Kapitel 3 | locked

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Um mich herum herrscht noch immer Dunkelheit als ich die Augen öffne, doch es ist eine andere Art von Dunkelheit als der zuvor. Meine Hände einen kalten, harten Boden unter sich. Ich stütze mich schleppend mit den Armen hoch, doch schaffe es gerade mal mich hinzusetzen. Mein Körper ist schwach und mein Kopf schmerzt höllisch. Stöhnend reibe ich mit den Fingern an meinen Schläfen entlang.

Die Dunkelheit, die mich umgibt, lässt mich keine Umrisse oder irgendwas anderes erkennen. Es scheint keine Fenster hier zu geben, nur die Dunkelheit und mich.  

„Wie ich sehe sind Sie wachgeworden, meine Schöne.“

Die raue Stimme schneidet die Dunkelheit wie ein Messer Fleisch. Ich rücke weiter nach hinten, obwohl ich keinen Schimmer habe, aus welcher Richtung die Stimme kommt.

„Sie haben einen äußerst langen Schönheitsschlaf gehalten, meine Liebe.“ Ich zucke zusammen, als ich den feuchten, heißen Atem auf meiner Haut spüre. Die Person findet sich nun genau neben mir.

„Nicht, dass Sie das nötig hätten.“

Ich kann kaum Atmen, mein Körper zittert unkontrollierbar bei dem Versuch. Vorsichtig versuche ich weiter nach hinten zu rücken, doch stoße nur wenig später gegen einen Widerstand, wahrscheinlich eine Wand.

„W-wo bin ich?“ Meine Stimme versagt bereits zum Ende der Frage hin und ich schlucke schwer.

„Bei mir.“ Die Stimme lacht leise, es ist ein dreckiges, unsympathisches Lachen.

„U-und w-wo ist das?“ Ich presse meinen Körper fest gegen die Wand. Vielleicht handelt es sich um ein Zelt, vielleicht gibt der Widerstand nach. Doch meine Hoffnung ebbt wieder ab, als ich deutlich spüre, dass es sich um eine feste Wand hinter mir handelt.

„Das werden Sie noch früh genug erfahren.“ Er macht eine Pause und halte den Atem an, gespannt auf seine nächste Handlung. „Außerdem ist das hier eigentlich nicht der Ort, den ich für Sie auserwählt hatte“, seine Stimme klingt abfällig, „jemand wie Sie verdient natürlich etwas Besseres als... das hier.“

Ich presse die Lippen aufeinander und versuche die Tränen, die erneut in meinen Augen aufzusteigen drohen, zu unterdrücken. Erst langsam beginne ich die Situation zu realisieren.  

„Was haben Sie vor mit mir?“ Es fordert mich viel Mühe deutlich genug zu sprechen.

„So einiges.“ Auch wenn ich in der Dunkelheit das Gesicht meines Gegenübers nicht erkennen kann, kann ich dem Tonfall seiner Stimme entnehmen, dass er bei dieser Antwort grinst. Ein Schauer läuft mir über den Rücken.

Eine Tür wird zugeschlagen und ich zucke zusammen. Die Person scheint den Raum oder was auch immer das hier ist verlassen zu haben, zumindest glaube ich das. Aber sicher sein kann ich mir da nicht.

Ich ziehe meine Knie an meinen Oberkörper und schlinge die Arme um meine Beine. Wo zur Hölle bin ich bloß? Meine Angst vor Jahrmärkten scheint mir mit einem Mal begründeter als je zuvor. Sollte mir nochmal jemand sagen, sie sei lächerlich, werde ich demjenigen persönlich eine reinhauen. Nie wieder werde ich einen Jahrmarkt betreten.

Wer sagt, dass ich hier überhaupt lebendig rauskomme? Erst jetzt wird mir der Ernst der Lage klar. Ich bin gefangen von einem Fremden, dessen Gesicht ich nicht einmal kenne. Auf einem Jahrmarkt, dem ich nicht mal entkommen bin, als ich noch nicht in einer dunklen Kammer gefangen war. Und dazu ist mein Freund verschwunden.

Niall.

Scheiße. Niall. Fast hätte ich ihn vergessen. Wo steckt er bloß? Geht es ihm gut? Ist ihm mein Fehlen aufgefallen? Oder ist ihm selbst das gleiche passiert? Lebt er überhaupt noch?

captured | ✓Where stories live. Discover now