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Zoey

Nachdem ich aufgewacht bin, bleibe ich noch im Bett liegen. Ich muss erst mal realisieren, dass ich nicht mehr zu Hause bin. Ich bin in Zirkenia, einer Welt, in der ich das Feuer beherrschen kann, einer Welt in der man Elemente bändigen kann. In einer Welt, die ich mir nicht einmal im Traum hätte ausmalen können.
Irgendwann kann ich nicht länger liegen bleiben und stehe auf. Da ich jetzt schon den zweiten Tag hier bin und meine Klamotten ziemlich mitgenommen aussehen, gehe ich zu dem Schrank, der in meinem Zimmer steht. Ich habe nicht wie Emily an Gepäck gedacht, also öffne ich ihn und siehe da: Er ist voller Klamotten. Alle sind irgendwie rot, orange oder schwarz.
Ich entscheide mich für ein riesiges rotes Shirt und dem dazugehörigen Gürtel in Schwarz. Ich schätze mal, hier ist alles an mein Element angelehnt. Ich ziehe meine Schuhe an und bin zufrieden.
Ich gehe aus meinem Zimmer in den Saal, in dem wir die letzten zwei Tage schon gegessen haben und bin wie immer die Erste. Das Buffet wird gerade gerichtet und ich schnappe mir eine Zorusfrucht. Ich laufe durch den Palast, durch die große Eingangshalle und raus in den Garten. Von dort aus gehe ich zum See, setze mich auf eine Bank und esse zufrieden meine Frucht. Ich spüre, wie mir die Sonne in mein Gesicht scheint und genieße es. Während ich aufstehe, verschlinge das letzte bisschen Zorusfrucht. Ich laufe den Weg zurück in den Palast.
In der Eingangshalle gehe ich an der gewaltigen Marmortreppe vorbei, durch einen kleinen Bogen und die Treppen hinunter in Richtung meines Trainingsraumes. Unten angekommen betrete ich den großen Keller. Überall in dem steinernen Raum brennen Fackeln, die an den vielen Säulen hängen. Wenn ich sie doch nur selber anmachen könnte, oder auch nur ausmachen...
Ich bin noch immer wütend, weil mir noch kein Fortschritt gelungen ist. Ich setze mich auf den Boden in dem Schneidersitz. Mit geschlossenen Augen konzentriere mich auf eine der Fackeln und versuche die Flamme immer kleiner werden zu lassen, bis sie schließlich erstickt, aber es passiert rein gar nichts und die Flamme flackert fröhlich weiter vor sich hin. Wofür ich ihr einen flammenden Blick meinerseits schenke.
Der Fackel macht das sichtlich wenig aus, denn sie flackert einfach still und leise weiter. Ich versuche es nochmal. Immer und immer wieder versuche ich es, doch es tut sich rein gar nichts!
„Du bist schon hier?"
Erschrocken drehe ich mich um, und die Flamme der Fackel erlischt. Nur leider habe ich das gerade überhaupt nicht beabsichtigt. Ich starre die Fackel böse an.
Das war nicht ich, das war Armian.
Jetzt fällt mein wütender Blick auf ihn. Er hat mir kurz Hoffnung gemacht und sie dann wieder zerstört, was will er damit eigentlich bezwecken, mal abgesehen davon das ich mich schlecht fühle, weil ich nichts auf die Reihe bekomme.
„Wie soll ich denn sonst etwas lernen?", frage ich mit einem scharfen Ton.
„Ich bin jetzt schon meinen zweiten Tag hier und schaffe es nicht einmal irgendetwas auch nur Funken schlagen zu lassen", gebe ich enttäuscht zu.
„Dann fangen wir eben langsam an, hier", er stellt mir einen Wasserkrug vor die Nase und ich schaue ihn verdutzt an.
„Und was genau soll ich jetzt damit machen?", frage ich ihn und sehe ihn erstaunt an. Ich beherrsche doch nur das Element Feuer. Ich kann Dinge doch nur anzünden, also wie soll ich Wasser anzünden? Ist der alte Wächter jetzt verrückt geworden, oder will er mich einfach nur provozieren? Letzteres schwebt mir im Verdacht, da er es bei jeder Gelegenheit darauf anzulegen scheint.
„Versuche das Wasser zu erwärmen, dein Element besteht nicht nur aus Feuer, sondern auch aus Hitze. Viele unterschätzen sie, da man mit ihr nicht viel bewirken kann, doch auch sie ist wichtig", antwortet er mir als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich hoffe doch, er kann das nicht tatsächlich...
Ich fasse den Krug an und stelle mir vor wie Hitze in meine Hände fließt. Meine Hände beginnen zu kribbeln und als sich das Kribbeln bis in meine Fingerspitzen ausgebreitet hat, stoppt mich Armian. Ich spüre, wie meine Hände aufhören zu kribbeln und sehe, wie er eine Tasse in den Krug tunkt und dann einen Teebeutel in die Tasse fallen lässt. Dann sagt er nichts, wartet einen Moment und scheint meine Reaktion abzuwarten. Ich spüre wie ich innerlich zu brodeln beginne. Das ist doch jetzt nicht sein ernst, oder?
Mal abgesehen davon, dass er das doch sicherlich auch selber machen konnte und das um einiges schneller, was will er damit bezwecken? Jetzt trinkt er einen Schluck aus seiner Tasse.
„Das Wasser ist ja nicht einmal lauwarm!", beschwert er sich bei mir und bringt es mit einem einfachen Schnipsen zum Dampfen. Ich glaube, er hat endgültig den Verstand verloren.
Jetzt reicht es mir! Ich spüre wie es im gesamten steinernen Raum unangenehm heiß wird. Die Fackel, die Armian vorher ausgemacht hat, entflammt. Armian schaut sie interessiert an und lacht dann. Er lacht mich aus! Dieses Lachen macht es aber nur noch schlimmer!
Auf einmal stehe ich in Flammen und Armian muss nur noch mehr lachen. Ich denke nicht nach und schleudere ihm einen Feuerpfeil entgegen, voller Wut, weil er mich auslacht, voller Wut, weil er genau das erzielen wollte und voller Wut, weil es genau so funktioniert hat. Er löscht ihn mit einer Handbewegung. Sein Lachen versteinert augenblicklich und wandelt sich in brennenden Zorn.
„Niemals, niemals darfst du deine Kräfte gegen einen der deinen richten!", schreit er mich an und löscht mich mit einer weiteren Geste. Ich spüre, wie ich aufhöre zu brennen und wie meine Wut erlischt.
„Ich..., ich wollte d- das nicht!" stottere ich. Ich habe schon wieder nicht nachgedacht, ich war so wütend auf ihn. Außerdem wusste ich ja gar nicht, dass ich das kann...
Er sieht mich streng an „Immerhin wissen wir jetzt wie wir deine Kräfte hervorlocken können. Du musst lernen deine Gefühle zu kontrollieren. Solche Wutausbrüche dürfen nicht noch einmal vorkommen. Ich glaube wir sind für heute fertig, du kannst gehen."
Ohne ein weiteres Wort verlasse ich den Kellerraum. Ich renne durch die nicht enden wollenden Gänge in mein Zimmer, verschließe die Tür und lasse mich atemlos auf mein Bett fallen. Ich bleibe in meinem Zimmer und lasse das Mittagessen ausfallen. Ich hasse mich manchmal wirklich, ich kann mich einfach nicht zurückhalten. Ich bin wütend auf mich selbst, denn ich bin es, die es nicht auf die Reihe bekommt, nicht Armian, nicht die Fackel und nicht mein Element. Ich allein bin dafür verantwortlich wie ich handele und ich allein muss die Konsequenzen dafür tragen. Kaum vorzustellen, wenn es jemand anderes gewesen wäre, auf den ich losgegangen wäre. Ich hätte jemanden verletzen, ja sogar umbringen können. Mich in den Griff zu bekommen muss mein nächstes Ziel sein. Ich darf nie wieder so die Kontrolle über mich verlieren, auch wenn das schwieriger ist, als es sich anhört. Armian, legt es aber auch jedes Mal darauf an, er hat zwar recht, ich muss mich konzentrieren und kontrollieren, aber wenn er es weiß, warum tut er es dann. Manche Dinge sind einfach nicht nachvollziehbar für mich.
Zum Abendessen klopft Joel an die Tür.
„Zoey, ist alles in Ordnung? Wir haben dich den ganzen Tag nicht gesehen. Was ist denn passiert?"
Als ich nicht antworte, höre ich eine Weile lang nichts mehr. Ich dachte schon, er wäre weggegangen, doch dann höre ich ein leises 'Klick' und meine Tür geht auf. Vor ihr stehen Joel und Jaron, der gerade ein Stück Stein, das wie ein Schlüssel aussieht, in seine Tasche steckt.
„Wie habt ihr das gemacht?", frage ich, setzte mich auf und schaue auf Jaron's Hosentasche, in dem sich wohl der Schlüssel befindet, mit dem sie die Tür geöffnet haben müssen.
„Woher habt ihr den?"
„Den habe ich selbst gemacht... aus Stein, ich kann Erde und Stein verformen", antwortet mir Jaron.
„Gut, kannst du ihn dann wieder so formen, dass er ein Stein ist? Ich habe meine Zimmertür nämlich nicht umsonst abgeschlossen!", sage ich wütend. Ich spüre schon wieder Hitze in mir aufsteigen und versuche sie zu kontrollieren. Ich muss sie irgendwo auslassen, aber wo?
Ich sehe mich in dem dunklen Gang um und dort sind tatsächlich Fackeln, die nicht brennen. Ich entzünde sie und spüre wie die Wärme wieder nach lässt. Ich atme einmal tief ein und wieder aus.
„Es bringt doch aber gar nichts, er kann sich den Schlüssel ja wieder neu machen... ", fängt Joel lachend an und Jaron stimmt ein, doch er kommt nicht dazu zu Ende zu reden ich strafe ihn mit einem wütenden Blick.
„Es geht ums Prinzip!", zische ich ihn an.
„Ist ja gut", meint Jaron immer noch grinsend und lässt den Schlüssel wieder zum Stein werden.
„Wir wollten ja nur, dass du mit uns zum Essen kommst", Jaron lächelt mich entschuldigend an „Also?"
„Na gut, ich komme mit", sage ich versöhnlich. Ich habe ja sowieso Hunger. Außerdem soll ich lernen meine Gefühle zu kontrollieren, mit den beiden wird das bestimmt eine echte Herausforderung.

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Danke fürs lesen ;)

~Aurelia

Zirkenia - Die Macht der ElementeWhere stories live. Discover now