Kapitel 20 | sirens

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Es herrscht einige Sekunden Schweigen, bevor seine Stimme wieder erklingt, dieses Mal leiser als zuvor.

„Ich brauche dich."

Ich schlucke schwer und versuche die Worte zu verdauen, doch als ich antworten will bringe ich nur ein unsicheres Stottern zustande. „Du-du was?"

„Ich brauche dich." Dieses Mal sind seine Worte lauter, fester als zuvor, und dennoch kann ich sie nicht glauben.

„Du bist betrunken, Zayn."

„Sehr."

„Siehst du", seufze ich und presse die Lippen aufeinander.

„Aber ich brauche dich", beginnt er wieder, und bevor ich etwas erwidern kann fügt er hinzu, „und ich werde es dir noch nüchtern sagen."

„Das werden wir sehen", murmele ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm, vermutlich hat er es nicht mal gehört. Angesichts seines hohen Alkoholpegels bin ich mir sowieso unsicher, wie viel er überhaupt wirklich mitkriegt. Eine halbe Flasche Wodka, oh Gott.

„Geht es dir gut?", frage ich besorgt, als ich länger über seinen Alkoholpegel nachdenke.

„Sehe ich so aus?", kommt eine launische Antwort zurück.

„Mh, kann ich so durch die Tür hinweg nicht beurteilen, tut mir leid."

Auf der anderen Seite kann ich ein Lachen wahrnehmen, das Lachen, das jedes Mal eine angenehme Wärme in meiner Brust auslöst. Unbewusst schleicht sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Obwohl ich ihn doch eigentlich kaum kenne, fühle ich mich ihm seltsam nah.

„Weißt du, ich erinnere mich noch daran, als ich dich das erste Mal gesehen habe", reißt mich seine Stimme aus meinen Gedanken und ich runzele die Stirn. Als er mich das erste Mal gesehen hat? Das scheint wie eine Ewigkeit her zu sein, zumindest gefühlt.

„Ich erinnere mich noch daran, wie sich mein Magen umgedreht hat, als ich dich das erste Mal gesehen hab", spricht er weiter.

„Dir wurde übel, als du mich das erste Mal gesehen hast?", frage ich geschockt, „sehe ich etwa so übel aus?" Noch nie hat mir jemand gesagt, dass ihm bei meinem Anblick schlecht wurde. Sofort fühlt sich mein Magen schwer an, als würde mir jetzt schlecht werden.

„Nein, nein, du verstehst mich falsch. Genau das Gegenteil war der Fall", korrigiert mich Zayn eilig, doch ich bin noch immer irritiert von seinen Worten.

„Das Gegenteil?"

„Ich habe so versucht cool zu bleiben, aber es gelang mir nicht. Du, du hattest einfach etwas an dir, das... mich fasziniert hat. Ich weiß nicht einmal genau was es war. Es war einfach da, dieses gewisse etwas. Es ist schwer es in Worte zu fassen."

Ich bin sprachlos und finde nicht die richtigen Worte, um darauf zu antworten. Seine Worte verstärken diese Wärme in mir, die sich so gut anfühlt. Ich versuche mich an unsere erste Begegnung zu erinnern; ich bin orientierungslos auf dem Jahrmarktsplatz herumgeirrt, auf der Suche nach meinem Freund.

Aber gefunden habe ich die Hölle.

„Ich hätte beinahe meinen Feuerspeer fallen lassen, weißt du?", lacht er rau und ich halte inne. Seinen Feuerspeer? Als ich ihn auf dem Platz begegnet bin hatte er keinen Feuerspeer. Das war ein Teil seiner Show.

„Du hast mich während der Show gesehen?", frage ich ein weiteres Mal überrascht.

„Natürlich, wie hätte ich dich übersehen können? Ist dir mein Blick nicht aufgefallen?"

Niemals hätte ich gedacht, dass er mich hatte sehen können, auch wenn ich tatsächlich das Gefühl gehabt habe, er hätte mich angelächelt. Aber ich hatte gedacht, dass es nur ein Teil seiner Show war, und er mich aufgrund der Beleuchtung nicht sehen könnte.

captured | ✓Where stories live. Discover now