Kapitel 31 | tick-tock

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„Zo-" Seine Lippen spalten sich, mehr Blut tropft seine Lippe hinunter. 

„Zoe, renn!" 

Und das tue ich. 

Bevor mein Verstand die Geschehnisse verarbeiten kann, setzt mein Körper sich bereits in Bewegung. Mit großen Schritten sprinte ich in die entgegengesetzte Richtung, die Beine schwankend unter meinem Gewicht. Die Schuhe spürbar zu groß bei jedem Schritt. Wild nach Atem keuchend. 

Blind laufe ich immer weiter, beschleunige mein Tempo mit jedem Geräusch, das ich glaube zu hören. Mein Atem ist flattrig, mein Herz kurz davor sich selbst zu sprengen, so heftig, wie es schlägt. 

Selbst als das Stechen in meinen Seiten beginnt mir die Luft zum Atmen zu nehmen, laufen meine Beine wie mechanisch weiter, immer weiter. Ich traue mich nicht einmal umzublicken, aus Angst dadurch Zeit und Abstand zu verlieren. 

Rennen. Keine Luft. Schneller. Schneller.

Meine Haare fliegen wild umher, nehmen mir die Sicht, und nur mit Mühe kriege ich meine vor Angst bebenden Hände dazu eilig die Strähnen zurück zu streichen, nur damit sie wenige Schritte weiter mir wieder die Sicht versperren. 

Schneller. Schneller. Clown. Blut. Schneller. Schneller. 

Angstschweiß trifft auf Gänsehaut. 

Schneller. Schneller. 

Zayn. 

Schnellerschnellerschneller. 

Panisch blicke ich mich um und erkenne den Hauptplatz erreicht zu haben. Aus dem Zelt dringt Licht. Laute Musik. 

Applaus. 

Zayn. 

Schwere Schritte hallen durch die Dunkelheit. Der Abstand verringert sich. 

Schneller. Schneller. 

Intuitiv renne ich in die Mitte des Platzes, drehe mich nach allen Seiten um. Schießbuden und Imbisswagen sind geschlossen, Rolladen heruntergerollt. 

Bis auf einen. 

Mit Anlauf renne ich auf ihn zu um über dessen Tresen zu springen, dabei stütze ich die Handinnenflächen auf dessen Platte ab und werfe die Beine schwungvoll hoch. Für den Bruchteil einer Sekunde glaube ich meine Arme unter meinem Gewicht wegknicken zu spüren, doch schaffe es schließlich doch noch knapp und lande unsanft dahinter. 

Sofort drücke ich mich der Länge nach auf den Untergrund, die Stirn an den schmutzigen Boden gepresst, die Augen zusammengekniffen. Ich zwinge mich dazu nicht aufgeregt nach Luft zu schnappen wie es meine Lunge verlangt, doch mein Brustkorb hebt und senkt sich hektisch. 

Schritte kommen näher. 

Mein Magen fühlt sich an als hätte ich Steine gegessen. Dieses bedrückende Gefühl weitet sich auf meine brust aus, weiter bis es langsam meinen Hals hochkriecht. 

Die Schritte kommen noch näher. Und näher. 

Ich presse meine Nasenspitze fester gegen den Boden, und auch den Rest meines Körpers drücke ich weiter gegen den Untergrund, wage es nicht mich auch nur einen Zentimeter zu rühren. 

Die Schritte scheinen nur noch wenige Meter entfernt von mir zu sein, und zu dem Engegefühl hat sich ein Kloß in meinem Hals gebildet. 

„Kommen Sie raus, meine Schöne." 

Die Stimme ist schlagartig so nah, dass ein kalter Schauer mir über den Rücken läuft. Das Gefühl den Halt zu verlieren überkommt mich, der Schwindel kurz davor Oberhand über meinen Verstand zu gewinnen. 

captured | ✓Where stories live. Discover now