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„Nein wir haben gewonnen", sagt, wie ich jetzt feststelle, Elias.
„Von wegen!", ruft Zoey, „Wir haben euch sowas von platt gemacht!"
Ich blinzele vorsichtig gegen das helle Licht an, das nicht, wie ich zuerst dachte, die Sonne ist, sondern ein leuchtender Energieball. Keiner wie beim Spiel, dieser leuchtet in einem warmen sonnenaufgangsorange wie der, den ich damals beim Zirkel gesehen habe. Der, an dem ich Lexian erkannt habe. Das beruhigt mich ungemein, da ich schon meine Hände erhoben habe, um mich vor einem weiteren Schattenangriff zu schützen.
„Es ist alles in Ordnung", beruhigt mich Elias, der meine panische Bewegung bemerkt hat. „Du bist in Sicherheit." Ich setzte mich langsam auf und fasse mir sofort an den Kopf, als ich bemerke, dass der stechende Schmerz noch immer da ist. Bei weitem nicht so schlimm wie vorher, aber noch immer da. Auch Zoey fasst sich mit schmerzverzerrter Miene an den Kopf und fragt: „Wie hast du das nur ausgehalten?"
„Hab ich nicht, ich war bis jetzt bewusstlos", antworte ich noch immer schwach. Ich sehe mich vorsichtig um, umso ruckartiger ich mich bewege, desto größer ist der Schmerz. Elias sitzt leicht über mich gebeugt neben mir. Zoey steht an meinem Fußende. Wir sind wieder in der Höhle von letzter Nacht. Jaron steht mit verschränkten Armen an der Höhlenwand und unterhält sich mit Joel. Nach Lexian und Alea schaue ich mir vergeblich die Augen aus dem Kopf.
„Die beiden sind draußen vor der Höhle und überlegen, wie wir zurück nach Zirkenia kommen", erklärt Elias.
„Habt ihr euch schon überlegt, wo wir die Waffen dort verstecken?", frage ich in die Runde.
„Nein, aber das könnte noch zum Problem werden", meint Zoey ernst. Jaron löst sich von der Wand und kommt zu uns.
„Wir können sie unter der Erde vergraben, ich glaub nicht, dass jemand nach ihnen sucht und wenn sie tief genug liegen, findet auch kein wildes Tier sie aus Versehen."
„Und wie graben wir das Loch?", frage ich verwirrt, woraufhin mich Jaron fragend ansieht. Dann schlage ich mir mit der Hand an die Stirn. Natürlich, Element Erde!
„Tut mir leid", entschuldige ich mich „ich bin noch immer nicht wieder ganz da."
„Na hoffen wir mal, dass deine Benommenheit nicht auch auf Zoey abfärbt", lacht Joel, woraufhin diese ihm einen Blick zuwirft, der ihn verbrennen würde, hätte sie sich nicht so gut unter Kontrolle.
Als Alea und Lexian wieder in die Höhle kommen, blicken sie in lauter fragende Gesichter.
„Jetzt schaut uns nicht so an, wir wissen doch auch nicht, wie wir wieder zurückkommen sollen!", sagt Lexian niedergeschlagen.
„Wir finden die Antwort aber auch nicht, indem wir hier nur herumsitzen", meint Alea zu Lexian. Während die anderen weiter Überlegungen anstellen, versuche ich in Kontakt mit meinem Stein zu treten. Nur wie eigentlich? Normalerweise nimmt er immer Kontakt mit mir auf. Zögernd denke ich: Ich brauche deine Hilfe. Mein Stein zeigt keine Reaktion. Bitte, denke ich noch einmal. Zum Glück kann keiner meine Gedanken hören, das wäre mir ziemlich unangenehm. Vor allem ohne Reaktion. Da wird der Stein auch schon warm. Ich würde dich nicht fragen, wenn es nicht wirklich dringend wäre, erkläre ich. Auf einmal beginnen alle unsere Steine gleichzeitig aufzuleuchten. Zum Glück kenne ich meinen Stein mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er meiner Bitte, gleich Taten folgen lassen wird.
„Nehmt die Waffen mit!", rufe ich noch schnell und sehe gerade noch so, wie Zoey nach Schwert und Axt greift. Schon färbt sich unsere Umgebung in grelles Licht und ich halte mir schützend die Arme vors Gesicht. Gut, dass Zoey mich auch so versteht, denke ich mir noch, da erkenne ich auch schon die Schemen des Palastes. Während wir uns noch an die Lichtverhältnisse gewöhnen, merke ich, wo wir gelandet sind: im Garten am Waldrand vor dem Palast. Die anderen gewöhnen sich gerade noch ans Licht da sehe ich mich schon um, sehe zum Glück aber keine unerwünschten Beobachter. Nur ist das mit den unerwünschten Beobachtern so, dass man sie meistens gar nicht sieht. Ich hoffe einfach, dass wir nicht beobachtet werden.
„Wenn ihr mir die Waffen gebt, vergrabe ich sie", meint Jaron. Zoey reicht ihm die beiden Waffen und die Zwillinge verschwinden im Wald.
„Wir versuchen dann mal zu erklären, warum wir einen Tag lang weg waren", sagt Alea und geht mit Lexian in den Palast. Wir warten noch auf Jaron und Joel und gehen dann gemeinsam durch den Garten zurück in den Palast.
Im Gang mit unseren Zimmern angekommen, gehe ich direkt in mein Zimmer. Bevor ich dazu komme meine Tür zu öffnen, werde ich zurückgerufen.
„Was ist denn?", frage ich fast schon genervt. Wieso schaffe ich es eigentlich nie ungestört schlafen zu gehen?
„Was ist mit Bogen und Dreizack?", fragt Elias, der es scheinbar kaum erwarten kann selbst eine Waffe in die Hände zu bekommen. Manchmal ist er einfach zu ungeduldig.
„Wie kann man nur so gierig sein?", sagt Zoey kopfschüttelnd.
„Das machen wir morgen!", sage ich erschöpft. „Du hast doch nicht ernsthaft die Kraft dafür, jetzt noch in die Waffenkammer einzubrechen? Ich möchte jedenfalls nur noch ins Bett!"
„Es ist Mittag!", beschwert sich Elias.
„Ich wurde von Schatten angegriffen, habe jetzt davon Kopfschmerzen, habe uns danach hierher zurückgebracht und bin jetzt müde. Also lass mich endlich schlafen!", sage ich entschieden und gehe in mein Zimmer, nicht ohne davor meine Tür zuzuknallen. Erschöpft lasse ich mich in mein Bett fallen und schlafe fast augenblicklich ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist der Schmerz verschwunden, zum Glück. Das Unpraktische an Zoey's und meiner Verbindung ist, dass wir nicht nur wissen, wie es dem anderen geht, sondern auch die Schmerzen des jeweils anderen empfinden. Ich weiß nicht, wie das bei den anderen ist und warum nur wir dieses Band teilen, aber ich muss damit leben. Ich habe auch nichts dagegen, aber ich musste ja auch noch nicht wirklich schlimme Schmerzen mit Zoey teilen. Immer nur leichte Wunden wie blaue Flecken oder Muskelkater, die recht schnell wieder verheilt sind. Die Gute hat das Glück nie an Verbrennungen leiden zu müssen, außer natürlich ich bekomme eine ab. Müde setze ich mich auf und denke nach, wie wir heute vorgehen sollen. Elias wollte gestern schon unbedingt beginnen die Waffen zu klauen. Da kommt mir der ungute Gedanke, dass er, dickköpfig wie er ist, schon längst in die Waffenkammer eingebrochen sein könnte. Meine harsche Reaktion darauf dürfte es nicht besser gemacht haben. Schnell stehe ich auf. Ich bin gestern so, wie ich war, schlafen gegangen. Das bedeutet mit Kleidung und Schuhen. Das kommt mir jetzt zugute, denn so kann ich direkt losstürmen. Ich renne ans andere Ende des Flures zu Elias' Tür und öffne sie schnell, um nachzusehen, ob er noch in seinem Zimmer ist. Ich atme erleichtert auf, als ich sehe, dass er noch in seinem Bett liegt. Ich drehe mich um und verlasse das Zimmer so leise wie möglich wieder. Zum Glück ist er nicht aufgewacht. Das hätte er mir wieder ewig unter die Nase gerieben. Ich trotte wieder zurück in mein Zimmer und stelle erschrocken fest, dass sowohl ich, der Boden, als auch mein ganzes Bett voller Sand ist. Meine Bettdecke kann ich ausschütteln, aber den Boden? Ich ziehe mir meine Klamotten aus und schüttele sie aus dem Fenster aus. Auch meine Haare sind voller Sand, also beschließe ich zu duschen. Ich gehe in das kleine Badezimmer neben meinem Bett, das ich bis jetzt erst ein paarmal verwendet habe. Es ist schlicht gehalten mit einem einfachen WC, einem Waschbecken und einer Regendusche. In der Dusche stelle ich das Wasser an und erschrecke. Das Wasser ist eiskalt!
Nachdem ich meine Haare so gut es geht ausgewaschen habe, wickele ich mich in ein weiches, wie könnte es auch anders sein, blaues Handtuch. Ich kämme meine Haare mit den Fingern während ich zum Kleiderschrank laufe, um mir neue Klamotten auszusuchen. Meine Wahl fällt auf ein marineblaues Top und eine einfache weite schwarze Hose. Es klopft an meiner Tür.
„Ist offen!", rufe ich und Ally tritt herein. Ihr Blick gleitet durch das Zimmer und bleibt am Sand auf dem Boden hängen. Schuldbewusst versperre ich ihr schnell die Sicht, indem ich mich direkt vor sie stelle. Ich denke zwar nicht, dass Ally uns absichtlich verpetzt, aber umso mehr sie weiß, desto mehr kann sie aus Versehen verraten. Ich mag Ally wirklich gerne, nur hat sie die ungünstige Eigenschaft, sich gerne mal zu verplappern.
„Alea will euch heute Mittag am See treffen. Emily du musst den Sand verschwinden lassen, der macht ja selbst die misstrauisch, die nicht wissen, dass ihr was im Schilde führt", sagt sie und lächelt mich freundlich an. Ich dachte schon, sie wäre sauer auf uns, weil wir ihr nicht erzählen, was wir vorhaben. Dabei habe ich ganz vergessen, was für ein gutmütiger Mensch sie ist.
„Danke Ally, was würde ich nur ohne dich tun!", sage ich und lächle zurück.
„Vermutlich würdest du dich heute Mittag nicht mit Alea und den Anderen treffen", sagt sie grinsend während sie das Zimmer verlässt. Da ich nicht wirklich weiß, was ich bis heute Mittag alleine tun soll, gehe ich in den Flur und klopfe bei Zoey an. Sie öffnet die Tür einen Spalt und ich sehe hinter ihr Joel.
„Ist alles in Ordnung?", fragt sie und öffnet die Tür dann ganz.
„Ja mir geht es gut, ich wollte nur fragen, ob du", ich stocke „ihr mit zum Frühstück kommt." Ich komme mir gerade wie das fünfte Rad am Wagen vor. „Ich kann auch die anderen beiden Jungs fragen", sage ich schnell.
„Alles gut, du hast nicht gestört", grinst sie mich an.
„Aber wenn ich's mir recht überlege... doch du hast gestört, geh Elias fragen", sagt sie und sieht mich betont unschuldig an, bevor ich auch nur ein Wort erwidern kann, knallt sie mir doch tatsächlich die Tür vor der Nase zu. Ich schüttele nur den Kopf und laufe weiter zur nächsten Tür. Dann klopfe ich an Jaron's Tür. „Komm rein!", höre ich ihn rufen. Ich gehe in sein Zimmer. Es ist etwas größer wie meins und in dunkelgrün gehalten. Ansonsten ist es aber gleich eingerichtet.
„Hast du schon gefrühstückt?", frage ich ihn.
„Nein, ich wollte gerade los", antwortet er.
„Na dann, worauf wartest du ich habe Hunger!"
„Das glaub ich dir sofort, wir haben gestern nichts gegessen", sagt Jaron, „Was ist mit den anderen?"
„Dein Bruder und Zoey kommen nicht mit und Elias hab ich noch nicht gefragt", erkläre ich, während wir durch den Flur gehen. Ich klopfe an Elias Tür und der macht fast im selben Moment die Türe auf.
„Ich wollte gerade frühstücken, kommt ihr mit?", fragt er.

Zirkenia - Die Macht der ElementeWhere stories live. Discover now