Der 'unzuverlässige' Mansen- Wildnisführer

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Noch verlief alles nach Plan- zumindest aus der Sicht des Expeditionsleiters Juri Olbekin.

Wie angefordert und mit den örtlichen Vertretern vereinbart, war der mansische Wildnisführer erschienen.Ranjuk hieß der Alte, der seinen von zwei vorgespannten Pferden gezogenen unglaublich klapprig und alt wirkenden Schlitten auf den Hof der Waldarbeitersiedlung gebracht hatte. Er war sogar- entgegen Olbekins Erwartungen- über die Maßen pünktlich, wenn man die Schneeverhältnisse beachtet und die Tatsache, dass dieser Ranjuk seine Hütten in großer Entfernung hatte.

Ranjuk hingegen tat nun jedoch so, als habe er mit dem Aufladen der Ausrüstungen nichts zu schaffen. Er hatte sich vorgestellt und war danach in der Kantine verschwunden.

Damit blieb es bei den Expeditions- Teilnehmern selbst, die mitgebrachten Rucksäcke, die Ausrüstung und sogar die kleinen Ein- Mann- Zugschlitten auf den großen Karren zu verlasten. Müde und von der Morgenkälte erstarrt fügte man sich, denn besser wurde es nicht und man wollte vorankommen. Und man war auf den Wildnisführer Ranjuk, seine Kenntnis der Örtlichkeiten und sein großes Schlittengespann angewiesen, wollte man nicht die eigenen Kräfte jetzt schon verausgaben. Die Ortskenntnis des Mansen war erforderlich- sie ersetzte das gute Kartenmaterial zumindest für die ersten Tage.

Der Wildnisführer kam auch noch einmal kurz aus der Kantine heraus, jedoch nicht um mit anzupacken. Denn während sich nun- dank der Expeditionsteilnehmer- sein Schlitten füllte, bekamen die Pferde noch einmal einen Futtersack vor die Nase gehangen und Ranjuk prüfte noch einmal die Rückendecken der Tiere und das Zug- Geschirr. Dann verschwand er wieder in der warmen Kantine.

„Die Arbeit hat er wohl nicht erfunden. Das Väterchen lässt uns hier allein schufften und nimmt sich sicherlich einen guten Wodka."

Wassili Koroljow beäugte das erneute Verschwinden des mansischen Wildnis- und Gespannführers.

„Ach lass ihn." Juri Olbekin sah die Sache optimistischer. „Hauptsache er bringt uns nachher voran und kennt die Wege."

„Den Weg werden die zwei Gäule auch finden. Hauptsache er fällt nachher nicht vom Kutschbock herunter."

Julia Radenowa bekam das Gewetter mit. „Juri hat recht. Er soll uns nur voran bringen."- sagte sie und packte zwei Ausrüstungsrucksäcke auf den Karren.

Natasha Sobitowa und Viktor Oribatow zogen zwei kleinere Zugschlitten heran. Gemeinsam hoben sie die Schlitten auf den Karren, wo Juri und Wassili die Lasten annahmen und irgendwie passend verstauten.

„Wir sollten noch einige Fotos machen, bevor wir aufbrechen. Das Wetter ist so gut, wie unsere Laune. Sollten wir da nicht unseren Optimismus für die Nachwelt festhalten?", schlug Natasha vor.

„Gute Idee!", fand Oribatow sofort, noch bevor es vielleicht Einwände geben konnte. „Auch unterwegs sollten wir heute ruhig ein Paar Aufnahmen machen- einfach zur Dokumentation."

Der „Franzmann", Boris Russeaux, winkte ab. „Dann fotographiert die Mädchen! Ich bin nicht so fotogen."

Julia ging gleich in eine Model- Pose, wenngleich ihre Winterausrüstung, die dicke Mütze und die Handschuhe nicht ihre sportliche und schlanke Figur im Entferntesten wiedergaben.

Während Boris Russeaux dies gleich mit einem verpuffenden Klatschen seiner Handschuhe begrüßte, fand dies Wassili Koroljow weniger lustig und winkte vom Wagen herab einfach ab.

Ein kurzes Zucken ging durch den Karren, als eines der Pferde kurz anzog. Dies gemahnte Wassili und Juri daran, sich doch lieber festzuhalten als herum zu albern.

Ranjuk und der andere Mansi kamen aus der Kantine und umarmten sich zum Abschied herzlich.Dann stapfte der Wildnisführer zur Gruppe am Wagen heran.

Marica - Die Letzte der SirenenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt