Priapos

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Ein Satyr ist ein überaus machtvolles Wesen.

Und auch dieser Satyr, der sich in diesem Zelt aus einem menschlichen Körper heraus formte, hatte einen Namen. Einen Namen, den Marica schon lange nicht mehr gehört hatte.

Doch jede Nymphe- jede Sirene, die jemals auf dieser Erde gewandelt war- erstarrte in Furcht, wenn sie diesen Namen hörte oder aussprach: Priapos.

Priapos war der Sohn der Aphrodite. In alten Zeiten der Urgewaltigen hatte Aphrodite diesen Satyr mit Dyonisos gezeugt.

Er sollte Gutes bewirken, ein Beschützer sein für das Vieh, die Bienen und auch die Fische in allen Gewässern. Dort wo er sich in der Alten Zeit zeigte, konnte das Volk sicher sein, dass üppige Fruchtfolgen von den Bäumen getragen wurden und die Seen so fischreich waren, dass sich die einfachen Menschen der Güte der Götter gewiss sein durften.

Doch Priapos war damit nicht zufrieden.

Er liebte es, in ausschweifenden Festen verherrlicht zu werden- mehr noch: Priapos sorgte für die Völlerei der Menschen in seinem Umfeld. Wo er sich niederlies blühten Wohlstand und Handel.

All zu verführerisch war dieses Leben als Gott.

Seine starke Fruchtbarkeit lebte er aus, wo sich ihm die Gelegenheit bot. Auch- und dies nahmen ihm viele der alten Götter übel- sorgte er durch unerlaubte Mischzeugungen mit Menschenfrauen für eine breite Nachwuchsschar an Halbgöttern. Da dieser Nachwuchs auch gewaltsam gezeugt wurde, entstanden die schrecklichsten Kreaturen, welche der Erdenkreis gesehen hatte. Riesige Wolfsmenschen, Kyklopengestalten, Teufelsfratzen- all dies spottete den Göttern. In den Tempeln, welche Priamos selbst geweiht waren, stellten ihn die Zeichner schon alsbald als Gehörnten mit einem übergroßen Gemächt dar, umgeben von Menschenweibern, die entweder seine Mutter oder ihn anzubeten suchten. Ihn- als selbsternannten Gott der Fruchtbarkeit.

Die Alt- Oberen der Götter bannten Priapos für dieses Schandspiel und verfluchten ihn. Als Wiedergeborener wurde er seiner Unsterblichkeit beraubt.

Bald schon geriet er- wie viele andere Verbannte- in Vergessenheit und suchte sein Dasein gelegentlich erstarken zu lassen, einen neuen Kult gegen alle Götter zu entfachen. Auf Rache sinnend, scharrte er immer neu Leichtgläubige um sich. In Mittelalterlichen Schriften aus Deutschland trat Priapos zuletzt aktiv in Erscheinung mit dem Versuch, als ein ziegenbeiniger Gehörnter erneut Unmengen loser Weiber um sich zu scharren und diese sexuell abhängig zu machen.

Unter Aufbietung der Kräfte weniger Gottgestalten bot man ihm damals Einhalt und erneuerte den Bannfluch. Danach wurde es über Generationen still um Priapos.

Doch wie ein Zurückgewiesener oder Verfehmter, so wartete auch Priapos auf seine große neuerliche Gelegenheit.

Wiedergeboren im Kaukasus - zur Schande eines Göttlichen- fasste er einen neuen heimtückischen Plan, der nun in die Tat umgesetzt werden sollte: Auf Erden wandelten nur noch wenige Götter oder Gottgleiche. Unter Ihnen war auch eine letzte Sirene- eine Nymphe, die zu ewiger Jugend und Schönheit verdammt war. Sich diese Nymphe zu unterwerfen und mit ihr ein Kind zu zeugen, war sein Plan. Solch Kind wäre in der heutigen Zeit als Gott übermächtig. Man konnte sich nach dem Fruchtbarkeitsakt und der Geburt dieses Gottes dessen Kraft gefügig machen und all diese erbärmlichen Kreaturen unterwerfen. Anbeten würden sie ihn auf Neue- Anbeten und ihm all die Schmähungen vergessen lassen- unter dem Schutz seines Sohnes, der Alles andere haben konnte.

Lange spürte er dieser Nymphe, dieser letzten Sirene ihrer Art nach.

Er fühlte ihre Nähe. Ihre Stärke jedoch hielt sie bewusst verborgen.

Nur zwei Mal in jedem Jahr ließ sie ihre Kräfte wirken. Doch so zog Priapos- in Gestalt des Georgi Warjakow- die Schlinge um die letzte Sirene immer enger.

Niemand verwunderte, dass Georgi trotz seines Alters einen muskulösen und männlichen Körper besaß. Am Institut für Körperkultur in Minsk lagen ihm die Frauen in Scharen zu Füßen. Doch wollte er nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, wurde nur manchmal schwach.

Nun war die Zeit gekommen!

Nun wollte Priapos sein Ziel um jeden Preis erreichen! Seinen Willen erfüllt sehen- koste es, was es wolle! Mit Gewalt- Mit Opfern, es war ihm egal.


Marica - Die Letzte der SirenenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora