtigen Blick auf das perfekt hingerichtete Buffet gehe dann aber doch in Richtung Ausgang. Ich nehme zwar nicht zu, egal wie viel ich esse, aber ich muss mein Glück ja nicht herausfordern.
„Kommst du?", frage ich versöhnlich.
„Ich weiß nicht, bin ich denn kompetent genug?", fragt er etwas beleidigt.
„Also wirklich, du weißt doch, dass das nicht böse gemeint war!", sage ich entschuldigend. Als er keine Anstalten macht aufzustehen, gehe ich voraus. Dann eben nicht... Dann steht er doch wieder Willig auf und folgt Jaron und mir. Ich rolle mit den Augen und schüttele den Kopf. Jungs...
„Bist du immer noch beleidigt?", frage ich Elias als wir bereits im Garten angekommen sind.
„Ich bin nicht beleidigt!", sagt er, dann beginnt er zu grinsen, „Ich bin es nur nicht gewöhnt, dass du so viel redest."
Ich will einen kleinen Wasserball über ihm platzen lassen, aber er bemerkt es und stößt ihn mit einem Windstoß über mich. Ich bekomme die volle Ladung ab. Erst starre ich Elias schockiert an, dann fangen wir beide lauthals zu lachen an.
„Was ist denn jetzt los?", fragt Jaron verwundert und bekommt gleich darauf einen ebenfalls einen Wasserball ab.
Nach einer kurzen Wasserschlacht, in der ich natürlich Haushoch überlegen war –Was so viel bedeutet wie: Ich habe gegen Jaron und Elias gnadenlos verloren, nachdem Jaron mich in einem Käfig aus Erde gefangen und Elias diesen schließlich ins Wasser befördert hat. Gut, die beiden wurden als Rache zwar auch komplett nass, aber das ist bei weitem nicht dasselbe- legen wir uns in das weiche Gras zum Trocknen. Eigentlich würde es an meinem Stolz kratzen in mein eigenes Element getaucht zu werden, zumal mir im Nachhinein aufgefallen ist, das es gar nicht so weit hätte kommen müssen, ich hätte einfach das Wasser von mir wegstoßen können, aber heute ist so ein schöner Tag, da kann mein Stolz auch mal was einstecken.
„Was ist denn mit euch passiert?", fragt Zoey lachend die über mir auftaucht und den Himmel verdunkelt.
„Eine Wasserschlacht", erkläre ich und setze mich auf „Mit unfairen Mitteln!"
„Seit wann ist zwei gegen eins unfair?", fragt Elias grinsend, „Beim Frühstück war das doch auch noch in Ordnung." Bevor ich auch nur ein Wort erwidern kann, tauchen auch schon Lexian und Alea auf. Wir werden schlagartig ernst. Jetzt wird besprochen, wie wir an die anderen beiden Waffen, die sich in der Waffenkammer des Palastes befinden, kommen, um sie zu stehlen.
„Wie gehen wir vor?", fragt Jaron und kommt damit direkt zur Sache.
„Na ja, bis jetzt steht nur fest, wer auf jeden Fall mit in die Waffenkammer muss", sagt Alea.
„Und das wären?", fragt Elias.
„Also, Lexian muss mit, weil er die Schutzzauber erspüren und hoffentlich auch deaktivieren kann. Emily und Elias sind die wahren Erben und sind deshalb auf jeden Fall auch dabei. Mich braucht ihr, um die elektrischen Sicherheitsmaßnahmen zu deaktivieren", erklärt Alea uns.
„Ich dachte wir teilen uns nicht auf?", fragt Zoey verwirrt.
„In dem Fall schon", sage ich. „Ihr drei müsst die Wächter ablenken."
„Ist das der ganze Plan?", fragt Joel.
„Im Großen und Ganzen, ja, wir müssen nur noch die Feinheiten ausarbeiten", meint Lexian „Und da wäre noch eine Sache. Ich fürchte, der Zirkel schöpft Verdacht. Ich habe ein Gespräch belauscht. Sie wollen uns, um sicherzugehen, beobachten lassen. Am besten tut ihr so, als wäre alles normal. Sollten sie etwas mitbekommen, glaube ich kaum, dass sie zögern werden eure Steine zu stehlen. Sie wollen sie auf jeden Fall auf der Feier vereinen."
„Ich habe da noch eine Frage: Wann zerstören wir die Steine?", fragt Jaron.
„Es ist zwar riskant, aber um sicherzugehen, dass die Macht der Steine nicht missbraucht wird, auch nicht ohne Absicht, sollten wir warten, bis die Wächter ihre Kräfte auf die Steine übertragen haben", ich mache eine Pause und schaue alle an „Und bevor wir sie zerstören, machen wir das auch. Damit ist es sicher, dass keiner mehr eine solche Macht besitzt und wir können wieder zurück nach Hause. Als wäre nichts gewesen."
Es herrscht ein betretenes Schweigen. Für uns wird es nicht so sein als wäre nichts gewesen, für Linea schon. Wir verlieren die Magie, damit der Frieden nicht durch die Steine zerstört werden kann.
„Du hast recht", sagt Zoey.
Den restlichen Tag besprechen wir, wie wir die fehlenden beiden Waffen stehlen. Am Ende des Tages, weiß jeder genau was er zu tun und wo er wann zu sein hat.
Die anderen sind schon zurückgegangen, nur Elias und ich sind alles noch einmal durchgegangen.
„Ich habe Angst", gestehe ich „Woher wissen wir, dass wir das Richtige tun?"
„Du weißt, dass es richtig ist", sagt Elias und sieht mir dabei in die Augen. Ich weiche seinem Blick aus und schaue nach unten.
„Hey", sagt er und hebt mit der linken Hand mein Kinn an, sodass ich ihm wieder in seine tiefen, grauen Augen sehe. „Denkst du etwa dein Stein würde uns helfen sich zu zerstören, wenn er das nicht wollte?"
„Nein, aber... ", fange ich an, doch komme nicht weit.
„Seit ich dich kenne, hast du dich noch nie falsch entschieden", sagt er und streicht mir eine Strähne hinters Ohr.
„Du kennst mich doch erst seit zwei Wochen", widerspreche ich.
„Das stimmt nicht. Ich beobachte dich schon viel länger."
„Ach ja. Und seit wann?", frage ich. Allein bei dem Gedanken daran wird mir ganz warm.
„Weißt du, du bist ziemlich ruhig, schüchtern, eine Außenseiterin, du fällst auf", sagt er.
„Soll das jetzt ein Kompliment sein?", frage ich etwas verwirrt.
„Jeder mag die Außenseiter!", sagt er und mein Bauch beginnt zu kribbeln.
„Interessant. Und ich dachte immer ich wäre unsichtbar"
„Nicht für mich", flüstert er und beugt sich vor, um mich zu küssen. Ich drehe meinen Kopf schnell weg.
„Dass darfst du nicht ohne zu fragen", sage ich und das Gefühl in meinem Bauch ist kaum auszuhalten.
„Darf ich?", fragt er. Mir wird ganz heiß, aber ich schüttele nur den Kopf. Er tritt einen Schritt zurück.
„Tut mir leid", entschuldigt er sich.
„Ist schon in Ordnung", sage ich. „Gehen wir zurück in den Palast"
Mein Herz pocht den ganzen Weg zurück und meine Gedanken drehen sich nur noch um den fast-Kuss. Ich habe noch nie jemanden interessant genug gefunden, um ihn zu küssen. Deshalb habe ich auch absolut keine Erfahrung darin. Das wäre der perfekte erste Kuss geworden. Was stimmt denn mit mir nicht? Ich mag ihn doch, oder etwa nicht?

Ich glaube, ich habe Angst.

Angst davor, verliebt zu sein.

Zirkenia - Die Macht der ElementeWhere stories live. Discover now