Aushalten

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Lillians Sicht

Ich spürte, wie er seine Arme um mich legte und seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte. Es war wie in einem dieser Filme, in denen ein Pärchen glücklich vor dem Fenster stand und auf die Welt außerhalb des Hauses sah. Doch das hier war anders, ich war nicht glücklich und wir waren kein Paar. "Warum bist du schon wach?", murmelte er und klang dabei weder sauer, noch tadelnd, er klang einfach nur verschlafen. So kannte ich ihn nicht und es verwirrte mich. Ich wusste nicht, wie ich antworten sollte und zuckte leicht mit den Schultern. Es war subtil, diese ganze Situation war unangenehm. "Komm wieder ins Bett Süße, du weißt, wir haben noch was zu klären...", raunte er, bevor er meinen Hals küsste und ich eine unangenehme Gänsehaut bekam. Ich wusste, was für mich auf dem Spiel stand und entgegen jeder Vernunft nickte ich nur und ließ mich von ihm zurück ins Bett bringen. Eine Weile lang lagen wir uns einfach nur gegenüber und sahen uns an. Es war mir so verdammt unangenehm, ihn hingegen schien das nicht zu stören, es machte fast den Eindruck, als würde er das Ganze voll und ganz genießen. Nach minutenlangem Schweigen und warten löste er sich aus seiner Position und drehte mich nahezu sanft auf den Rücken und lag letztlich über mir. Ich zitterte am ganzen Leib, hätte ihn am liebsten von mir gestoßen, ihn angeschrien und verflucht, doch ich konnte nicht, ich durfte nicht. Ich musste stillhalten um einer weiteren Strafe entgehen zu können.

"Lillian mein Schatz, es gibt Momente im Leben, da wirst du den Schmerz einfach aushalten müssen.", sanft strich mir meine Mutter die Tränen von den Wangen und sah mich liebevoll an. "Aber das ist nicht fair!" "Schätzchen, nicht alles im Leben ist fair, manchmal müssen wir auch eine Niederlage einstecken und lernen, diese zu akzeptieren. Nur dadurch werden wir stärker. Als dein Vater uns verlassen hat, fiel es mir unheimlich schwer weiter zu machen, aber irgendwann wird es leichter, glaub mir. Es tut mir leid, dass er heute nicht hier ist und glaub mir, ich bin genauso wütend auf ihn wie du. Aber er hat sich dafür entschieden zu gehen und wir müssen das akzeptieren Engel.", ihre Stimme war so weich, dass ich mich langsam beruhigte. "Glaubst du, er denkt manchmal an uns?", fragte ich heißer und sah den Schmerz in ihren Augen. Ich war noch klein aber ich wusste genau, wann meine Mutter traurig oder verletzt war. Sie überspielte ihre Gefühle und sagte letztlich aufmunternd, "Ganz bestimmt mein Schatz."

Ich wusste nicht, warum ich mich ausgerechnet jetzt daran zurück erinnerte, doch meine Mutter hatte damals schon recht, manchmal musste man den Schmerz einfach aushalten und das gab mir Kraft. Jake küsste sich meinen Hals hinab, fuhr mit seiner Hand immer wieder die Konturen meines Körpers nach und landete letztlich mit seinen Lippen wieder auf meinen. Es widerstrebte mir, ihn auch zu küssen, doch ich hatte keine andere Wahl. Sein Kuss wurde intensiver und er presste seinen Körper immer mehr an meinen um mir zu zeigen, wie sehr er mich wollte. Er löste sich von mir erhob sich und zog sich letztlich seine Boxershort aus, nur um sich dann wieder über mich zu beugen. Ich bekam zunehmend Angst, je mehr er sich wieder an mich schmiegte und ich seine Erregung immer deutlicher zu spüren bekam. Mir entfuhr ein leises Wimmern und er stoppte, sah mich fragend an, so als ob er wissen wolle, ob ich meine Entscheidung nochmal ändern wolle. "Jake ich...", begann ich, wurde aber von ihm unterbrochen, "Was? Du kannst das nicht? Du willst das nicht? Wenn du jetzt wieder damit anfängst dann..." "Ich hab Angst...", fuhr ich ihm leise dazwischen und sah ihn ebenso ängstlich an, wie ich mich fühlte. "Komm schon, ich hab schon so oft mit dir geschlafen.", motzte er verächtlich und ich spürte den Schmerz, den diese Worte auslösten. "Aber nicht so.", erwiderte ich und er schien kurz nachzudenken. "Das ändert nichts an der Tatsache.", sagte er bestimmt und sah mich erneut streng an. "Tu mir bitte einfach nicht weh...", bat ich und war verwirrt als er begann zu lächeln. "Das muss ich nicht, wenn du einfach mitmachst.", damit war das Gespräch für ihn beendet und er machte weiter. Vorsichtig, beinahe liebevolle und ich ließ es zu, gab meine letzte Würde auf, in der Hoffnung, dass er dann zufrieden wäre. Es dauerte deutlich länger als sonst, war aber um einiges angenehmer und ich war umso erleichterte, als er endlich fertig war. Er verweilte noch etwas in mir und sah mich sanft an, "Entschuldigung akzeptiert, du wirst von mir für deine Fehler keine weitere Strafen bekommen. Aber das nächste Mal, kommst du nicht so glimpflich davon, verstanden?", ich nickte nur und er stand zufrieden auf und verschwand im Bad. Ich rollte mich zusammen und begann lautlos zu weinen. Wie hatte ich mich auf sowas einlassen können? War ich jetzt komplett von allen guten Geistern verlassen? Ich wusste, dass er deswegen nicht netter zu mir sein würde. Sobald ich mir den nächsten Fehler erlauben würde, wäre er wieder genau so zu mir wie vorher. Die ganze Sache hatte nur eine positive Nebenseite und zwar die, dass mein Körper nicht noch mehr Narben davon trug als ohnehin schon. Ich hörte, wie er zurück ins Zimmer kam und hinter mir stehen blieb. "Steh auf und geh dir was anziehen, die Jungs und ich haben etwas mit dir zu besprechen.", er klang ruhig, ruhiger als sonst. Sollte es wirklich daran liegen, dass ich ihn hatte gewähren lassen? Ich strich mir die Tränen von den Wangen, stand auf und wollte sein Zimmer verlassen um mir frische Anziehsachen aus meinem Zimmer zu holen, doch er stellte sich mir in den Weg sah mich misstrauisch an. "Und wo genau willst du jetzt hin?" "Mir was zum Anziehen holen..." "Erste Schublade rechts.", wies er mich an und ich wagte erst gar nicht zu fragen, warum er Kleidung für mich in seiner Kommode hatte. Ich kramte ein viel zu großes Shirt und eine Unterhose aus der Schublade zog es mir über und drehte mich dann wieder zu Jake um. "Da liegt irgendwo noch eine Leggings, es wird langsam zu kalt, als dass du nur so auf den Gängen herum laufen könntest.", meinte er monoton und ich kramte erneut in der Schublade, fand sie und zog mir auch diese an. Danach nickte er zufrieden, griff mich am Handgelenk und führte mich in einen Raum, den ich bis dato noch nicht kannte.

At the End of FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt